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Botschaft des Schreckens

Botschaft des Schreckens

Titel: Botschaft des Schreckens
Autoren: Blanche Mosler
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    Plötzlich waren die Berge da, wie aus dem Nichts. Ich erinnere mich gut an jenen späten Nachmittag im September. Von der verkehrsreichen Hauptstraße war ich in einen einsamen Seitenweg eingebogen, der nirgendwohin zu führen schien. Im nächsten Augenblick war die dunkle Bergkette da. Würde ich da vor Einbruch der Nacht noch durchkommen? Ich wußte es nicht. Wäre nur ein Wegweiser gekommen, dann hätte ich vielleicht irgendeine Vorstellung gehabt, obwohl ich nicht sehr gut darin bin, räumliche Entfernung in Zeit umzusetzen. Eines wußte ich: In diesem »Zauberland« – in New Mexico – waren Entfernungen trügerisch. Oft hätte man schwören können, daß etwas ganz in der Nähe sei, und doch war es weit entfernt – und umgekehrt. Ja, wenn irgend etwas mich jetzt noch gewarnt hätte… »Halt… Zurück… Nicht in die Berge!«
    Nichts warnte mich. Jetzt, Monate später, steckt mir noch das Entsetzen in den Knochen, das mich erwartete. Ein Schrecken, der in diesen dunklen Bergen begann und in den prächtigen, alten Räumen der Hacienda Montera endete – dieser schönen »Beinahe-Festung«, die mir Sicherheit verhieß und sich als so trügerisch erwies wie alles andere.
    Ein Warnschild hatte ich wirklich gesehen:  »Letzte Tankstelle vor den Bergen.«  Ich hatte diese Information noch nicht ganz verdaut, als die Pumpe schon vor mir auftauchte. Der junge mexikanische Tankwart lächelte mir zu, als ich sagte: »Voll, bitte. Und sehen Sie Öl und Wasser nach.«
    Als ich ausstieg, um mir die Hände zu waschen, hatte ich ein beklemmendes Gefühl in der Kehle. »Du bist eine ausgebildete Krankenschwester«, schalt ich mich selbst. »Kannst du denn nicht  versuchen,  vernünftig zu sein? Bis du dich frisch gemacht und dein rotes Haar gekämmt hast, sind schon andere Autos draußen. Du wirst nicht allein durch die Berge zu fahren brauchen. Das ist doch gut.« Aber als ich dann wieder hinausging, stand mein altes Auto immer noch allein da.
    Der junge Mann schien meine Gedanken zu lesen. »Auf dieser Straße ist meistens wenig Verkehr. Jetzt sind die Ferien fast zu Ende, und es ist noch weniger los. Aber so ruhig wie im Augenblick war es selten.«
    Die Berge waren jetzt tiefblau und lagen in violettem Dunst. Bei dem Gedanken, allein dort durch zu müssen, war mir nicht wohl. Das heißt, wenn es sein mußte. Aber richtig Angst hatte ich nicht. Noch nicht…
    Der Gedanke daran, daß meine Eltern und ich einst in der alten Stadt jenseits dieser Berge gelebt und daß wir drei ein paarmal in ihnen gecampt hatten, konnte vielleicht helfen. Ich würde mir einfach einreden, daß wir zu dritt waren – wie in meiner Kindheit. Damals hatte ich nichts zu fürchten gehabt; warum sollte es jetzt anders sein? Nach dem Tod meines Vaters hatten meine Mutter und ich New Mexico verlassen, als ich erst zehn war. Aber dieses verzauberte Land war mir nicht fremd geworden und konnte es niemals werden. Außerdem – es konnte ja immer noch ein anderes Auto kommen.
    Trotz all dieser Überlegungen zögerte ich, die Tankstelle zu verlassen. Der Tankwart beugte sich herab und sagte durch das offene Autofenster: »Sie werden nicht lange brauchen, Miss. Da sind Sie schneller durch, als Sie glauben. Viele Anhalter gibt es in letzter Zeit auch nicht.«
    »Gut… schön…« Ich versuchte, es unbeschwert klingen zu lassen. »Also, wenn ich keine Panne habe, dann kann nichts passieren. Oder?«
    Er zögerte. »Ja… das heißt… ich meine, ’ne Menge Leute sind da durchgefahren, und es ist nie viel passiert. Hören Sie, ich glaub’ Sie brauchen ’ne St.-Christophorus-Plakette – er ist der Schutzpatron der Autofahrer. Ich hab’ noch eine; soll ich sie Ihnen bringen?«
    »Ach, wissen Sie«, grinste ich. »Ich bin nicht katholisch; außerdem glaube ich, kürzlich gelesen zu haben, daß man neuerdings seine Existenz anzweifelt. Und die von ein paar anderen Heiligen. Ich fürchte, der ist jetzt zu sauer, um sich um irgend jemand zu kümmern. Ob mit oder ohne Plakette.«
    »Sie machen sich lustig.« Seine Miene verriet, daß er sich ärgerte. Nicht über mich, sondern über all jene, die in seiner alten Religion Veränderungen herbeigeführt hatten. »Aber ich will Ihnen etwas sagen – St. Christophorus ist noch Ihr Schutzpatron. Glauben Sie nur an ihn, und Sie werden sehen!«
    Überrascht über den Gefühlsausbruch, den meine Worte verursacht hatten, sagte ich entschuldigend: »Bitte bringen Sie die Plakette. Und ich werde bestimmt an St.
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