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Milo und die Meerhexe

Milo und die Meerhexe

Titel: Milo und die Meerhexe
Autoren: Patricia Schroeder
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ich sie an.
    „Bring mir das Menschenkind“, erwidert die Hexe nur. „Und zwar heute, noch ehe die Sonne untergeht. Danach ist nämlich alles verloren“, fügt sie mit einer lässigen Handbewegung hinzu.
    „Und wie soll ich das Kind finden?“, rufe ich verzweifelt. „Die Zeit ist doch viel zu knapp.“
    Augenblicklich schnellt der Kopf der Kröte aus dem grünen Zauselhaar hervor. „Die Zeit ist knapp, die Zeit ist knapp, die Zeit ist ziemlich knappdiwapp!“, trällert sie.
    „Das kann ich nur bestätigen“, brummt die Hexe. Blitzschnell fischt sie zwei der bunten Blasen aus dem Wasser und heftet sie mir an den Kopf.
     
    „Höre, was sie sagen“, raunt sie.
    „Sie zeigen dir den Weg.
    Sie führen dich zum Kind.“
     
    Sie hat es noch nicht ganz ausgesprochen, da greifen bereits lange, klebrige Quallententakel durch die schwarze Fischwand, packen mich und zerren mich wieder auf die andere Seite.

    Angewidert reiße ich mich los und zische: „Macht euch bloß dünne! Ich brauche euch nicht.“
    „Ganz wie du meinst … Ganz wie du meinst!“, säuseln die Quallen und schwabbeln eilig davon. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, dass sich einige von ihnen ein paar der bunten Hexenblasen geschnappt haben und mit sich forttragen.
     
    Langsam verdrehe ich die Augen
    und schiele nach oben
    zu den Blasen auf meinem Kopf.
    In der einen sehe ich Letti.
    „Beeil dich, Milo!“, ruft sie.
    „Bitte, mach schnell!“

    In der anderen Blase steht ein winziger Seemann, der einen Arm weit von sich streckt und auf meine Schwanzflosse zeigt. „Immer geradeaus“, befiehlt er. „Zwanzig bis dreißig Knoten dürften genügen … Ein paar mehr wären allerdings auch nicht schlecht“, fügt er nach kurzem Nachdenken hinzu.
    „Ich glaub es nicht, ich glaube es einfach nicht“, murmele ich und drehe mich einmal um mich selbst.

    Der Seemann in der Blase dreht sich ebenfalls und richtet seinen Zeigefinger nun über meine Nase hinweg. „Wenn du deine Schwester retten willst, solltest du dich besser beeilen“, brummt er.
    Ich schlage meine Schwanzflosse auf und nieder und schwimme los.
    „Würdest du mir verraten, wer du bist und wie du in diese Blase geraten konntest?“, frage ich höflich.
    „Aber sehr gerne“, erwidert der Seemann. „Vor vielen Jahren ist meine Fregatte auf ein Riff gelaufen und gesunken. Wenn die Hexe mich nicht rechtzeitig eingefangen hätte, wäre nichts mehr von mir übrig.“
     
    „Und wie heißt du?“, frage ich.
    „Pitterfield“, erwidert der Seemann.
    „Kapitän Petreus Pitterfield.“

Luca
    Ich starre Petreus Pitterfield an und überlege, was passieren würde, wenn ich die Blase, die ihn gefangen hält, mit einem gezielten Flossenschlag zum Platzen brächte. Ob ich den Seemann wohl befreien könnte? Vielleicht würde ihm das gefallen. Vielleicht wäre er aber auch unglücklich, weil er nicht mehr der Kapitän seiner Fregatte wäre und sich ein neues Schiff suchen müsste. Vielleicht würde er sich in der jetzigen Zeit auch gar nicht wohlfühlen.
    Diese Gedanken beschäftigen mich so sehr, dass ich gar nicht merke, mit welchem Tempo ich mich durch den Ozean bewege. Die Delfininsel liegt bereits weit hinter mir und irgendwo in der Ferne höre ich Filippus brabbeln. „Wozu hat man Freunde, wenn sie nicht da sind?“, murmelt er.
    Ich spüre einen feinen Stich in der Brust. Am liebsten würde ich auf der Stelle zu ihm schwimmen und ihm erzählen, in welchem Abenteuer ich gerade stecke und dass ich einen guten Freund sehr gut gebrauchen könnte. Aber das würde mich nur aufhalten. Wahrscheinlich würde Filippus mich mit seinen Fragen löchern und mir am Ende sowieso nicht glauben.

    Seufzend lege ich noch einen Flossenschlag zu. Manche Dinge muss man eben ohne seine Freunde regeln. Und damit Filippus mich nicht ebenfalls entdeckt, halte ich mich dicht am Boden und bemühe mich, keine Signale abzugeben, die er orten könnte.
    „Land in Sicht!“, ruft Kapitän Petreus Pitterfield plötzlich und ich fahre vor Schreck zusammen. Wieder einmal bin ich so sehr mit mir und meinen Gedanken beschäftigt gewesen, dass ich alles um mich herum vergessen habe. Das muss anders werden, Milo, ermahne ich mich selbst und konzentriere mich mit ganzer Kraft auf Letti.
     
    Meine Schwester braucht meine Hilfe.
    Für sie muss ich alles geben.

     
    Entschlossen richte ich meinen Blick in die Richtung, die mir der kleine Seemann in der Blase über mir weist, und da sehe ich ihn – den dunklen
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