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Miese Chefs

Miese Chefs

Titel: Miese Chefs
Autoren: Dan White
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eingebüßt, drei Zerstörer (der Rest war durch die Minen entkommen) und mussten 1297 Tote und 350 Verwundete beklagen. Die Briten verloren sechs Mann und sechs Flieger.
    Der britische Admiral Somerville sagte damals, es handle sich um »die größte politische Stümperei der modernen Zeit, die die gesamte Welt gegen uns aufbringen wird (…) wir alle sind zutiefst beschämt.« Somerville hätte keinem größeren Irrtum erliegen können, da dieses Ereignis den Amerikanern vor Augen führte, wie entschlossen Churchill war, die Nazis zu besiegen. Kurze Zeit später traten sie auf der Seite der Alliierten in den Krieg ein. Churchill legte bei dieser Aktion Ehrfurcht gebietende Despotie an den Tag. Er war rücksichtslos und hatte verstanden, dass ein Tyrann im Angesicht großer Unsicherheit selten hinterfragt, dafür umso öfter belohnt wird.
    Im Angesicht von Unsicherheit wird der Tyrann selten hinterfragt, doch umso öfter belohnt.
    Interessanterweise versuchten die Deutschen über zwei Jahre später, im November 1942, die französische Flotte, die bei Toulon vor Anker lag, zu kapern. Wie versprochen versenkten die Franzosen ihre Flotte und bohrten alles von militärischer Bedeutung in den Grund, lange bevor die Deutschen etwas dagegen unternehmen konnten …
    2. Konkurrenz
    Die zweite Schlüsselbedingung für Gewaltherrschaft liegt in der Konkurrenz. In nicht konkurrenzgeprägten Situationen bleibt der Lohn der Tyrannei oft aus, wird sie doch als unnötige Übertriebenheit betrachtet. Wir haben erkannt, dass Tyrannei offensichtlich immer eine gute Sache ist, doch wir wollen unsere Perlen ja nicht vor die Säue werfen, wie man so schön sagt. Die besten Sprinter sparen sich ihre Bestzeiten für die konkurrenzgeprägtesten Situationen auf, die Weltmeisterschaften und die Olympiaden. Tyrannen müssen sich genauso verhalten.
    Stalin wusste auch das eine oder andere über Diktatur und Konkurrenz. Heute werden wir vielleicht angesichts seiner, sagen wir, ambitionierteren politischen Maßnahmen etwas bleich um die Nase, doch ist es nicht uninteressant, einen Blick darauf zu werfen, wie er denn tatsächlich an die Macht kam. Zwischen Lenins Schlaganfall 1922 und seiner tödlichen Herzattacke 1924 war keineswegs sicher, dass Stalin ihm an die Spitze der kommunistischen Partei nachfolgen würde.
    Das Kräftegleichgewicht schwankt aufs Delikateste zwischen Trotzki, Kamenew, Zinowjew und Stalin hin und her, wobei Bukharin, der Chefredakteur der Prawda und führende Denker, ebenso eine Rolle spielte, wenn er nicht sogar selbst ein Konkurrent um die Macht war. Trotzki war der glamouröse, wohlbekannte, eloquente Chef der Roten Armee. Er war technisch gesehen die Nummer zwei nach Lenin und damit der höchstrangige und, auf dem Papier, offensichtlichste Nachfolger.
    Doch bei der Armee handelte es sich um eine kleine Post-Weltkriegstruppe, die demobilisiert worden war, sodass Trotzki in Wahrheit relativ isoliert dastand und nicht über dasselbe Ausmaß an Macht verfügte wie Stalin als Parteivorsitzender (Gensek oder Generalsekretär des Zentralkomitees). Kamenew und Zinowjew sahen den lauten Trotzki als die größere Bedrohung für ihre künftigen Bestrebungen an, sodass sie in den Jahren von Lenins periodischen Zusammenbrüchen und Genesungen zusammen mit Stalin ein Triumvirat formten. Kamenew war weniger ehrgeizig, hatte aber als Inhaber des Moskauer Sowjetpostens beträchtlichen Einfluss und war überdies noch Lenins Delegierter in der Sownarkom, beides Positionen, die er schon seit Ende des Ersten Weltkriegs innehatte. Die Sownarkom war der Rat der Volkskommissare, eine Art Arbeiterkongress, der sich um die Verwaltung Sowjetrusslands kümmerte.
    Zwar mussten von der Sownarkom verabschiedete Beschlüsse im Sowjetkongress ratifiziert werden, doch das geschah routinemäßig, sodass es sich dabei ebenfalls um einen mächtigen Block im Rennen um die Führung handelte. Zinowjew war der Vorsitzende der Komintern (die internationale kommunistische Organisation zielte darauf ab, den Kommunismus auf der ganzen Welt zu verbreiten) und verfügte somit ebenfalls über beträchtlichen Einfluss. Die Bühne war frei für einen ausgedehnten, lang gezogenen Machtkampf.
    Nun, ein Weichei-Anführer würde sich in dieser Situation darauf konzentrieren, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um seine Position zu stärken. Er würde Bündnisse schmieden und besonders hart und umsichtig arbeiten, um Ergebnisse zu erzielen. Vielleicht würden Sie sich
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