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Michel in der Suppenschüssel

Michel in der Suppenschüssel

Titel: Michel in der Suppenschüssel
Autoren: Astrid Lindgren
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ein Räucherhaus, wo Michels Mama ihre gute Wurst räucherte, und ein Waschhaus, wo Lina all die schmutzige Wäsche wusch, und dann standen dort noch zwei andere Häuser dicht beieinander. In dem einen waren der Holzschuppen und der Tischlerschuppen und in dem anderen die Mangelstube und die Vorratskammer.
    Michel und die kleine Ida spielten abends oft Verstecken und schlichen zwischen all diesen Häusern herum. Natürlich nicht dort, wo Brennnesseln standen.
    Aber gerade jetzt konnte Michel überhaupt nicht spielen. Er saß fest und das nur, weil so viele Brennnesseln auf dem kleinen Fleck zwischen dem Tischlerschuppen und der Vorratskammer wuchsen.
    Michel dachte nach. Er sah, dass das Fenster zur Vorratskammer offen stand und da kam ihm eine gute Idee. Es musste doch ganz einfach sein, ein Brett zwischen das Tischlerschuppenfenster und das Vorratskammerfenster zu legen und darauf hinüberzukriechen. Er hatte nun wirklich genug davon, im Tischlerschuppen zu sitzen, und außerdem wurde er hungrig.
    Michel dachte nie lange nach, wenn er seine guten Einfälle bekam. Im Handumdrehen lag das Brett da und Michel begann zu kriechen. Das sah gefährlich aus, denn das Brett war schmal und Michel schwer.
    »Geht das hier gut, dann soll Ida meinen Hampelmann haben, das verspreche ich«, sagte Michel, während er kroch. Das Brett knackte so unheimlich und als er die Nesseln unter sich sah, bekam er Angst und schwankte.
    »Hilfe!«, rief Michel und dann rutschte er ab. Es fehlte nicht viel und er hätte in den Brennnesseln gelegen, aber im letzten Augenblick schlang er die Beine um das Brett und er schaffte es, sich wieder
     

     
    hochzuziehen. Nun ging es besser und er kroch hinüber in die Vorratskammer.
    »Das hier war doch kein Kunststück«, sagte Michel. »Aber Ida soll jedenfalls meinen Hampelmann haben … denke ich … ein andermal … falls er bis dahin vielleicht doch kaputtgegangen
     

     
    ist … Ja, ich muss sehen, wie ich es mache … « Er gab dem Brett einen kräftigen Stoß, sodass es in den Tischlerschuppen zurückrutschte. Für Michel musste alles seine Ordnung haben. Er lief zur Tür und probierte, ob sie offen war. Sie war verschlossen.
    »Wie ich mir’s gedacht habe«, sagte Michel. »Aber sicher kommen sie bald und holen die Wurst und dann kenne ich einen, der nach draußen entwischt.«
    Michel schnupperte. Es roch gut in der Vorratskammer. Aber es gab dort auch viele Leckerbissen. Michel sah sich um. Ja, fürwahr, hier gab es zu essen! Oben unter dem Dach hingen geräucherte Schinken und runde Blutbrotplatten in langen Reihen, denn Michels Papa mochte Blutbrot mit Schweinefleisch und weißer Soße besonders gern. Und dort in einer Ecke neben dem Klapptisch mit all den gelben Käsen und den Tonkrügen mit frisch gekirnter Butter stand die Brotkiste mit all ihren herrlichen Brotlaiben. Hinter dem Tisch stand der Holzbottich, voll mit eingesalzenem Schweinefleisch, und daneben der große Schrank, wo Michels Mama ihren Himbeersaft aufbewahrte und ihre Essiggurken und ihre Ingwerbirnen und ihr Erdbeergelee. Aber auf dem mittleren Brett im Schrank hatte sie ihre gute Wurst.
    Michel mochte Wurst, wahrhaftig!
     

     
    Das Festessen auf Katthult war nun in vollem Gange, die Gäste hatten Kaffee und viel Gebäck bekommen. Jetzt saßen sie da und warteten darauf, dass sie wieder hungrig wurden, damit sie Schweinebraten und Heringssalat und Wurst und all das andere essen konnten.
    Aber plötzlich schrie Michels Mama auf:
    »Oh, wir haben Michel ja vergessen! Nun hat er zu lange sitzen müssen, der arme Junge!«
    Michels Papa lief sofort zum Tischlerschuppen und die kleine Ida lief hinterher.
    »Jetzt darfst du rauskommen, Michel«, rief Mi-
     

     

     
    chels Papa und öffnete die Tür ganz weit. Rat mal, ob er überrascht war! Es war kein Michel da. »Er ist durchs Fenster entwischt, dieser Lümmel«, sagte Michels Papa.
    Aber als er hinausguckte und die Brennnesseln sah, die unter dem Fenster so gerade und aufrecht standen und überhaupt nicht heruntergetrampelt waren, kriegte er es mit der Angst.
    »Das hier geht nicht mit rechten Dingen zu«, sagte er. »Da hat niemand hineingetreten, kein Menschenfuß zumindest.«
    Klein-Ida fing an zu weinen. Was war mit Michel geschehen? Lina sang immer ein Lied, das sehr traurig war. Es handelte von einem Mädchen, das in eine weiße Taube verwandelt wurde und zum Himmel aufflog und nicht mehr in der Scheußlichen Nageltonne sitzen musste, in die man es eingesperrt
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