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Michel in der Suppenschüssel

Michel in der Suppenschüssel

Titel: Michel in der Suppenschüssel
Autoren: Astrid Lindgren
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hatte. Michel war tatsächlich eingesperrt gewesen. Wer weiß, ob er nicht auch verwandelt worden und aufgeflogen war! Klein-Ida schaute sich um, ob eine Taube zu sehen war. Aber das Einzige, was sie sah, war eine fette weiße Henne, die vor dem Tischlerschuppen herumlief und Würmer pickte.
    Die kleine Ida weinte und zeigte auf die Henne.
    »Vielleicht ist das Michel«, sagte sie.
    Michels Papa glaubte es nicht. Aber sicherheitshalber lief er zu Michels Mama und fragte, ob sie jemals bemerkt hätte, dass Michel fliegen könne.
    Das hatte sie nicht. Und jetzt wurde es lebendig auf Katthult. Das Essen konnte warten. Alle liefen hinaus, um Michel zu suchen.
     

     

     
    »Er muss doch im Tischlerschuppen sein«, sagte Michels Mama und alle stürzten dorthin, um gründlicher nachzusehen.
    Aber dort war kein Michel. Dort waren nur fünfundfünfzig kleine Holzmännchen in einer Reihe auf einem Regal aufgestellt. Frau Petrell hatte noch nie so viele Holzmännchen auf einmal gesehen und sie fragte, wer sie geschnitzt hätte.
    »Kein anderer als unser kleiner Michel«, sagte Michels Mama und fing an zu weinen. »Er war so ein lieber kleiner Junge.«
    »O ja«, sagte Lina und warf den Kopf in den Nacken. Und dann fügte sie hinzu: »Das Beste wäre, noch in der Vorratskammer zu suchen.«
    Dafür, dass es Linas Idee war, war es gar nicht so dumm. Alle stürzten zur großen Vorratskammer.
    Aber auch dort war kein Michel!
    Die kleine Ida weinte leise und ausdauernd, und als es niemand sah, ging sie zu der weißen Henne und flüsterte: »Flieg nicht zum Himmel auf, liebster Michel! Ich werde dir Hühnerfutter geben und Küchenabfälle, ganze Eimer voll, wenn du nur auf Katthult bleibst!«
    Aber die Henne wollte nichts versprechen. Sie gackerte und ging ihrer Wege.
    Ja, die armen Menschen auf Katthult, wie sie suchten! Im Holzschuppen und in der Mangelstube, aber da war kein Michel! Im Pferdestall, im Kuhstall, im Schweinestall und im Hühnerstall – da
     

     
    war kein Michel! Im Schaf stall, im Räucherhaus und im Waschhaus – kein Michel! Schließlich sahen sie in den Brunnen. Auch dort war kein Michel und das war ja immerhin gut, aber jetzt weinten sie alle zusammen. Und die Leute von Lönneberga, die auf dem Fest waren, flüsterten einander zu:
    »Eigentlich war er ein lieber kleiner Kerl, dieser Michel! Ein richtig übler Bengel war er nicht – und das hab ich auch nie gesagt!«
    »Er ist sicher in den Bach gefallen«, sagte Lina. Der Katthultbach war wild und brausend und gefährlich, dort konnten kleine Kinder leicht ertrinken. »Dahin durfte er nicht gehen, das weißt du doch«, sagte Michels Mama streng. Lina warf den Kopf in den Nacken. »Eben deswegen«, sagte sie. Da liefen sie alle zum Bach. Zum Glück fanden sie Michel dort auch nicht. Trotzdem weinten sie noch mehr als vorher. Und Michels Mama hatte gedacht, es würde ein lustiges und gemütliches Festessen werden! 
     

     
    Nun gab es keine Stellen mehr, wo man suchen konnte.
    »Was in aller Welt sollen wir tun?«, fragte Michels Mama.
    »Auf jeden Fall müssen wir wohl etwas zu essen holen«, sagte Michels Papa, und das war vernünftig, denn alle waren ja hungrig geworden, während sie sich sorgten und suchten.
    Michels Mama fing sofort an den Tisch zu decken. Als sie den Heringssalat hereintrug, weinte sie ein bisschen hinein, aber sie stellte ihn auf den Tisch, zusammen mit den Kalbsrouladen, dem Schweinebraten, den Käsekuchen und all dem anderen.
    Frau Petrell leckte sich die Lippen. Das hier sah vielversprechend aus. Aber noch hatte sie die Wurst nicht gesehen, und das machte sie unruhig. Doch in diesem Augenblick sagte Michels Mama: »Lina, wir haben die Wurst vergessen! Lauf und hol sie.«
    Lina lief. Alle warteten gespannt und Frau Petrell nickte.
    »Die Wurst, ja!«, sagte sie. »Die wird in dieser Trübsal gut schmecken.«
    Da kam Lina zurück. Ohne Wurst.
    »Kommt alle mit, dann zeig ich euch was«, sagte sie. Sie sah ein wenig merkwürdig aus, aber das kam öfter vor, das hatte nicht viel zu bedeuten.
    »Was hast du dir jetzt für Dummheiten ausgedacht?«, fragte Michels Mama streng.
    Lina sah noch merkwürdiger aus und sie lachte leise und sonderbar. »Kommt mit«, sagte sie. Und sie gingen mit, alle, die zu dem Festessen auf Katthult gekommen waren.
    Lina ging ihnen voran und sie folgten ihr erstaunt zur Vorratskammer. Die ganze Zeit über hörten sie Lina leise und sonderbar vor sich hin lachen. Und Lina öffnete die schwere Tür und stieg
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