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Michel in der Suppenschüssel

Michel in der Suppenschüssel

Titel: Michel in der Suppenschüssel
Autoren: Astrid Lindgren
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wahr.
    Aber auf jeden Fall finde ich, er fängt an ruhiger und artiger zu werden.«
    Michel war nicht boshaft, das kann man nicht sagen. Er mochte beide sehr gern, Ida und die Katze. Aber er musste Ida einfach ein bisschen kneifen, sonst hätte sie ihm ja ihr Sirupbrot nicht gegeben, und die Katze jagte er in aller Freundlichkeit, nur um zu sehen, ob er genauso schnell laufen konnte wie eine Katze. Aber das konnte die Katze nicht begreifen.
    Es war der 7. März, an dem Michel so lieb war und Ida nur einmal kniff und die Kaffeesahne verschüttete und die Katze jagte. Aber nun sollst du von einigen anderen Tagen aus Michels Leben hören, an denen mehr geschah, entweder weil er Unfug machte, wie Lina sagte, oder weil es einfach von selbst so kam, da immer so viel mit Michel passierte.
    Wir können ja mit einem Dienstag anfangen. Es war 
     

Dienstag, der 22. Mai, 
als Michel den Kopf 
in die Suppenschüssel steckte 
     
    An diesem Tag gab es auf Katthult Rindfleischsuppe zu Mittag. Lina hatte die Suppe in der mit Blumen bemalten Suppenschüssel aufgetragen und alle saßen um den Küchentisch und aßen ihre Suppe, besonders Michel. Er mochte Suppe und man hörte es, wenn er sie aß.
    »Musst du so schlürfen?«, fragte seine Mama.
    »Sonst weiß man doch nicht, dass es Suppe ist«, sagte Michel.
    Alle durften essen, so viel sie konnten, und dann war die Schüssel leer. Es war nur noch ein ganz, ganz kleiner Schluck auf dem Schüsselboden übrig geblieben. Diesen Schluck wollte Michel haben, und die einzige Möglichkeit, an ihn heranzukommen, war, den Kopf in die Suppenschüssel zu 
     

     
    stecken und den Schluck auszuschlürfen. Das tat Michel und sie hörten sehr deutlich, wie er da drinnen schlürfte.
    Aber dann wollte Michel den Kopf wieder herausziehen und – kaum zu glauben – es ging nicht. Er saß fest. Nun bekam er Angst und sprang vom Tisch auf und da stand er, die Suppenschüssel wie einen Kübel auf dem Kopf. Sie reichte weit herunter, über Augen und Ohren. Michel zerrte an der Schüssel und schrie. Lina wurde auch ängstlich.
    »Unsere schöne Suppenschüssel«, sagte sie. »Unsere feine, geblümte Suppenschüssel! Wo sollen wir jetzt die Suppe rein tun?«
    Denn wenn Michel in der Suppenschüssel war, konnte keine Suppe hinein, so viel verstand sie, wenn sie auch sonst nicht besonders viel verstand.
    Aber Michels Mama dachte mehr an Michel.
    »Lieber Himmel, wie sollen wir den Jungen da herausbekommen? Wir müssen den Schürhaken nehmen und die Schüssel zerschlagen.«
    »Bist du noch bei Trost!«, rief Michels Papa. »Die Schüssel hat doch vier Kronen * gekostet!«
     

     
    * Schwedisches Geld: 1 Krone = 100 Öre
     
    »Ich werd’s mal versuchen«, sagte Alfred, der ein starker und tüchtiger Knecht war. Er packte die beiden Henkel und hob die Suppenschüssel mit aller Kraft hoch. Aber was half das? Michel ging mit hoch, denn er saß fürwahr gründlich fest. Und da hing er nun und zappelte mit den Beinen, um wieder auf den Fußboden zu kommen.
    »Lass sein! Lass mich runter! Lass sein, hab ich gesagt!«, schrie er. Und da ließ Alfred es sein.
    Nun waren alle richtig traurig. Sie standen in der Küche um Michel herum und dachten nach. Papa Anton, Mama Alma, die kleine Ida, Alfred und Lina. Keiner wusste, wie Michel aus der Suppenschüssel herauszubekommen war.
    »Guckt mal, Michel weint«, sagte die kleine Ida und zeigte auf ein paar dicke Tränen, die unter dem Rand der Suppenschüssel hervorsickerten und langsam an Michels Backen herunterrollten.
    »Das tu ich nicht«, sagte Michel. »Das ist Fleischsuppe.«
    Er schien so trotzig zu sein wie immer, aber besonders lustig war es wohl nicht, in einer Suppenschüssel festzusitzen. Und was sollte nur werden, wenn er die Suppenschüssel nie mehr loswurde? Armer Michel, wann konnte er dann wohl seine Müsse aufsetzen?
    Michels Mama tat ihr kleiner Junge Leid. Wieder wollte sie den Schürhaken nehmen und die Schüssel zerschlagen, aber sein Papa sagte:
    »Nie im Leben! Die Schüssel hat vier Kronen gekostet. Da ist es schon besser, wir fahren nach Mariannelund zum Doktor. Er wird sie schon loskriegen. Er nimmt jedenfalls nur drei Kronen und auf diese Weise verdienen wir eine Krone.« Michels Mama fand diesen Einfall gut. Schließlich kann man nicht jeden Tag eine ganze Krone verdienen. Wenn man bedenkt, wie viel Hübsches man dafür kaufen konnte, vielleicht etwas für Klein-Ida, die zu Hause bleiben musste, während Michel eine Ausfahrt
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