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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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zwei großkalibrige Maschinengewehre aufgepflanzt, dann folgte ein hagerer, lang gestreckter Rumpf und schließlich der zweite gehörnte Kopf, der in die andere Richtung blickte. Ein solches Monster hatte selbst Homer noch nie gesehen.
    Gesichtslose Götzen saßen auf diesem Panzer, schwarz wie Raben. Sie glichen einer dem anderen, trugen Vollschutzanzüge und Kevlarwesten, Gasmasken unbekannter Bauart und spezielle Militärrucksäcke. Sie schienen weder in diese Zeit noch in diese Welt zu gehören.
    Der Zug hielt an. Die schwerbewaffneten Ankömmlinge sprangen, ohne auf die versammelte Menschenmenge zu achten, auf den Bahnsteig herab und stellten sich in drei Reihen nebeneinander auf. Dann machten sie kehrt und marschierten wie ein Mann - wie eine Maschine - im donnernden Gleichschritt auf den Übergang zur Serpuchowskaja zu. Ihr mächtiges Stampfen übertönte sowohl das ehrfürchtige Getuschel der Erwachsenen als auch das Geschrei der Kinder. Homer lief ihnen hinterher und versuchte unter Dutzenden von Kämpfern Hunter zu identifizieren. Doch sie waren alle fast gleich hoch gewachsen, und die undurchdringlichen Overalls saßen wie angegossen auf ihren breiten Schultern.
    Jeder von ihnenhatte die gleiche, furchterregende Bewaffnung: Flammenwerfer und Wintores-Gewehre mit Schalldämpfer. Keine Kokarden, keine Wappen, keine Abzeichen. Vielleicht einer der drei in der ersten Reihe?
    Homer überholte die Kolonne, winkte mit der Hand, sah in die Sichtgläser der Gasmasken. Doch begegnete ihm dort immer nur der gleiche starre, gleichgültige Blick. Keiner der Ankömmlinge reagierte, keiner erkannte Homer. War Hunter überhaupt unter ihnen? Er musste es sein. Er musste doch hier auftauchen!
    Weder Sascha noch Leonid hatte Homer auf dem Weg durch den Übergang entdecken können. Sollte doch die Vernunft gesiegt und der Musiker das Mädchen an einem sicheren Ort versteckt haben? Ja, hoffentlich saßen sie dieses Blutbad irgendwo aus. Später würde Homer mit Andrej Andrejewitsch schon eine Lösung aushandeln - sofern dieser sich bis dahin keine Kugel in den Kopf gejagt hatte.
    Wie ein Wurfhammer bahnte sich die Formation den Weg durch die Menge und marschierte in rasendem Tempo weiter. Niemand wagte es, sich ihnen in den Weg zu stellen, sogar die Grenzer der Hanse traten schweigend auseinander. Homer beschloss, der Kolonne zu folgen; er musste sichergehen, dass Sascha nichts unternahm. Keiner der Soldaten jagte ihn fort. Er war für sie wie ein Kläffer, der einer Draisine hinterherlief.
    Als sie den Tunnel betraten, flammten in der vordersten Reihe drei Scheinwerfer auf, so hell wie Tausende von Kerzen, und verbrannten die Dunkelheit vor ihnen. Keiner der Kämpfer sprach, die Stille war erdrückend, unnatürlich. Sicher, das war eine Sache des Trainings. Homer konnte sich jedoch nicht des Gefühls erwehren, dass die Körper dieser Menschen zwar gestählt, ihre Seelen jedoch abgestorben waren. Er hatte eine perfekte Tötungsmaschinerie vor sich, deren Einzelteile vollkommen willenlos waren. Nur einer, äußerlich von den anderen nicht zu unterscheiden, trug in sich das Programm: Wenn er das Kommando »Feuer« gab, würden die anderen ohne nachzudenken die Tulskaja und jede andere Station mit allem, was darin lebte, niederbrennen.
    Zum Glück gingen sie nicht durch den Tunnel, in dem der Zug mit den Sektierern steckte. Diese Unglücklichen durften also noch etwas warten, bis das Fegefeuer sie ereilte. Erst musste die Tulskaja abgefertigt werden, dann waren sie dran. Plötzlich, wie auf ein unsichtbares Signal, reduzierte die Kolonne das Schritttempo. Eine Minute später begriff Homer, warum: Sie befanden sich kurz vor der Station. Durch die durchsichtige, fast glasartige Stille hörte man Schreie. Und dann kam den Ankömmlingen etwas entgegen, so leise und unverhofft, dass der Alte an seinem Verstand zu zweifeln begann: eine wundersame Musik. Homer lauschte wie gebannt. Er nahm nichts wahr außer der Stimme, die näselnd aus dem Hörer drang -und plötzlich begriff Sascha, dass jetzt der Augenblick gekommen war, sich davonzumachen. Sie schlüpfte aus dem Empfangszimmer, wartete draußen auf Leonid und zog ihn mit sich - zunächst in den Übergang zur Serpuchowskaja, dann in den Tunnel, der dorthin führte, wo man ihre Hilfe brauchte. Wo sie Leben retten konnte.
    Außerdem führte dieser Tunnel sie zu ihm - zu Hunter. »Hast du keine Angst?«, fragte sie Leonid. Er lächelte. »Doch. Aber dafür habe ich den leisen Verdacht,
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