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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit
Autoren: Thomas A. Barron
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Rhias Arm hinauf
     zu seinem Versteck. Während wir anderen grinsten, tollte mein Schatten weiter im Feuerschein herum und zeigte seine schönsten
     Sprünge und Saltos, Flips und Pirouetten.
    Rhias glockenähnliches Lachen stieg in die Nachtluft. »Er sieht aus wie ein flügge gewordener Vogel, der im Nest herumhüpft
     und herauskriegen will, wie man fliegt.«
    »Nein«, entgegnete ich. »Eher wie
du
, wenn du herumhüpfst und herauskriegen willst, wie man fliegt.«
    Alle lachten. Außer natürlich Scullyrumpus, der in Rhias blättriger Tasche versteckt blieb.
    Schließlich winkte ich meinem Schatten. Er hörte sofort mit seinen Possen auf. »Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet. Genug jetzt,
     komm zu mir zurück.«
    Aber der Schatten gehorchte nicht. Schmollend legte er die Hände an die Hüften, schaute mich einen Moment lang wütend an und
     setzte sich auf die andere Seite des Feuers. Da ich meinen Schatten gut kannte, schüttelte ich nur den Kopf.
    »Wie ihr seht«, murmelte ich, »ist er noch so gehorsam wie eh und je.«
    »Eigentlich«, Hallia leckte sich ein bisschen Honig vom Handgelenk, »ist er genauso gehorsam wie sein Herr.«
    »Stimmt«, sagte Rhia. »Und außerdem tanzt er vielleicht einfach gern. Wie kannst du ihm das vorwerfen?«
    »Kann ich nicht.« Ich schaute wieder zum Himmel und runzelte die Stirn angesichts der dicken Wolken über uns, die schon den
     Pegasus verhüllten, das erste Sternbild, das sich zeigte. »Fummelfedern!«, rief ich. »Vielleicht können wir heute Nacht überhaupt
     keine Sterne sehen.«
    Hallia legte mir die Hand aufs Knie. »Ärgere dich nicht, junger Falke. Es ist trotzdem ein wunderschöner Abend.« Sie berührte
     ihr Armband, das im Feuerschein glänzte. »Wirklich wunderschön.«
    Ein kalter Wind, der die Wolken über uns jagte, fuhr durch die Bäume unter uns und ließ sie stöhnen und knarren. Welke Blätter
     wirbelten durch die Nachtluft, während die Bö über unseren Hügel fegte. Rasch hielt Rhia eine Walnussschale und zwei Lindenrindenstreifen
     fest, bevor sieüber die Felskante geweht wurden. Das Feuer zischte und Hallia rückte fröstelnd näher an mich heran. Trotzig warf ich einen
     weiteren Ast auf die Kohlen. Aber der Wind blies stärker und das Holz schwelte kaum.
    Rhia schlug die Hände auf die Hüften und sagte: »Plötzlich kommt es einem wie Winter vor.«
    Hallia stimmte zu. »Aber tatsächlich haben wir schon eine Zeit lang Winter. Selbst in der Druma ist es jetzt nicht mehr so
     lebendig. Daran ändern noch so viele gebackene Äpfel und der beste Himbeersirup nichts. In nur zwei Wochen ist die längste
     Nacht des Jahres.«
    Ich nickte, mir war trübsinniger zumute, als ich erklären konnte. »Der Sommer dauert nicht ewig«, sinnierte ich. »Nichts dauert
     ewig – noch nicht einmal unsere Zeit in Fincayra.«
    Hallia zog ihre Hand zurück. »Bitte, nicht jetzt. Ich will nicht daran denken.«
    »Entschuldige. Ich meinte nur . . .«
    Sie runzelte die Stirn. »Und ich gebe auch keinen Hufabdruck für dieses Schwert von dir.«
    »Ich rede nicht von dem Schwert«, murrte ich.
    »Nun, dann ist es dieser junge König aus dem Land, das sie Britannien nennen. Der, wie du versprochen hast, eines Tages das
     Schwert tragen wird.«
    »Es geht auch nicht um ihn – obwohl ich sein Gesicht oft genug in meinen Träumen sehe.« Ich holte tief Luft. »Nein, es geht
     um die Tatsache, die wir alle kennen: dass Rhia und ich, die wir zum Teil Menschen sind, eines Tages weggehen müssen.«
    »Warum?«, fragte Rhia und versuchte das Feuer neu anzufachen. »Vielleicht wird Dagda als der große Geist, der er ist, dieses
     lächerliche alte Gesetz einfach ändern.«
    Ich schüttelte den Kopf, während der Wind erneut heulte.
    »Er kann tun, was er will. Außerdem ist es eine alberne Vorschrift.«
    »Das ist es nicht! Das weißt du. Es ist Teil dessen, was die Welten getrennt und im Gleichgewicht hält – die Erde, die Anderswelt
     und Fincayra irgendwo dazwischen.«
    »Ich weiß, ich weiß«, antwortete sie. »Aber Dagda könnte selbst überrascht werden. Wie damals, als du Stangmar besiegt hast,
     obwohl du nur ein Junge warst.«
    Stangmar. Der Name traf mich eisiger als der Wind. Wie konnte ein Mann, dem die Herrschaft über ganz Fincayra anvertraut war,
     so korrupt, so bösartig werden? Er hatte dieses Vertrauen völlig zerstört – und dazu noch viel mehr. Die Pein seiner verdorbenen
     Jahre lag immer noch schwer auf dem Land.
    Auch wenn es vor Stangmars
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