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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit
Autoren: Thomas A. Barron
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Herrschaft Konflikte zwischen den verschiedenen Arten von Einwohnern auf Fincayra gegeben haben
     mochte, so waren sie jetzt viel schlimmer. Ich dachte an Hallias Volk, das so ungern einen Fremden in seiner Mitte aufnahm.
     Und die Cañonadler, die sich kaum mehr zeigten. Die Zwerge redeten noch nicht einmal mehr mit den Riesen, ihren einstigen
     Verbündeten; jeder Mann, jede Frau, die töricht genug waren das Gebiet der Zwerge zu betreten, würden es wohl nie mehr lebend
     verlassen. Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen.
    Sicher, Stangmar war nicht allein dafür verantwortlich. Rhita Gawr hatte eine schreckliche Rolle in alldem gespielt. Er war
     es, der Kriegsherr der Geisterwelt und Dagdas Erzfeind, der Stangmar korrumpiert und dazu gezwungen hatte, Zorn und Misstrauen
     unter anderen zu säen, so dass Rhita Gawr schließlich regieren konnte. Das Gleichgewichtzwischen den Welten bedeutete ihm nichts – für ihn zählte nur sein Machthunger.
    Dennoch, Stangmar hätte widerstehen können. Hätte es besser wissen müssen! Ich ballte meine Hand zur Faust und stellte ihn
     mir jetzt vor, in der lichtlosen Höhle gefangen, wo er bleiben würde, bis seine Knochen schließlich verfaulten. Um ihn war
     es nicht schade! Niemand – außer vielleicht Dinatius, der Narr, der vor langer Zeit mich und meine Mutter zu töten versuchte
     – hatte mich je so zornig gemacht wie dieser Mann Stangmar. Warum, fragte ich mich. Warum konnte ich diesen Zorn nicht überwinden?
    Weil Stangmar mehr war als ein niederträchtiger Herrscher. Sogar mehr als ein Krieger, der versucht hatte mich niederzuschlagen,
     als ich gegen ihn kämpfte. Er war jenseits all dessen noch etwas. Er war mein Vater.
    Ganz leicht berührte Hallias Hand meine Stirn. »Komm, junger Falke. Lass uns das alles jetzt vergessen. Dieser Tag hat uns
     gehört und nichts kann ihn uns je nehmen.«
    Ich nickte, obwohl ich tief im Innersten nicht so sicher war.

IV
EINE FERNE TÜR
    W eil wir Schutz vor dem Wind suchten, rutschten wir in dieser Nacht vom Sternguckerstein und wanderten den steilen Hang bis
     zum Fuß des Hügels hinunter. Selbst im dichten Gras peitschten heulende Böen über uns und streiften uns mit eisigen Fingern.
     Bei dem ständigen Knarren und Stöhnen der Äste im Wald ringsum war es schwer, Schlaf zu finden.
    Mit der Zeit schlummerten die anderen ein – Hallia zusammengerollt wie ein Hirsch, Rhia ausgestreckt, als läge sie in den
     Ästen eines Baums, mit den Fingern in den Ranken ihres Gewands. In ihrer Tasche schnarchte Scullyrumpus in hohen Pfeiftönen.
     Nur ich lag wach, wälzte mich von einer Seite zur andern und suchte mir immer wieder andere Grasbüschel als Kopfkissen. Die
     ganze Zeit jagten dunkle Wolken über uns hinweg. Immer wenn kurz ein Stern aufblinkte, löschten die Wolken ihn rasch wieder
     aus. Das war vielleicht eine Sternguckernacht geworden!
    Ich wusste, dass ich mich ausruhen musste, und dachte an den Tag zurück in der Hoffnung, irgendeine Erinnerung würde meine
     aufgewühlten Gedanken beruhigen. Da war das Armband und Hallias Lächeln, als sie es empfangen hatte; die Ranke und die kurze
     prickelnde Erregung des Flugs – bevor er allzu plötzlich endete; der kleine Igel, der uns träge gemustert hatte. Schließlich
     fand ich das Bild, das ich gesucht hatte: der Anblick der silberbraunen Feder von Verdruss, die langsam zu Boden geschwebt
     war. Immerwieder beobachtete ich in Gedanken ihren Fall, die Leichtigkeit und Anmut, mit der sie sich von der Luft hatte tragen lassen.
     Allmählich entspannte ich mich. Und schließlich schlief ich ein.
    Ich träumte, wie zu erwarten, von der Feder, die anmutig schwebte. Doch diesmal war die Feder riesengroß, zumindest im Vergleich
     mit mir. Denn ich saß darauf und ritt auf den Luftströmungen.
    Einmal, vor langer Zeit, war ich auf dem Rücken von Verdruss geritten, während er durch die Nacht segelte. Er hatte mich damals
     mühelos getragen und tat es jetzt wieder, obwohl mich diesmal nichts als seine Feder hielt. Eisige Luft strömte mir übers
     Gesicht und ließ die Augen tränen und ich verkroch mich tiefer in die borstigen Federnäste, um warm zu bleiben. Die Feder
     zitterte wie ich bei jeder neuen Böe, wir bewegten uns im Wind wie ein Geschöpf.
    Freiheit. Das war es, was ich mehr als alles andere empfand. Die Freiheit, am Himmel zu schweben und den Luftströmen zu folgen,
     wohin sie mich trugen. Ich brauchte nicht zu wissen, wohin ich flog. Es war mir
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