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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt
Autoren: Rebecca Lim
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Michael vor mir, der so furchtbar in seiner Schönheit und Weisheit ist. Er wird sich in all den Jahren nicht verändert haben, denn Veränderung ist für ihn nur innerhalb vorgegebener Muster denkbar: Die Jahreszeiten mögen sich ändern, die Gezeiten, der Lauf von Sonne und Mond und wenig sonst in der Natur. Er ist kriegerisch, beständig, gehorcht stets den Regeln, für ihn gibt es nur Schwarz und Weiß, keine Grautöne. Irgendwann im trüben Dunkel unserer gemeinsamen Geschichte hat er sich von mir abgewand t – oder ich von ihm? Seit jenem Tag trennt uns ein Meer von Missverständnissen und Schuldgefühlen. Für ihn bin ich wohl eher ein Langzeitprojekt mit unvermeidlichen kostspieligen Überziehungen, Fehlschlägen und Verzögerungen und nicht ein Wesen, das einst sein Freund war.
    Gabriel schließt seine leuchtend grünen Augen, und ich weiß, dass ich jetzt diesen Ort verlassen werde, dieses drittklassige Café, wenn auch nicht auf dem herkömmlichen, irdischen Weg. Er wird mich ins weite Meer der menschlichen Seelen hinausschleudern, jene seltsame Alchemie vollziehen, die von den Acht vor Ewigkeiten ersonnen wurde. Aber ich bin noch nicht bereit zu gehen.
    Ryan? , flehe ich und lege meine ganze Sehnsucht in diesen Namen.
    Nicht für dich, erwidert Gabriel sofort, ohne die Augen zu öffnen. Nicht dein Schicksal.
    Die Zeit setzt wieder ein und ich höre Justine schluchzen, höre sie nach Luft schnappen.
    „Natürlich kennst du ihn“, ruft sie. „Nicht sprechen, Lela, bitte. Oh, Gott, oh, Gott.“
    „Nun machen Sie doch Platz“, sagt eine Männerstimme neben uns eindringlich.
    Sulaiman drückt mich noch fester an sich.
    Ich spüre, wie Lelas Körper sich in seinen Armen aufbäumt, wie Blut aus ihrem Mund strömt. Ich bin wieder blind. Kalt ist es und es wird immer kälter.
    Was geschieht jetzt? , rufe ich in die Stille zwischen uns.
    Es beginnt von Neuem , seufzt Gabriel in meinem Geist. Wir werden dir sagen, dass du stillhalten sollst, unerkannt bleiben, und du wirst alles in deiner Macht Stehende tun, um Luc an dich zu ziehen, wirst genug Wellen schlagen, um dem ganzen Universum kundzutun, dass du noch lebst.
    Ich höre Cecilia und Justine über Lelas Leichnam wehklagen, während der Sanitäter sie aus Sulaimans Armen zu reißen versucht.
    Du weißt, dass ich euch allen weiterhin die Stirn bieten werde, erwidere ich. Und das immer und immer wiede r – bis in alle Ewigkeit.
    Kein Zweifel. Seine Stimme ist wie ein flüchtiges Lächeln in meinem Geist. Du hast uns überrascht, uns Acht; dein Verhalten gleicht unserem weit mehr als dem deines ursprünglichen Selbst. Diesem Selbst, das wir zuerst versteckt haben. Du hattest seine schlimmsten Eigenschaften angenomme n – Eitelkeit, Stolz, Selbstmitleid, Grausamkeit. Aber seit d u … verbannt bis t … Seine Stimme klingt bekümmert bei diesen Worten, hast du Luc so viele Seelen entrissen. Einige von uns behaupten, du habest dich unwiderruflich verändert; dass das jahrhundertealte Spiel, in das wir dich stürzten, dich verändert hab e – zum Besseren. Andere von uns bezweifeln das: Wir fürchten, wenn Luc dich morgen zurückforderte, könntest du wieder so werden, wie du einst warst, nur unendlich viel mächtiger.
    Jetzt hast du uns erneut in Zugzwang gebracht , fügt er hinzu, einen Anflug von Ärger in der Stimme. Und du musst aus diesem zerstörten Körper fliehen, in ein anderes Zuhause .
    Sein Griff wird fester und ich gurgle: „Warte!“
    Er wird still, sagt den schluchzenden Frauen um ihn herum: „Ruhig! Lela spricht.“
    In mir flackert etwas von dem Leben spendenden Feuer auf, das Gabriel gegeben ist. Nicht genug, um Azraels Siegel von Lelas Körper zu nehmen, aber genug, dass ich mich ein letztes Mal verständlich machen kann.
    Die Menschen um mich herum werden still, beugen sich vor, um meine Worte zu hören, Worte, die ich blutend und unter Schmerzen hervorbringe, von quälendem Röcheln begleitet.
    „Justine, versprich mir, dass du in Zukunft besser mit dir umgehst. Verkauf dich nie wieder unter Wert. Versprich es.“
    Justine nickt tränenüberströmt. „Ich verspr-spreche es“, stammelt sie und nimmt eine von Lelas kalten Händen in ihre. „Hörst du mich? Ehrenwort.“
    „Franklin?“
    Ich kann ihn durch Lelas blicklose Augen nicht sehen, aber ich höre, wie er sich räuspert und murmelt: „Ja?“
    „Geh zu deiner Frau und erzähle ihr alles. Ursache und Wirkung, Franklin. Lass nicht zu, dass dich die Feigheit dein restliches
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