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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer
Autoren: Carl Hanser Verlag
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sein.«
    Die Lin’Velura hob den Pokal und trank ihren Gästen zu. Sichtlich aufatmend erwiderten Mera, Girdhan und ihre Begleiter den Trinkspruch der Gouverneurin und genossen den violett schimmernden Wein, den Diener ihnen vorgesetzt hatten.
    Merani hatte wie ihre Freunde den süßen Saft von fremdartigen Beeren serviert bekommen. Sie trank und blickte dann die Lin’Velura unsicher an. »Darf ich einen Wunsch äußern, Herrin?«
    »Jederzeit«, antwortete die Gouverneurin.
    »Ich würde gerne das Festland sehen. Tirah hat uns erzählt, man könnte dort Tag um Tag reiten, ohne eine Küste zu erreichen.«
    »Das wird sich machen lassen, junge schwarze Magierin. Doch jetzt bitte ich dich, Sirrin, Regandhor, Tirah, Argeela und Careedhal, mich zu begleiten. Ihr anderen schmaust und trinkt, bis wir wiederkommen.«
    »Euer Essen schmeckt gut«, erklärte Qulka, die gerade eine Dienerin zur Verzweiflung trieb, weil sie unbedingt das Rezept für die Suppe haben wollte, die eben aufgetischt worden war.
    »Dann lass es dir auch weiterhin schmecken!« Die Lin’Velura strich lächelnd über ihr borstiges Haar und verließ dann mit jenen, die sie dazu aufgefordert hatte, den Raum.
    Mera sah ihnen nach und fragte sich, was sie hier noch erleben würde. Mit einem Mal sehnte sie sich nach ihrer überschaubaren Welt auf dem Archipel zurück. Dort fühlte sie sich zu Hause. Hieraber … Sie brach den Gedanken ab und sah Girdhan an. »Ich freue mich ja, dass wir nicht mehr die meiste Zeit auf diesem Feuerthron sitzen müssen. Doch musste unsere erste Reise gleich so weit in die Ferne führen?«
    »In ein paar Wochen könnt ihr wieder in eure Heimat zurückkehren und die verbrecherischen Magier vergessen, die euch versklaven wollten«, versuchte Tharon sie zu trösten.
    Doch da schüttelte Mera den Kopf. »Wir werden nichts vergessen. Auch wenn unsere Heimat klein und abgelegen ist, so sind wir doch ein Teil der gesamten Welt.«
    »Darauf wollen wir trinken!«, erklärte Girdhan und hob seinen Becher. »Übrigens, der Wein hier ist ausgezeichnet. Ich würde gerne ein Fässchen mitnehmen, wenn es ihn zu kaufen gibt.«
    »Das glaube ich, lässt sich machen.« Noch während er es sagte, fragte sich Tharon, warum die Lin’Velura Sirrin und die Kinder mitgenommen hatte.
    »Sei nicht so neugierig«, klang es da in seinen Gedanken auf. Er hörte die Lin’Velura noch lachen, dann erlosch die Geisterstimme, und er vernahm nur noch die Worte eines Dieners, der ihn fragte, ob er nachschenken dürfe.
     
    8
     
    Die Lin’Velura führte ihre Gäste eine lange Treppe hinab in einen höhlenartigen unterirdischen Saal, über den sich ein gewaltiges Gewölbedach spannte. Der Boden des Raums bestand aus feinkörnigem Sand, der so durchdringend violett strahlte, dass Merani sich bückte und neugierig die Hände darauflegte. Argeela hätte sich am liebsten eine Kuhle in den Sand gegraben und hineingekuschelt. Auch Careedhal kämpfte mit dem Wunsch, sichin seine Baby-Arghan-Gestalt zu verwandeln, sich auf dem Sand zusammenzurollen und eine Weile darauf zu schlafen.
    »Das ist Sand aus der violetten Wüste«, erklärte Sirrin, während sie sich bückte, eine Handvoll davon aufhob und durch ihre Finger rieseln ließ.
    Merani achtete jedoch nicht auf die Magierin, sondern sah die Lin’Aril an, die verloren am Rand der Sandfläche saß und mit den Fußspitzen im Sand herumwühlte.
    »Ihr werdet jetzt ein Geheimnis erfahren, von dem nur sehr wenige auf dieser Welt wissen. Selbst die Menschen des Violetten Landes kennen nur die alten Sagen!« Die Lin’Velura lächelte Merani und deren Freunden zu und trat gemeinsam mit Sirrin zu dem Findling unter dem Meer.
    »Es wird alles gut, kleine Schwester«, sagte sie, während sie die Lin’Aril mit einer liebevollen Geste an sich drückte. Dann bat sie diese aufzustehen, wechselte einen Blick mit Sirrin und begann gemeinsam mit der Magierin, das Mädchen zu entkleiden. Zuletzt legten sie die Lin’Aril nackt in den Sand. Sirrin trat zurück und sah zu, wie die Lin’Velura einige magische Formeln über der Kleinen sprach, die Merani nicht verstand. Eines aber begriff sie: Es handelte sich um eine Sprache von ungeheurer Fremdheit, die nicht von dieser Welt stammen konnte.
    Die Lin’Aril stöhnte, krümmte sich wie unter starken Schmerzen und begann, sich zu verändern. Fasziniert starrte Merani auf das Wesen, dessen Körper sich auf einmal streckte und immer länger wurde. Die Gliedmaßen zogen sich in den
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