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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation
Autoren: Paul Watzlawick
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unseres Wissens bereits zwei Übersetzungen: Stierlins Beziehungsfalle [143] und Lochs
Zwickmühle [94].

    " Wie bereits in Abschnitt 1.5 betont, betrachten wir unsere Studie als
Beitrag, der zusätzliche Dimensionen für das Verstehen menschlichen Verhaltens aufzeigen, nicht aber andere psychopathologische Theorien leugnen
will. Zu bemerken ist jedoch, dass die den funktionellen Psychosen zugeschriebene Endogenese zumindest in semantischer Sicht ein Kuriosum sui
generis darstellt. Endogen sind diese Störungen ja nur in dem Sinn, dass sie
offensichtlich nicht exogen sind, wie z. B. die meisten der toxischen Psychosen. Durch diese per eliminationem zuwege gekommene Benennung «endogen» wird ihnen aber unversehens auch eine Eigenschaft zugeschrieben,
sodass sie nunmehr endogen «sind», weil sie so heißen, und nicht umgekehrt
endogen heißen, weil sie es tatsächlich sind - eine faszinierende Illustration
dessen, was Stuart Chase die «Tyrannei der Worte» nennt oder wovor die
Semantiker warnen, wenn sie darauf verweisen, dass das Wort nicht das Ding
ist, die Landkarte nicht das Land und die Speisekarte nicht die Mahlzeit.

    12 Dies gilt natürlich auch für die Wahrnehmung der Stimmung oder des
Verhaltens einer anderen Person. Vgl. Johnson et al., aus deren Bericht über
Schizophrenieforschung an der Mayo-Klinik folgendes Zitat entnommen ist:

    Wenn, wie dies häufig der Fall war, die Kinder den Zorn oder die Feindseligkeit eines Elternteils wahrnahmen, so verneinte dieser sofort seinen
Zorn und beharrte darauf, dass auch das Kind ihn verneine, sodass das Kind
vor dem Dilemma stand, ob es den Eltern oder seinen eigenen Sinneswahrnehmungen glauben sollte. Wenn es seinen Sinnen vertraute, behielt es seinen
sicheren Kontakt mit der Wirklichkeit; vertraute es dagegen dem Vater (bzw.
der Mutter), so behielt es die notwendige Beziehung bei, verzerrte aber seine
Wirklichkeitswahrnehmung [77, S. 143].
    Für praktisch dieselbe Struktur verwendet Laing [87] den Ausdruck
«Mystifikation».

    13 Für diesen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Schizophrenie
erhielten die oben genannten Autoren den Frieda-Fromm-Reichmann-Preis
1961/62 der Akademie für Psychoanalyse in New York.

    14 Diese Gegenseitigkeit besteht sogar dort, wo alle Macht scheinbar in
den Händen der einen Seite liegt und die andere Seite völlig hilflos ist, wie
z. B. im Fall politischer Verfolgung. Denn wie Sartre [128] gezeigt hat, ist der
Folterer letzten Endes ebenso entwürdigt wie sein Opfer. Man vergleiche
dazu auch Weißbergs Bericht [158] über seine Erlebnisse während der Großen Säuberung in der UdSSR und Meerloos [101] Begriff des «mysteriösen
masochistischen Pakts» zwischen dem Gehirnwäscher und seinem Opfer.
    Ausführliche Untersuchungen über die Gegenseitigkeit von Doppelbindungen in Familien wurden von Weakland [155] sowie von Sluzki et al. [137]
verfasst.

    15 Es ist nicht möglich, hier auf alle Aspekte und Verzweigungen der
Doppelbindungstheorie einzugehen, aber die Frage des Grades der Gestörtheit erfordert eine kurze Abschweifung. Wir haben immer wieder feststellen
können, dass die Eltern schizophrener Patienten auf den ersten Blick normale, gut angepasste Individuen zu sein scheinen, was den Mythus noch
glaubhafter macht, dass diese Familien durchaus glücklich wären, wenn sie
nicht einen Psychotiker in ihrer Mitte hätten. Aber selbst wenn man sich in Abwesenheit des Patienten mit den anderen Familienmitgliedern etwas länger abgibt, kommen die merkwürdigen Ungereimtheiten ihrer Kommunikation bald zum Vorschein. Wir möchten in diesem Zusammenhang nochmals
auf die von Laing und Esterson [88] veröffentlichten zahlreichen klinischen
Beispiele verweisen sowie auf eine Pionierarbeit Searles', der das folgende
Zitat entnommen ist:

    Die Mutter eines hochgradig schizophrenen jungen Mannes z. B., die
selbst eine sehr nervöse Person war und mit maschinengewehrartiger Schnelligkeit sprach, überschüttete mich mit einem wahren Schwall von Erklärungen, die in Bezug auf ihren Gefühlston so widerspruchsvoll waren, dass sie
mich momentan geradezu betäubten: «Er war sehr glücklich. Ich kann mir
nicht vorstellen, wie das über ihn gekommen sein soll. Er war mit seiner
Stelle als Radiotechniker in der Werkstätte von Herrn Mitchell in Lewiston
sehr zufrieden. Ich glaube nicht, dass auch nur ein einziger der Techniker vor
Edward es dort länger als ein paar Monate ausgehalten hat. Aber Edward
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