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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation
Autoren: Paul Watzlawick
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müssen sie irgendetwas mit «Einsicht» zu tun haben (vgl.
Abschnitt 7.32).

    12 Auch hierin besteht wenig Unterschied zwischen dem Verhalten von
Individuen und Nationen. Wenn ernsthafte Spannungen zwischen zwei Ländern entstehen, werden als Erstes gewöhnlich die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, um dann zu Analogiekommunikationen wie Mobilisierung, Truppenkonzentrationen und dergleichen überzugehen. Das Absurde
an diesem Vorgehen ist, dass die digitalen Kommunikationen (die diplomatischen Beziehungen) gerade in dem Augenblick abgebrochen werden, in dem
sie notwendiger denn je sind. Der «heiße Draht» zwischen Washington und
Moskau dürfte in dieser Hinsicht prophylaktisch sein, wenn er auch in offizieller Lesart nur der Beschleunigung von Kommunikationen in Krisenzeiten dient.

    14 Unter den neueren, mehr auf das Zwischenmenschliche hin orientierten Studien wären Lidz' Begriff der ehelichen Asymmetrie (skew) [93],
Scheflens Abhandlung über das «gruesome twosome» [129] (ironisch, etwa
«das grausige Zweigespann» bedeutend) und Laings Begriff der Kollusion
[86] zu erwähnen.

    13 Man vergleiche hierzu die von Genet im ersten Akt seines Bühnenstücks Der Balkon meisterhaft dargestellten menschlichen Scheinbeziehungen.

    1'5 Die Abkürzungen bedeuten: M = Ehemann, F = Ehefrau, 1 = Interviewer.

    16 Eine sehr verschiedene Situation ergibt sich im Bereich symmetrischer
und komplementärer Interaktionen, wenn eine Mitteilung die Beziehung
gleichzeitig als symmetrisch und komplementär definiert. Dies ist wahrscheinlich die häufigste und wichtigste Art, in der Paradoxien in menschlicher Kommunikation entstehen können. Die pragmatischen Wirkungen dieser Strukturen werden daher gesondert im 6. Kapitel behandelt.

    ' Unsere Darlegungen müssen sich auf bestimmte Formen von Interaktionen beschränken, vor allem auf Familien. Dagegen hat Miller [103] kürzlich eine überaus zusammenfassende Anwendung dieses Begriffsrahmens auf
Lebenssysteme im Allgemeinen veröffentlicht und darin die allen Systemen
zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten in eindrucksvoller Form dargestellt.

    2 Während unser Hauptinteresse natürlich menschlichen Kommunikanten gilt, besteht theoretisch kein Grund, Interaktionen anderer Säugetiere [9]
oder Gruppen, z. B. Nationen, auszuschließen, die ganz ähnliche Wechselbeziehungen wie Individuen unterhalten können [121].

    3 Ein einschlägiges Beispiel für die unmittelbare Wirkung der in der
klassischen Physik am weitesten differenzierten Metatheorie auf andere Wis sensgebiete lässt sich im Fall der Psychiatrie nachweisen: Zwischenmenschliche Pathologien wurden in der Frühzeit der Psychiatrie praktisch nicht als
solche berücksichtigt - mit einer Ausnahme, nämlich der Folie ä deux und
der ihr verwandten Symbiosen (vgl. Abschnitt 3.62). Diese dramatischen
Beziehungen galten von Anfang an als zwischenmenschliche und nicht als
individuelle Probleme und wurden daher als kaum mehr denn nosologische
Missbildungen verstanden. Die Tatsache aber, dass sie überhaupt Aufmerksamkeit fanden, während viele andere Beziehungsprobleme ignoriert wurden, ist deswegen besonders interessant, weil nur die Folie ä deux (so wie sie
damals aufgefasst wurde, d.h. in vacuo) dem geschlossenen Systemmodell
jener Zeit entsprach.

    4 Man vergleiche hierzu Langers Ausführungen über dasselbe Thema in
einem etwas anderen Zusammenhang:
    Wir müssen uns hier vor dem weit verbreiteten sogenannten «genetischen Trugschluss» hüten, der aus der historischen Methode in Philosophie
und Kritik entstehen kann; es ist der Irrtum, die Genesis einer Sache mit
ihrem Sinngehalt zu verwechseln, die Sache auf ihre primitivste Form
zurückzuverfolgen und sie dann als «bloß» archaisch zu bezeichnen... Worte
erklangen wahrscheinlich längst schon im Ritus, bevor sie ihren kommunikativen Zweck erlangten; das heißt aber nicht, dass die Sprache jetzt nicht
«wirklich» ein Mittel der Kommunikation ist, sondern «in Wirklichkeit» ein
bloßer Restzustand spontaner Erregungsäußerungen von Primitiven [90,
S. 243].

    Die relative Bedeutungslosigkeit der ideologischen Ausgangsbedingungen totalitärer Systeme für die Äquifinalität ihrer Endzustände verdient hier
ebenfalls Erwähnung. Wie sehr Diktaturen auch auf die Verschiedenheit
ihrer historischen Ursprünge und ihrer ideologischen Grundlagen pochen,
so monoton ist die Gleichartigkeit der sich daraus ergebenden politischen
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