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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation
Autoren: Paul Watzlawick
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daran, dass die Axiome Euklids den Eigenschaften des Raumes voll entsprachen, bis sich
schließlich die Einsicht durchsetzte, dass Euklids Geometrie nur eine von
vielen möglichen Geometrien ist, die ihrerseits nicht nur voneinander verschieden, sondern sogar unvereinbar sein können. Hierzu bemerken Nagel
und Newman:
    Der hergebrachte Glaube, dass die Axiome der Geometrie (oder die einer
beliebigen anderen Disziplin) aufgrund ihrer anscheinenden Selbstverständlichkeit formuliert werden können, war dadurch radikal untergraben. Außerdem wurde es langsam klar, dass die Aufgabe des reinen Mathematikers darin
besteht, Lehrsätze von postulierten Annahmen abzuleiten, und dass es als
Mathematiker nicht seine Sorge zu sein braucht, zu prüfen, ob die von ihm
angenommenen Axiome tatsächlich wahr sind [106, S. 11].

    s Dieser Unterschied kommt z. B. in Briefen von Gefangenen zum Ausdruck, die von den Nazis für politische Vergehen verschiedener Art zum
Tode verurteilt worden waren [vgl. z.B. 53]. Diejenigen, die der Überzeugung waren, dass ihre Handlungen zur Vernichtung des Regimes beigetragen
hatten, waren oft in der Lage, dem Tod mit einer gewissen Gelassenheit entgegenzusehen. Die wirklich tragischen, verzweifelten Aufschreie dagegen
kamen von Menschen, die für so unbedeutende Vergehen wie Abhören ausländischer Sender oder eine feindselige Bemerkung über Hitler zum Tode
verurteilt worden waren. Sie sahen darin offensichtlich die Verletzung einer
wichtigen Prämisse dritter Ordnung: dass Sterben sinnvoll und nicht trivial
sein soll.

    4 Dies ist das sogenannte Halteproblem (halting problem) in Entscheidungsverfahren; es bietet eine eindrucksvolle Analogie zu unserem Begriff
des Spiels ohne Ende in menschlicher Kommunikation.

    s Der an dieser Materie interessierte Leser sei auf die ausgezeichnete
nichtmathematische Darstellung des Gödel'schen Lehrsatzes von Nagel und
Newman [106] verwiesen. Soweit uns bekannt ist, wurde die Ähnlichkeit
zwischen Gödels Theorem und den paradoxen Voraussagen zum ersten Mal
von Nerlich [108] festgestellt, und wir glauben, dass diese Paradoxie die eleganteste nichtmathematische Analogie zum Theorem ist und selbst Findlays
nichtnumerischer Darstellung [42] vorgezogen werden kann.

    6 Aus einer späteren Arbeit Wittgensteins stammen folgende, für unsere
Studie unmittelbar bedeutsame Gedanken über Gödels Theorem:
    Man kann mit Recht fragen, welche Wichtigkeit Gödels Arbeit habe.
Denn ein Stück Mathematik kann Probleme von der Art, die uns beunruhigen, nicht lösen. - Die Antwort ist: dass die Situation uns interessiert, in die
ein solcher Beweis uns bringt. - das ist unser
Thema [164, S. 177].
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