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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter
Autoren: Sergej Snegow
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Vorfahren ihr Leben nicht programmierten? Und ihre sozialen Gesetze? Ihre Bestimmungen für gutes Verhalten? Ist das kein Lebensprogramm? Wärest du nur mal durch eine der alten Städte gepilgert! Da war doch jeder Schritt programmiert: Überquere die Straße an bestimmten Stellen und nur bei grünem Licht, halte dich nicht auf und renne nicht, bleibe um Gottes willen nicht auf der Fahrbahn stehen, gehe rechts und überhole links Tausende kleinster Reglementierungen, die wir längst vergessen haben. Und ihre Festessen? Das war schon kein Programm mehr, sondern geradezu ein heiliges Ritual von alkoholischen Getränken, Vorspeisen, wechselnden Gängen und Trinksprüchen!
    Ich behaupte das Gegenteil von dem, was du sagst: Wir sind unvergleichlich freier als unsere Vorväter, unsere Schutz- und Auskunftsmaschinen schränken uns nicht ein, sondern gewährleisten unsere Freiheit. So ist das, mein ungeratener Maschinenstürmer.“
    Es fällt mir schwer, mit André zu streiten. Um den Bruchteil einer Sekunde begreift er schneller als ich, und schamlos nutzt er das aus, Er läßt einem keine Zeit, die Antworten zu bedenken.

9
     
    Am Morgen erfuhr ich, daß an diesem Tag in den mittleren Breiten das Fest des Größten Sommergewitters gefeiert werde.
    In den Straßen von Kairo war deutlich zu spüren, daß wichtige Ereignisse bevorstanden, Aerobusse und Aviettes glitten durch die Luft, die Flügel von Pegasussen rauschten, stumme Drachen schlängelten sich dahin. Ich sprang in einen Aerobus und genoß aus der Höhe das Panorama der gigantischen Stadt. Auf der Erde ist Kairo farbenprächtig und vielgestaltig, aus der Luft herrschen zwei Farben vor Grün und Weiß, eine angenehme Kombination fürs Auge. Wir überholten nicht weniger als hundert Pegasusse und fliegende Lindwürmer, ehe wir den Bahnhof erreichten. Die Expresse nach dem Norden starteten minütlich.
    Laut Plan begann das Gewitter um zwölf. Über dem Mittelmeer stießen wir in den ersten Wolkentransport. Ich wußte, daß vom Stillen und vom Atlantischen Ozean Tausende Kubikkilometer Wasser aufgeworfen und wochenlang in Wasserräumen gesammelt wurden, bis es Zeit war, sie zum Festland zu schieben. Daß auch das unter Naturschutz stehende Mittelmeer Wolkensammelarena geworden war, bedeutete eine Überraschung für mich. Auf der Erde hatte sich in den zwei Jahren meiner Abwesenheit viel Neues ereignet. Ich wäre gern zum Stillen Ozean geflogen und hätte zugeschaut, wie die gigantischen, in Zehnkilometerschichten gepreßten Wolken in Bewegung kamen, aus der Höhe, wohin man sie getrieben hatte, herabschwebten und auf vorgeschriebenen Bahnen davonsegelten.
    Der Wind hatte eine Geschwindigkeit von ungefähr dreißig Metern in der Sekunde, das Mittelmeer kochte, mit jedem Kilometer wurde es dunkler vor dem Fenster. Der Expreß wandte sich nach Osten und tauchte in helles Sonnenlicht.
    Ich bestaunte die kunstvolle Formation des Wolkentransports eine kilometerlange Nebelmasse segelte in so sauberer Front dahin, als wäre sie mit einem Lineal ausgerichtet. Der Übergang vom Dunkel ins Licht kam unvermittelt.
    In der Hauptstadt trafen wir um elf ein. An der Kreuzung Grüner Prospekt und Rote Straße stiegen wir aus. Der Grüne Prospekt wimmelt an Festtagen von Menschen, deshalb bog ich lieber in die Rote Straße ein. Das ist zwar nicht die schönste der vierundzwanzig Magistralen der Hauptstadt, doch ich liebe sie. Die nicht allzu hohen Gebäude, sie haben dreißig bis vierzig Stockwerke, gleichen Kuben und Polygonen, Hochgartenterrassen umgürten sie, Plattformen zum Spazierengehen. Mir gefallen die lebhaften Farben dieser Straße Rot in einer Unmenge von Schattierungen. Manche Gebäude recken sich wie himbeerfarbene Zungen, andere dehnen sich zu blutroten Feuerwänden, wieder andere lodern gleich orangefarbenen Büschen.
    Flüge auf Pegasussen waren in der Hauptstadt nach wie vor verboten, dafür waren die Einwohner mit Aviettes in die Luft gestiegen. Wie stets waren die Kinder aus dem Häuschen; diese Racker brauchen nur einen Anlaß, um herumzutollen. Gibt es einen besseren als das Große Sommergewitter?
    Waghalsig schössen sie Purzelbäume zwischen Häusern und Bäumen. Ich wußte, daß die Beschützerinnen sie behüteten, dennoch stockte mir der Atem, als die Knirpse anfingen, im Herabpurzeln von den vierzigsten Stockwerken zu wetteifern.
    Einer von diesen zehnjährigen Draufgängern kam auf mich zugestürzt. Die Beschützerin bog seine Aviette selbstverständlich ab,
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