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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter
Autoren: Sergej Snegow
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der einzelnen Breiten gemildert haben, seit es die Erdachsenverwaltung versteht, unseren Planeten im Raum zu orientieren.
    Ich kann mich noch erinnern, daß zur Winterszeit in der Antarktis unkontrollierte Schneestürme wüteten. Vor etwa fünfzehn Jahren wurde ernsthaft erwogen, ob man auf der Erde nicht ein festgelegtes Klima einführen sollte - ewiger Sommer in den Tropen, ewiger Frühling in den hohen Breiten.
    Die Idee, an den Scheiteln des Planeten ständig Frühling und in den zentralen Breiten unaufhörlich Hitze zu haben, wurde jedoch verworfen zum Glück, denn unser Gefühl begehrt Abwechslung und wehrt sich gegen Einförmigkeit. Der heutige, nach Monaten und Wochen aufgeschlüsselte Wechsel von Wärme und Kälte, Regen und Sonne, Wind und Stille behagt mir.
    Jeder Ort hat seinen besonderen Reiz. Die Meteorologen können sich noch so anstrengen, die Luft in Grönland und Jakutien wird nie so aromatisch und schmeichelnd wie im Süden sein. Im Norden ist die Welt rauh, in den Tropen wirkt die Natur versonnen und zärtlich. Die Musikalität eines südlichen Abends, der von Wohlgerüchen prall ist wie ein Schrei, erregt mich.
    Elf Uhr war schon vorbei. Ich hatte Wera mit Hilfe ihrer Chiffre rufen können. Lieber nicht, sagte ich mir, sie denkt dann womöglich, ich will betteln.
    Ich war noch keine zwei Schritte gegangen, als in der Allee die Videosäule aufflammte und sich Weras Silhouette darin abzeichnete.
    „Bruder“, sagte Wera, „nach deiner Ankunft auf der Erde hättest du zu mir kommen sollen!“
    „Ich habe hier dienstlich zu tun“, sagte ich.
    „Und ich wußte nicht, daß es auf eurer wirren Welt Mode geworden ist, Besuche zu machen.“
    „Du hast dich wenig verändert, Eli“, bemerkte sie.
    „Andere finden, ich hätte mich sehr verändert“, erwiderte ich.
    Ihr Lächeln erlosch. Unablässig, als glaube sie nicht, daß ich es sei, hielt sie ihren Blick auf mich gerichtet. Sie dachte über mich nach, damit ihr kein Fehler unterlief. So hatte ich sie immer gekannt - impulsiv, brüsk, aber stets gerecht.
    „Und nun willst du zur Ora fliegen'?“
    „Darf ein Mensch nicht wollen, was ihm gerade einfällt?“
    „Nicht alle Wünsche lassen sich verwirklichen, Eli.“
    „Das habe ich schon im Kursus „Die Grenzen des Möglichen' gelernt, und wenn ich mich recht erinnere, für Verständigkeit die beste Note erhalten, die Zwölf.“
    „Ich fürchte, deine Verständigkeit hat gerade für das Examen gereicht. Komm morgen abend. Es hat sich manches geändert, vielleicht geht dein Wunsch in Erfüllung.“
    Die Videosäule erlosch.

8
     
    Mag sein, ich bin sentimental, aber mir stockt der Atem, wenn ich dem Sternenhimmel mutterseelenallein gegenüberstehe. Unsere Vorfahren, die Hirten, wurden beim Anblick des Alls, das mit Tausenden Augen über ihnen glitzerte, von Angst gepackt. Sie ahnten nicht, wie unermeßlich groß die Welt ringsum ist, und fühlten sich verschwindend klein vor diesem Sternenmeer. Ich möchte den fernen Welten immer die Hände hinhalten, möchte ebenso flammen und blinken, ebenso schreien, im Weltall gleißend schreien!
    „Was hast du?“ fragte André, als er auf den Balkon kam. „Du siehst verstört aus.“
    „Ich genieße den Himmel nichts weiter.“
    Er setzte sich in den Sessel und versank ebenfalls im Anblick der Sterne. Bald hatte auch er ein seltsam verklärtes Gesicht, wie alle, die der Erhabenheit des Weltalls teilhaftig werden.
    Die Sternensphäre drehte langsam die Himmelslichter um die unsichtbare Achse. Der samtschwarze Himmel war dicht über uns. Anscheinend brauchten wir nur die Hände auszustrecken, um die Sterne zu berühren. Am nördlichen Horizont funkelte der Große Bär, im Zenit brannte der riesengroße Orion, grimmig lohte der Sirius, und etwas tiefer ebenfalls beinah am Horizont, erhob sich triumphierend das Kreuz des Südens, im Kiel loderte das rotgrüne Feuer des Kanopus. Die Luft war so klar, daß ich ohne Mühe die Himmelskörper siebenter Größe erkannte, doch von dem heftigen Funkeln der Sterne nullter Größe und der mit negativen Werten schmerzten mir die Augen.
    André sagte leise: „Dort aber, in den unermeßlichen Abgründen des Alls, werden wir uns nach unserer Erde sehnen. Manchmal denke ich an die Menschen, die in den Kosmos geflogen sind, bevor der Tanew-Effekt verwendet wurde. Sie waren Sklaven jämmerlicher Geschwindigkeiten, erreichten nicht die des Lichts, ihr kleines Lehen langte nicht, um zurückzukehren, sie wußten das
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