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Memo von Meena (German Edition)

Memo von Meena (German Edition)

Titel: Memo von Meena (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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Liebe zerdenke, dann gehört das genauso zu mir wie jede Emotion, jede Sehnsucht, jede Hoffnung (und Hoffnungslosigkeit).
    Ich habe in den letzten Tagen so viele Ideen für die nächste Kolumne aufgenommen und doch komme ich immer wieder auf dieselbe Frage zurück: Warum bin ich Single? Und warum wage ich es nicht einfach, mich zumindest auf einen Übergangsmann einzulassen, bis der Richtige in mein Leben tritt?
    Und ja, dass Carlo nicht der Richtige ist, weiß selbst ich. Nur was nützt mir das, wenn ich trotzdem immer wieder nachdenke. Über die Dinge, die ich möglicherweise bei ihm falsch gemacht habe. Und über die Dinge, die ich generell bei den Männern falsch mache.
    Genug gegrübelt. Es führt ja zu nichts. Vor allem nicht zu einer Kolumne.
     
    Oliver schaltete das Diktiergerät aus und legte es in die Schublade seines Schreibtischs. Es war die zehnte Aufnahme, die er sich an diesem Abend angehört hatte, bei seinem aktuellen Gemütszustand jedoch genau zehn Aufnahmen zu viel.
    Warum tat er sich das an? War es wirklich klug, sich weiterhin so intensiv mit Meenas Memos auseinanderzusetzen, wo es doch oberste Priorität hatte, einen kühlen Kopf zu bewahren? Er hatte sich festgefahren, in einer absurden Besessenheit, die aus einer offensichtlichen Unerreichbarkeit resultierte. Eine Unerreichbarkeit, die Meena viel verlockender machte, als sie es unter anderen Umständen gewesen wäre. Wie sonst ließ sich erklären, dass ihn die Memos und Mails einer eigentlich völlig Fremden derart aus der Fassung brachten?
    Er starrte auf den Bildschirm seines Laptops. Bis auf ein paar haltlose Notizen und Stichpunkte fand er dort nichts vor, das auch nur annähernd für die nächste Kolumne brauchbar war. Trotzdem wusste er, dass das keine Ausrede war. Bis zum nächsten Morgen musste der erste Entwurf stehen und mittlerweile war es ihm beinahe egal, zu welchem Thema. Er hatte die Erfahrung gemacht, immer dann am besten zu sein, wenn er die Gedanken abstellte und sich auf seinen Instinkt verließ. Und irgendwie, dessen war er sich sicher, würde es ihm schon gelingen, überflüssige Emotionen zumindest für den Moment aus seinem Instinkt zu verbannen.

Kapitel 13: Die Kunst zu denken
     
     
    Meenas Blick aus dem Fenster
    Heute: Die Kunst, sich das Leben zu zerdenken
     
    Was fiel Ihnen beim ersten Blick auf diese Überschrift ein? Haben Sie sich selbst darin wiedererkannt? Oder ist sie Ihnen vollkommen fremd, die Kunst des Zerdenkens?
    Mir ist sie nicht fremd. Im Gegenteil, ich bin ein Meister darin, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen und Dinge zu sehen, die gar nicht da sind. Im direkten und übertragenen Sinne. Ständig frage ich mich, warum dies geschehen ist oder jenes, warum jemand eine bestimmte Äußerung von sich gegeben hat und was genau ich eigentlich davon halten sollte oder müsste.
    Eine Fähigkeit, die hin und wieder, gerade wenn man zur schreibenden Zunft gehört, von Nutzen sein kann. Manchmal kann sie aber auch fürchterlich lästig werden, ganz besonders dann, wenn man versucht, einen möglichst reibungslosen Kontakt zum anderen Geschlecht zu pflegen. Wobei ich reibungslos natürlich im übertragenen Sinn meine. Wann immer ich einen Mann kennenlerne, flüchtig oder auch näher, frage ich mich zwangsläufig auch, was er gerade denkt, warum er sich mit mir unterhält und was er sich davon verspricht. Selbst die kleinste Bemerkung wird instinktiv und meist unbewusst analysiert, bis nichts mehr übrig ist als ein Wirrwarr aus Worten, die gesagt wurden, aber anders gemeint waren, die nicht gesagt wurden, aber genauso gemeint waren oder gesagt wurden und vielleicht (aber nur vielleicht) auch tatsächlich so gemeint waren.
    Ich weiß nicht, ob es mein Job ist, der mich derart feinfühlig werden lässt, aber bei jedem neuen Kontakt mit dem anderen Geschlecht kann es manchmal wirklich stören, so schrecklich unentspannt zu sein. Wann immer ich einen Mann kennenlerne, schalte ich sofort in den Analyse-Modus um, vergleiche seine Art zu reden mit den Macken Verflossener und verbringe den Rest unseres Gesprächs damit, meine imaginäre Goldwaage mit seinen Worten zu beschweren.
    Ich habe mein Problem erkannt, den ersten Schritt zur Besserung also getan. Aber wie geht es nun weiter? Fällt diese Macke, nun, da sie mir bewusst geworden ist, mit der Zeit wie von selbst von mir ab? Oder bin ich dazu verbannt, für immer ein Opfer meiner eigenen Kunst des Zerdenkens zu bleiben?
    Ich kann nur hoffen, dass mein
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