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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens
Autoren: Gretchen Craig
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eine ausführliche Liebeserklärung machen können.
    »Monsieur …«, murmelte Nicolette. Um ihre Lippen spielte ein Lächeln. Sie war es offensichtlich gewöhnt, bewundert zu werden. Er sorgte dafür, dass sie einen sicheren Platz zwischen Marcel und Yves bekam.
    »Mr Johnston ist eine Art Cousin, Nicolette«, erklärte Marcel. »Albany Johnston, der Bruder meiner Mutter, ist sein Vater.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Monsieur«, sagte sie. Gabriel fragte sich, ob sie die zweite verwandtschaftliche Verbindung kannte, denn ihre eigene Tante Josephine und Adams Mutter Violette waren ebenfalls Cousinen gewesen. Was für ein Gewirr, dachte er. Eigentlich braucht man eine Landkarte, um das Ganze zu durchblicken. Vielleicht würde es helfen, wenn wir nicht jeden, mit dem wir über mehrere Ecken verwandt sind, Cousin nennen würden. Die meisten haben nicht einen Tropfen gemeinsames Blut.
    »Wir haben mit dem Essen auf dich gewartet«, sagte er zu seiner Schwester. »Hast du Hunger?«
    »Ich bin halb tot! Was meinst du, ob sie Eis haben? Ich würde gern ein paar eiskalte Krabben essen.«
    Der Kellner nahm die Bestellung auf: Austern, Krabben, Stopfleber, Schildkrötensuppe, Pfirsiche – ein Festmahl mit allem, was Louisiana zu bieten hatte.
    Die Tischgespräche waren hauptsächlich darauf konzentriert, wieder auf einen gemeinsamen Stand mit Gabriel zu kommen, der drei Jahre im Ausland verbracht hatte. Er unterhielt sie mit seinen Beobachtungen der Pariser Gesellschaft, wobei er das Rassenthema in Gegenwart seiner Brüder und ihres Freundes sorgsam umging. Die Art und Weise, wie man in Paris einen Farbigen akzeptierte, hatte sein Bild von sich selbst und von der Welt verändert, aber diese Erkenntnis passte nicht in diese Gesellschaft. Er mochte seine Brüder sehr, und er wollte sie in dieser angenehmen Umgebung nicht in Schwierigkeiten bringen.
    Mr Johnston schien Gabriels Geschichten von Ducs und Comtessen allerdings überhaupt nicht zuzuhören. Er lachte nicht mit den anderen und hielt auch keinen Blickkontakt mit ihnen. Stattdessen starrte er die ganze Zeit Nicolette an. Gabriel hätte sich gewünscht, dass das Kleid seiner kleinen Schwester nicht ganz so viel Schulter und Busen enthüllt hätte. Nicolette jedoch schien die Bewunderung des Mannes gar nicht zu stören. Schöne Frauen lernen wohl, damit umzugehen, dachte er.
    »Mr Johnston«, richtete er das Wort an ihn. »Waren Sie schon mal in Paris?«
    »Paris?« Adam riss seinen Blick von Nicolette los. »Nein, in Paris war ich noch nicht.« Er rückte sein Weinglas zurecht und unternahm einen Versuch, sich ein wenig zu sammeln. »War einer der Herren schon dort?«
    Für einen Augenblick herrschte Schweigen am Tisch. Der Mann macht sich lächerlich, dachte Gabriel. Armer Kerl. Wenn es nicht meine Schwester wäre, die er so anhimmelt, dann täte er mir ein ganz klein wenig leid.
    Yves grinste, aber Marcel, der immer freundliche, eilte Johnston zur Rettung. »Aber du warst in New York, nicht wahr, Adam? Wir haben dir die Theater dort gefallen?«
    Während sie aßen, sagte der Maître Madame Cleo Tassin an, die von Monsieur Pierre LaFitte begleitet werden würde. Das Publikum applaudierte zur Begrüßung der beiden altgewohnten Publikumslieblinge, und kurz darauf stand Gabriels Mutter auf der Bühne, in ihrem roten Kleid, das ihr Markenzeichen war, und mit einem kunstvoll gebundenen Kopftuch. Pierre ließ sich am Klavier nieder und spielte ein paar einleitende Läufe.
    Dann erfüllte Cleos weicher, sinnlicher Kontraalt den Raum. Nicolette war jung und sexy, aber Cleos Sinnlichkeit durchwehte den ganzen Saal in Wellen von einer dunkleren Farbe. Die Musik verwandelte sich in ihrer Brust, sodass alle Männer im Saal die Gabel niederlegten, um ihr mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu lauschen.
    Als das erste Lied zu Ende war, stand Cleo für einen Augenblick still und mit geschlossenen Augen da. Sie lauschte auf das Schweigen, hatte sie Gabriel vor langer Zeit einmal erklärt, als er sie gefragt hatte, warum sie das tat. Das Schweigen ist ein Teil des Liedes, hatte sie ihm gesagt. So sehr sie den Applaus liebte, er durchbrach das Schweigen, und sie schloss die Augen, um ihn noch ein wenig zurückzuhalten, bis das Lied tief in ihr wirklich zu Ende war.
    Unvergleichlich, dachte Gabriel. Nicht einmal die Sängerinnen in Paris können sich mit ihrer Seele messen.
    Als der Abend endete, küssten Marcel und Yves Nicolette zum Abschied und versprachen, später im Sommer noch einmal
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