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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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zu versichern, dieses geniale Wortspiel in eines seiner nächsten Lieder einbauen zu wollen. Aber dann gebot der König allen wieder Schweigen.
    »Also gut, Herr ... d’Aragis. Wenn diese Information nützlich ist, werde ich Euch Eure Laute in Gold aufwiegen. Ihr habt auch eine schöne Stimme – vielleicht findet sich ja ein fester Platz für Euch bei Hofe. Aber vorerst reitet Ihr zurück ins Ariège – und fahrt diesem Herzog und seinen Dorfpfaffen in die Parade. Ich will diese Parfaits! Und zwar lebendig, ihre Asche nützt mir nichts.
    Monsieur du Morency – schickt umgehend Boten los. Dieser Ritter wird sie führen.«
    Sabines Zuversicht schwand, als man sie am Sonntag aus dem Kerker zerrte und auf einem schwankenden Karren zum Richtplatz fuhr. Philippe hatte erneut eine schlechte Nacht gehabt, er fieberte leicht und schrak aus schmerzdurchzogenen Albträumen. Schließlich hatte sie ihn im Arm gehalten wie einst Florimond und fast etwas wie Zärtlichkeit empfunden. Philippe war immer ihr Freund gewesen, ihr Spielgefährte und Vertrauter am Hof der Parfaite Henriette. Wenn sie ihn wirklich geheiratet hätte – vielleicht hätte sie ihn auf Dauer sogar lieben können. Aber für solche Gedanken war es längst zu spät. Philippe war neben sie an den Karren gefesselt. Er versuchte seine letzte Kraft zusammenzunehmen, um aufrecht zu stehen, und brach doch zusammen, als die Pferde das ungefederte Gefährt über die ersten Schlaglöcher zerrten. Dabei hatte Sabine ihm im Laufe der Nacht einen halben Krug Wein eingeflößt. Auch die anderen Delinquenten waren zumindest leicht berauscht. Die Herzogin hatte Brandwein und schweren alten Wein in die Kerkerzellen schmuggeln lassen. Nur Sabine war völlig nüchtern, der Wein hatte bitter geschmeckt. Das Einzige, wonach sie sich sehnte, das Einzige, das ihr helfen konnte, diese Welt ohne Klagen zu verlassen, war ein liebender Blick von Florimond. Ein einziges Mal noch wollte sie auf der Bahn der Sterne dahinschweben, die zwischen ihren und seinen Augen tanzten.
    Stoisch stand sie, die Hände um die Gitter gelegt, die den Schandwagen umgaben, und starrte in das bunte Treiben am Weg. Gewöhnlich wurden die Gefangenen auf dem Weg zur Richtstatt mit Spott überhäuft und mit Unrat beworfen, aber das hielt sich hier in Grenzen. Fast alle Einwohner von Clairevaux hatten früher ebenfalls dem Glauben der Katharer angehört, und jetzt trafen die Delinquenten eher mitleidige als spöttische Blicke. Allerdings ballten sich die Dörfler doch begeistert vor den Verkaufsständen und lachten über die Späße der Gaukler. Die Freude am Volksfest ließ man sich bei allem Bedauern nicht nehmen.
    Schließlich war der Hinrichtungsplatz erreicht, und die Verurteilten verstummten angesichts der Scheiterhaufen. Sabine wusste, dass man sie jetzt brauchte. Obwohl sie im Herzen eiskalt war, stimmte sie ein Gebet an. Und auch jetzt noch trug ihre Stimme und ihre Kraft hielt die Menschen aufrecht. Nur Philippe regte sich nicht, er musste erneut das Bewusstsein verloren haben, gewann es aber wieder, als ihn die rasch ernannten Henkersknechte – dieselben, die ihn vorher gefoltert hatten – vom Wagen und auf den ersten Scheiterhaufen zuzerrten. Sabine bestieg den ihren selbst.
    Sie hatte gehofft, als erste sterben zu dürfen und den Menschen ein leuchtendes Beispiel geben zu können, aber das bewahrheitete sich nicht. Im Gegenteil – die Männer, die das hier geplant hatten, ließen die Anführer der Ketzer am längsten leben. Schließlich sollten auch sie möglichst noch abschwören. Und das taten sie erfahrungsgemäß eher, wenn sie schon verbranntes Fleisch rochen und die Schreie der Sterbenden hörten.
    Sabines Gemeinde schwor durchweg ab. Sabine selbst hatte es ihnen noch auf dem Schinderkarren geraten, der Gott der Katharer wollte keine Märtyrer. Sie selbst war zwar fest entschlossen, aufrecht in den Tod zu gehen, aber das würde mehr aus Trotz als um ihres Glaubens willen geschehen. Sabine, die Parfaite, würde sich der Bosheit ihrer Häscher nicht beugen, sie ließ sich nicht befehlen, was sie glauben und denken dürfte.
    Wenn es nur einen wohlmeinenden Menschen in dieser aufgewiegelten, wilden Masse verzerrter Gesichter gäbe, dem sie in die Augen sehen konnte, wenn ihr Scheiterhaufen aufloderte. Sie spähte nach Florimond aus, entdeckte aber nur den Herzog, für den eine Tribüne etwas abseits des Geschehens aufgebaut war. Dort thronte er mit finsterem Blick, ihm war deutlich anzumerken,
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