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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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dich schön zu machen, mein Kind.«
    Sabine runzelte die Stirn. »Gäste? Sind es Leute von uns? Weil ich sonst ... sonst müssten wir die Andacht heute Nacht absagen.«
    Der Graf seufzte. »Das habe ich schon getan, Sabine. Du müsstest den Boten an die Montcours’ eigentlich unterwegs getroffen haben. Gebe Gott, dass alle Nachrichten ihre Empfänger erreichen – das Letzte, was ich heute Nacht brauchte, wären ein paar Ketzer, die heimlich ins Schloss schleichen!« Der Graf sah sich fast ängstlich um, aber natürlich belauschte ihn niemand auf der gut einsehbaren Treppe von seinen Wohnräumen zu den Wehrgängen auf dem Söller.
    »Was ist das denn für ein hoher und gefährlicher Besuch, der uns da ins Haus steht?«, fragte Sabine verblüfft. »Ein Abgesandter des Herzogs? Oder gar des Königs?«
    Graf de Clairevaux verzog unglücklich das Gesicht. »Eben darüber möchte ich ja mit dir reden, Kind. Bitte, sei so gut und begleite mich in meine Kemenate. Wir müssen unter vier Augen sprechen, Sabine, es ist eine sehr delikate Angelegenheit.«
    Sabine gab nach. Verwirrt und nun doch etwas ängstlich folgte sie ihrem Vater in seine Wohnräume. Im Kamin des kleinen Gemaches, das ihm als Lese- und Ankleidezimmer diente, brannte ein lebhaftes Feuer. Dabei war der Tag sehr warm gewesen, aber jetzt, gegen Abend, schien ihr Vater mit Abkühlung zu rechnen. Wie fast alle Wehrbauten war auch das Schloss der Clairevaux’ zugig und schwer zu heizen. Zumal man das Pergament, das im Winter vor den kleinen Fenstern angebracht war, um den Wind abzuhalten, bereits entfernt hatte.
    »Setz dich, Sabine.« Der Graf wies auf die mit Kissen versehenen Sessel vor dem Kamin. Er selbst blieb allerdings stehen. Wie immer, wenn er etwas Unangenehmes mitzuteilen hatte, wanderte er unstet im Zimmer herum. Nun wartete er nervös, bis seine Tochter Platz genommen hatte. Schließlich sah sie ungeduldig zu ihm auf.
    »Sabine, diese Gebetsversammlungen müssen aufhören!« Der Graf begann die Unterredung fast schroff – und mit einem Thema, das ihm eigentlich gar nicht das Wichtigste schien.
    Sabine wollte etwas dazu sagen, aber er gebot ihr mit einer Handbewegung Schweigen. »Es wird zu gefährlich, Sabine, der Pfaffe stellt jetzt schon Fragen, gestern begegneten ihm zwei Ritter nach der Andacht auf dem Wehrgang. Er schnüffelt herum, Sabine, auf die Dauer wird er uns erwischen. Und auf die Dauer werden auch andere Dinge auffallen. Zum Beispiel, dass ich ... dass du ...«
    Sabine lächelte ihn an. »Dass du bislang keine Anstalten machst, mich zu verheiraten, ja? Ist es das?«
    Graf der Clairevaux war deutlich aus dem Konzept gebracht. Verwirrt sah er seiner Tochter in die triumphierend leuchtenden Augen.
    »Genau. Du musst es verstehen, Sabine. Ich war damit einverstanden, dass du dein Leben dem Glauben widmest, auch stolz auf dich, mein Kind. Aber unsere Welt hat sich geändert, und wir müssen uns darin zurechtfinden. Schau, Sabine, man kann dir deinen Glauben nicht nehmen. Das versucht auch niemand, wir sind ja alle Christen, und keiner fragt tagtäglich nach den Einzelheiten unserer Überzeugung. Aber in dieser neuen Welt kannst du keine Gemeinde leiten, die Zeiten der Parfaits sind vorbei. Du wirst das Leben einer christlichen Frau leben müssen, und das heißt, du musst heiraten.«
    Sabine nickte gelassen. »Aber ja, Vater. Das weiß ich doch alles. Der Graf de Montcours hat schon mit mir darüber gesprochen. Zunächst war das natürlich ein Schock. Ich war verblendet, nach Henriettes Tod hatte ich jeden Bezug zu dieser Wirklichkeit verloren. Aber nun habe ich mir einen Ausweg überlegt. Selbstverständlich werde ich heiraten. Ich habe heute mit Philippe de Montcours gesprochen. Er bittet dich morgen um meine Hand.«
    Beifallheischend suchte Sabine den Blick ihres Vaters. Sie hatte mit überschäumender Freude gerechnet, aber das Gesicht des Grafen schien eher von noch größerer Sorge überschattet.
    »Philippe de Montcours? Ja, liebst du ihn denn, Kind?«, fragte er schließlich.
    Sabine lachte. »Ach Vater, was du denkst! Lieben ... natürlich liebe ich Philippe, wie eine Schwester den Bruder. Aber sonst ... ich bin eine Parfaite! Na ja, fast eine Parfaite. Philippe weiß, was das bedeutet.«
    Der Graf blickte verwirrt und missbilligend zu ihr herab. »Sabine, ich höre wohl nicht richtig. Du hast den jungen Mann überredet, eine ›Josefsehe‹ mit dir zu führen? Er wird dir Eide schwören, aber dich nicht anrühren?«
    Sabine
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