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Melina und die vergessene Magie

Melina und die vergessene Magie

Titel: Melina und die vergessene Magie
Autoren: Susanne Mittag
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Gras, nach Wildblumen und Tannennadeln. Und diese Stille! In ihrer Welt hörte man selbst an abgelegenen Orten das Rauschen einer Straße oder ein Flugzeug, das mit fernem Brummen eine Linie in den Himmel malte. Hier gab es ganz andere Geräusche. Melina wandte den Kopf in Richtung Wald, der dunkel vor ihr aufragte. Tierlaute drangen zu ihr herüber. Ein Keckern, ein Quieken, dann … nichts mehr. Welche Tiere hier wohl lebten? Und wie groß sie waren?
    »Kommst du?«, drängte Tann. »Wenn wir uns beeilen, erreichen wir das Dorf noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
    Melina runzelte die Stirn. Dunkelheit? In ihrer Welt war es gerade kurz vor Mittag gewesen. Wie weit konnte es bis zu diesem Dorf denn schon sein?
    Tann winkte und ging voraus in Richtung Wald, aber Melina sah sich noch einmal um. Und erstarrte!
    »Wo ist das Haus, in dem wir waren?«
    Hinter ihnen auf der Wiese stand nur eine windschiefe Holzhütte, eher ein Geräteschuppen.
    »Es ist den Zauberern verboten, prächtige Häuser zu haben«, erklärte Tann ungeduldig. »Der König möchte, dass sie leben wie das normale Volk. Also bauen viele von ihnen Wandelhütten. Kein Zauberer, der stolz auf seinen Namen und seinen Rang ist, würde freiwillig so ärmlich wohnen.«
    »Solange es den normalen Menschen nicht schadet«, fand Melina.
    »Nicht
Menschen!
« Tann spie das Wort beinahe aus. »Benutz diesen Begriff hier nicht! Diejenigen, die so aussehen wie du, nennt man Blasshäuter.«
    Mit langen Schritten ging er voraus, und Melina folgte ihm in den Wald, der so dicht war, dass sie hintereinander gehen mussten.
    »Warum hasst du die Menschen so sehr?«, wagte sie zu fragen.
    Tann antwortete, ohne sich nach ihr umzudrehen. »Ich hasse die Menschen nicht. Aber niemand darf sie in diese Welt hineinlassen.«
    »Was ist so schlimm an uns?«
    Tann zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ihr müsst in eurer Welt bleiben, sonst …«
    »Sonst was?«
    Tann raufte sich die pelzigen Haare. »Woher soll ich das wissen? Vergiss es einfach, wir werden dich schon irgendwie zurückschicken können.«
    Melina nickte. Aber sie hatte die Unsicherheit in Tanns Stimme gehört.
    Nach einer Weile konnte sie nur noch keuchend mit Tann Schritt halten. Verdammt, hätte er ihr nicht sagen können, dass dieser Marsch in Leistungssport ausartete?
    »Müssen wir bis Modora laufen? Gibt es bei euch keine Pferde, auf denen man reiten kann?«
    Tann lachte.
»Pferde?
Ihr reitet in eurer Welt auf
Pferden?«
    Melina überlegte eine Weile, ob sie ihm von Autos und Flugzeugen erzählen sollte, entschied sich aber dagegen.
    Tann wandte sich zum ersten Mal um, sichtlich empört. »Das kann nicht sein! Sie sind die Kinder von Blitz und Donner, und niemand kann sie berühren. Hexen natürlich ausgenommen.«
    »Heißt das, ihr habt Angst vor Pferden?«, fragte Melina erstaunt.
    »Mag sein, dass eure Pferde träge sind«, gab Tann schneidend zurück. »Hier sind sie schneller als der Wind und gefährlicher als ein Feuersturm.«
    Melina wich Tanns Blick aus. Alles, was sie hier sagte, war offenbar falsch. Sie hoffte nur, dass sie möglichst bald dieses Modora erreichten und dass sie diesen Wald möglichst bald hinter sich ließen. Obwohl … was konnte ihr in Begleitung eines Monsters schon passieren?

Der Verfolger

    Im Haus des Zauberers Salius raschelte und fiepte, fauchte und kratzte es. Das übliche Konzert aus Tiergeräuschen, an das sich die Bewohner schon längst gewöhnt hatten. Dunkelheit herrschte im größten Teil des Hauses, seit Tann und Melina es verlassen hatten. Nur für die Tiere gab es leichtes Dämmerlicht, das nie ganz erlosch. Und an der Wand mit den Weltentoren leuchteten noch immer die feinen magischen Linien, die den Weg hindurch versiegelten. So hätte es bleiben sollen bis zur Rückkehr des Meisters. Doch plötzlich glühte das linke Quadrat hell auf. Der blaue Marmor verblasste und gab den Blick frei in eine absolut schwarze Welt.
    Das Rascheln, Fiepen, Fauchen und Kratzen im Haus wurde lauter. Nervös hüpften die Tiere von einer Ecke ihrer Käfige in die andere. Sie spürten, dass etwas Fremdes sich näherte. Dann drang ein Grollen durch das Haus, und mit einem Mal war es in den Käfigen totenstill. Alles hielt inne und lauschte auf die Geräusche, die aus dem Gang kamen. Krallen kratzten über glatten Marmor, bis die halb offene Tür aufgestoßen wurde.
    Etwas Dunkles blieb im Türrahmen stehen. Es war schwärzer als eine mondlose Nacht, als müsste jedes Licht in seiner
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