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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir
Autoren: Sabine Ludwigs
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und ich denke, dass er für einen blonden Mann sehr dunkle Wimpern hat.
    „Es ist nur eine Kleinigkeit. Technisch gesehen“, erklärt er. „Trotzdem wird es einige Zeit brauchen, bis ich den Apparat eingerichtet habe. Soll ich lieber ein anderes Mal wiederkommen?“
    „Nein!“, rufe ich entsetzt. „Bloß nicht. Noch viel länger halte ich es ohne Internetzugang nicht aus.“ Ich spüre, wie ich erröte. „Ich meine, wenn Sie Zeit hätten, sich darum zu kümmern, wäre ich unsäglich froh“, stottere ich.
    Er zwinkert mir gutgelaunt zu. „Ich kenne das. Na gut. Dann mache ich mich mal ans Werk.“
    Und das tut er.
    Ich hocke währenddessen wie festgenagelt neben ihm, schaue zu und versuche zu begreifen, was er da tut. Aber alles, was mit Technik zu tun hat, ist und bleibt ein Mysterium für mich. Daran ändert sich auch jetzt nichts.
    Nach ungefähr zwei Stunden ruft Michael: „Fertig!“ Und er bittet mich, es auszuprobieren.
    Ich starte den Internet-Explorer. Ohne die geringsten Schwierigkeiten komme ich ins Netz. Sofort logge ich mich ein, um meine E-Mails abzurufen. Es sind zweiundfünfzig. Soweit ich es so schnell übersehen kann, ist keine von Leander dabei.
    Danach fahre ich das Wordprogramm hoch. Auch hierbei gibt es keine Probleme. Ich bin selig – erst recht, als Michael mit wenigen Handgriffen auch noch meine Telefonanlage zum Laufen bringt und den Anrufbeantworter anschließt.
    Er drückt mir den Hörer in die Hand. Ich lausche dem Freizeichen, als wäre es Himmelsmusik. Schnell gebe ich Lisas Nummer ein. Als sie abnimmt, verkünde ich triumphierend, dass mein Telefon endlich funktioniert und dies ein Testanruf ist.
    „Schön“, brummt sie verschlafen und gähnt ausgiebig. „Dann lege ich mich wieder hin. Ich bin erst vor zwei Stunden aus Shanghai gekommen. Wir sprechen uns später!“
    „Und das Fax?“, frage ich Michael und lege den Hörer in die Station zurück. „Geht das auch?“
    „Klar. Was denken Sie denn?“
    „Ich könnte Sie küssen!“, rufe ich.
    Da mustert er mich eingehend, vielleicht sogar eine Spur herausfordernd. „Nun“, sagt er gedehnt, „ich hätte nichts dagegen.“ Langsam kommt er einen Schritt näher. „Warum tun Sie es nicht einfach?“
    Eine Sekunde lang bleibe ich vor ihm stehen. Ich könnte schwören, dass ich noch nie in Augen geschaut habe, die von so dunklem Blau sind.
    Seine Hemdsärmel sind aufgekrempelt. Sie entblößen kräftige, gebräunte Unterarme. Er hat schöne Hände. Sein Gesicht ist glatt rasiert, aber es liegen bereits Schemen seiner Bartstoppeln unter der Haut. Was mir gefällt. Michael hat einen großen Mund, der zu einem herausfordernden Grinsen verzogen ist. Kein Zweifel, er besitzt eine äußerst anziehende Präsenz.
    „Aber eine Tasse Kaffee tut es auch.“ Momente später bricht eine Welle Gelächter über mich herein. „Vorläufig.“
     
    Die Umgebung hier ist gänzlich anders als in Grahben: Keine Schatten des Waldes berühren meine Gartenhecke. In der Nähe schlängelt sich ein Fluss durch die ebene Landschaft. An seinem Ufer wachsen Busch- und Strauchweiden und wilde Lupinen.
    Hier und da stehen Gruppen von Silberbirken oder Eichen. Ich kann nirgends eine Linde entdecken ... Aber es gibt viele Schafe. Ich sehe nie Jogger. Nur Leute, die mit ihren Hunden spazieren gehen, und allein zu laufen macht mir keine Freude.
    Mit der Zeitung in der Hand, die ich gerade aus dem Postkasten genommen habe, stehe ich da. Ich schaue zum Flussufer hinüber, das ich von der leichten Anhöhe, auf der das Haus erbaut wurde, überblicken kann.
    „Das Haus steht auf dem höchsten Punkt in Maienrath“, hatte Wolli mir erklärt, als ich hier einzog. Bei seinem Blick über das Gelände hätte man annehmen können, er hätte es eigenhändig auf dem Dach der Welt erbaut und würde auf die Gipfel der Fünftausender hinabsehen.
    Aber die Landschaft ringsum ist wirklich schön und hat etwas sehr Idyllisches.
    Damals hat Wolli offen seiner Verwunderung Ausdruck verliehen, dass eine Frau wie ich – „verdammt attraktiv und genau im richtigen Alter“ – allein einzog. Als ich irgendwas von häuslichen Problemen murmelte, grummelte er verständnisvoll und verlor nie mehr ein Wort darüber.
    Sika flitzt an mir vorüber. Wie übergeschnappt tollt er im Vorgarten. Er ist in letzter Zeit ziemlich gewachsen und im Augenblick damit beschäftigt, ein Tagpfauenauge zu jagen. Seine Hüpfer und übermütigen Sprünge sehen zu komisch aus und ich amüsiere mich
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