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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
Autoren: Christian Frascella
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wäre durchgedreht, wenn ich hier drin gewartet hätte. Aber die erste Sache hatte ich selbst in der Hand.
    »Du kannst mich anrufen, wenn es so weit ist«, sagte Mauro zur Robbe. »Ich bin zu Hause, und er kann ja bei mir anrufen, um zu erfahren, ob euer Vater operiert wird oder nicht.«
    So blöd war es gar nicht, das Männchen.
    Ich küsste sie. Wirklich, sie waren zwei erschrockene, kleine Mädchen. Mauro verzog sich einen Augenblick lang mit der Robbe. Vì und ich blieben zurück und sahen uns an. Ich hätte natürlich etwas sagen können, aber dann dachte ich, dass es eine Frage des Charakters war, und seinen Charakter ändert man nicht mit Entschuldigungen. Also starrte ich auf meine Schuhe.
    Da spürte ich plötzlich eine Hand, die mein Gesicht streichelte. Die Berührung tat mir gut und machte mir gleichzeitig Angst, als trüge die Zärtlichkeit den Schmerz in sich und umgekehrt.
    Ich zwang mich dazu, die Augen zu heben, und wir lächelten uns an, ohne ein Wort zu sagen.
    Es regnete noch immer, während Mauro seine Schrottkarre durch die Straßen lenkte – wenn man das überhaupt so nennen konnte. Mehrmals musste ich ihm fast das Steuer aus den Händen reißen, um zu verhindern, dass wir an irgendeiner Hauswand zerschellten. Vermutlich hatte er bei der ganzen Knutscherei mit der Robbe einen Ständer gekriegt und hatte sich jetzt nicht mehr unter Kontrolle.
    Ich schrieb mir seine Telefonnummer auf und sagte, ich würde ihn in jeder Arbeitspause anrufen.
    Es schien ihn sehr zu befriedigen, dass er sich nützlich machen konnte. Schwer zu sagen, ob er weniger bescheuert war, als ich gedacht hatte, oder ob ich in diesem Moment einfach nur etwas mehr Nachsicht mit meinen Mitmenschen hatte, weil ich traurig war und das Alleinsein fürchtete.
    Ich weiß selbst nicht, wie mir dieser Einfall kam, aber als wir in den Ort hineinfuhren, sagte ich, ohne lange nachzudenken: »Bring mich nicht nach Hause.«
    Er sah mich entsetzt an. »Wo willst du denn hin?« Was stellte er sich vor, glaubte er, ich wollte mit ihm schlafen?
    Ich sagte ihm die Adresse von Chiara.
    Darauf bremste das Arschloch so scharf, dass ich mir am Armaturenbrett fast ein zweites Mal die Nase eingeschlagen hätte.
    »BIST DU VÖLLIG ÜBERGESCHNAPPT?«, schrie ich. »Was fällt dir ein, Blödmann?«
    »Du kannst um diese Uhrzeit nicht bei einem Mädchen zu Hause klingeln!«, sagte er im Ton eines biblischen Gleichnisses, den er sich bestimmt jeden Sonntag in seiner Bank kniend anhören musste. »Das ist kein gutes Benehmen, außerdem werden ihre Eltern wahrscheinlich wütend oder schlimmer, sie kriegen einen Schreck.«
    Warum taten alle mir gegenüber bloß immer so ungeheuer erwachsen? Sogar ein Versager, Hosenscheißer und Jammerlappen wie der hier glaubte, er könne sich herausnehmen, mir Lebensregeln beizubringen.
    »Hör zu«, sagte ich, bevor mir endgültig der Geduldsfaden riss. »Du kannst mich auch gerne hier rauswerfen, da du diese Kiste schon mal zum Stehen gebracht hast. Ja, eigentlich …«, und ich öffnete die Tür.
    »Warte!«, rief er und zog sie zu, bevor ich aussteigen konnte. »Wohin willst du denn bei diesem Regen?« Er legte den Kopf auf das Steuer und seufzte. Wahnsinn! Für ihn ging es offenbar sowohl um ein moralisches als auch um ein religiöses Problem. »Bist du wirklich sicher?«, fragte er mich.
    »Verfluchte Scheiße!«, schrie ich. »Ich habe dich dabei erwischt, wie du von der Straße aus heimlich den Arsch meiner Schwester angegafft hast, und du unterstellst mir hier wer weiß was?«
    Ich hatte ins Schwarze getroffen. Mit einem Ausdruck maßlosen Entsetzens sah er den unwürdigen Moment seiner jüngsten Vergangenheit wieder vor sich. Er ließ die Bremse los, legte den Gang ein und beschleunigte.
    »Bist du dir wenigstens sicher, dass sie sich für dich interessiert?«
    »Wieso?«, gab ich zurück. »Warst du dir sicher?«
    »Nein«, räumte er schließlich ein. »Das nicht.«
    »Gut, dann setzen wir diesen absurden Dialog jetzt auch nicht länger fort.«
    Wahrscheinlich hatte er nicht ganz unrecht, zugegeben. Aber daran dachte ich erst, als wir vor Chiaras Haus ankamen, einem unscheinbaren Mietshaus mit vier Stockwerken. Mir kamen Zweifel, ob ich nicht zu schnell und unüberlegt handelte.
    »Wir sind da«, sagte Mauro, als hätte ich nicht gemerkt, dass er angehalten hatte.
    Ich legte eine Hand auf den Türgriff. Der Regen floss in Strömen über das Autofenster, diese Regennacht war wenig einladend, was auch immer man
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