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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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in den Jeep zu setzen.
    Die holprige Fahrt brachte sie auf ein Revier der Guardia Civil in Morro Jable, wo Hauptmann Alvarez sie freundschaftlich empfing. Vaters Fuß wurde untersucht, und landestypische Getränke wurden gereicht, um auf das gute Ende eines großen Abenteuers anzustoßen. Dann brachte man sie ins Hotel. Vater brabbelte auf der Fahrt ununterbrochen vor sich hin.
    »Mann, Mann, Mann. Mit euch Russen erlebt man was.«
     
    »Dolle Geschichte«, sagte ich, »das war ja ein richtiges Abenteuer.«
    »Der Mann hätte euch erschießen können«, schluchzte Mutter ergriffen.
    »Ja, Luise, die Situation war nicht ganz ungefährlich«, sagte Vater, »aber wir hatten sie jederzeit im Griff.«
    »Und wie geht’s nun weiter?«, fragte ich. »Ihr habt im Suff eine Tür zerstört. Da kommt doch noch was nach …«
    »Kain Prrobläm«, sagte Darya, »dickärr Mann macht. Alläs gutt.«
    Das war es in der Tat. Hauptmann Alvarez erledigte alle Formalitäten und traf sich noch dreimal mit Darya, um jeweils Vollzug zu melden. Meiner Meinung nach hatte er sich ein wenig in die exzentrische Russin verliebt, eventuell förderte auch der Umschlag, der diskret in seine Uniformtasche wanderte, die binationale Verbundenheit.
    Vater, Rostislav und Artjom hatte die Expedition einander nähergebracht, man sah sie nun Abend für Abend gemeinsam an der Bar, wo sie sich vor den anderen Gästen mit ihren Erfahrungen brüsteten. Im Vorbeigehen schnappte man Worte auf wie »Nazi-Gold«, »Schusswechsel« oder »Kalaschnikow«.
    »Papa«, raunte ich Vater zu, »es war nur ein Luftgewehr.«
    Wir nahmen unseren Ferienalltag wieder auf, als wäre nichts gewesen. Die restlichen Tage trübte kein Wölkchen den Horizont, weder mental noch meteorologisch. Ich hatte immer noch mit den Folgen der leichten Fischvergiftung zu kämpfen, die ich mir in der Tapas-Bar zugezogen haben musste. Ich nutzte sie als willkommene Ausrede, um dem Kinderbespaßungsprogramm am Strand zu entgehen.
    Hauptmann Alvarez ließ es sich nicht nehmen, uns zum Flughafen zu eskortieren. Dank seines gewichtigen Auftretens gab es auf dem Rückflug keinerlei Probleme mit dem Übergepäck. Wir wurden Zeugen einer dramatischen Abschiedsszene zwischen Marlene und ihrem dänischen Allroundbetreuer, an den Händen der Babuschkas beobachteten die Blagen verlegen den Gefühlsausbruch ihrer Mama.
    Als wir im Flieger saßen, sagte Mutter: »Kinder, war das nicht ein schöner Urlaub? Was haben wir für einen Spaß gehabt!«
    Wir konnten ihr nur beipflichten. Das Flugzeug startete, mindestens zehn Kleinkinder brüllten. Gelassen setzte ich mir Daryas Schlafbrille auf und stopfte mir Ohropax fest in die Gehörgänge. Ruhe, dachte ich, himmlische Ruhe.

[home]
    25
    D as zarte Gefühl familiärer Eintracht hielt in Hamburg nur kurz an. Artjom wunderte sich, dass Alexej ausgezogen war.
    »Dein Großvater ist eben ein echter Naturbursche«, erklärte ich, »den zieht’s raus ins Grüne.«
    »Und was sagt Mam dazu?«, fragte Artjom.
    »Keine Ahnung, aber wir werden es bald erfahren.«
    Darya erlitt einen Nervenzusammenbruch, als sie feststellte, dass ihr Schwiegervater sich nicht nur häuslich auf der Datscha eingerichtet, sondern auch einen Gutteil des Rasens für ein herzförmiges Beet geopfert hatte, in dem blutrote Stiefmütterchen keck ihre Köpfe den spärlichen Sonnenstrahlen entgegenreckten. Zudem hatte er ihre Gobelins abgehängt und durch großformatige Poster ersetzt, die Landschaften in Cornwall zeigten.
    Stinksauer stürmte sie in die Kanzlei und beschimpfte mich, natürlich war ihr klar, wer hinter diesem perfiden Plan steckte. Ich ließ die Tirade ungerührt über mich ergehen und nippte an einem Fencheltee, der meinen Magen beruhigen sollte.
    »Dascha«, sagte ich sehr lieb, »das musst du verstehen. Bei uns ist nicht genug Platz. Wenn Artjom und ich weiter Wand an Wand mit Deduschka schlafen müssen, wird das nie was mit Enkelkindern.«
    Ein Totschlagargument, damit hatte ich sie.
    Alexej allerdings hatte nicht vor, sich das Leben durch einen fortwährenden Kleinkrieg mit seiner Schwiegertochter zu versauen. Nachdem er Frau Hinrichs hinlänglich von den Vorzügen des Landlebens überzeugt hatte, zogen sie gemeinsam durch die Kleingartenkolonien der Hansestadt und pachteten schließlich ihre eigene Datscha im Eppendorfer Moor. Eine ganz wunderbare Lösung, jetzt konnten wir würfeln, wo wir in Zukunft grillen wollten.
     
    Vater fand, dass Eika während seiner Abwesenheit
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