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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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dem.«
    »Zwingt dich doch keiner, für ihn zu arbeiten.«
    »Wenn das so einfach wäre«, Bernhard verfiel in einen klagenden Ton, »aber ich habe da am Anfang ein paar Sachen für ihn gedreht, nun ja, und jetzt ist es irgendwie ganz schwierig …«
    »Bernhard, Bernhard«, sagte ich genüsslich, »da bist du wohl in etwas hineingeraten, dessen Tragweite du noch gar nicht abschätzen kannst. Tja, Geldgier macht bekanntlich blind.«
    Pupsik hatte sich während der Unterhaltung auf meinem Arm versteift und begann zu knurren.
    »Oh, ich glaube, er mag dich nicht«, stellte ich fest und wandte mich zum Gehen. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment wuchtete sich Bernhards Freundin auf uns zu, seit der Geburt hatte sie nicht wirklich wesentlich an Gewicht verloren. Vladimir und der Walfisch, dachte ich beschwingt, Bernhard ist nicht zu beneiden. Spontan gab ich Pupsik einen Kuss.
     
    In der Kanzlei kämpfte ich tapfer, aber auf verlorenem Posten mit meinen Mandanten. Irina befand sich auf einem Heimataufenthalt. Als ich sie um ihr konkretes Rückreisedatum bat, hatte sie gesagt: »Weiß nicht. Aber wenn ich wieder da, ich melde mich.«
    Das war vier Wochen her, und ich fragte mich, wie ich so blöd gewesen sein konnte, ihr Urlaub zu genehmigen.
    Zur Unterstützung hatte ich Rostislav angefordert, der sich gern als Dolmetscher und zusätzlicher Lebensberater zur Verfügung stellte. Leider waren seine Vorstellungen von vernünftiger Problemlösung nicht deckungsgleich mit meinen. Ich war stets um Kompromisse und Ausgleich bemüht, er hielt es eher mit dem Rat »Auge um Auge, Zahn um Zahn«.
    Als Sekretär taugte er gar nicht, oft vergab er einen Termin mehrmals. So saßen wir dann mit drei Klienten gleichzeitig zusammen, die interessiert den Fällen der anderen lauschten und sich gegenseitig die wahnsinnigsten Tipps gaben.
    Einen gerade in Hamburg eingetroffenen orthodoxen Armenier, der unmittelbar von Heimweh geplagt wurde und auf Empfehlung zu uns gefunden hatte, schickte Rostislav zu einem in der Nähe gelegenen türkischen Kulturverein.
    »Bist du verrückt?«, fragte ich ihn. »Ich hab’s dir doch aufgeschrieben. Hier, die Adresse vom armenischen Kulturverein.«
    »Armänisch, turkisch, egal«, sagte Rostislav, »Kulturr ist Kulturr.«
    Wir sahen den armen Mann nie wieder.
    Dann stand eines Tages Irina in der Tür, sagte: »Ich bin da«, setzte sich und fing an zu arbeiten. Nach zwei Tagen hatte sie das Chaos durchorganisiert. Rostislav war untröstlich, dass seine Hilfe nicht mehr vonnöten war. Das Leben ging seinen geregelten Gang.
     
    Sowieso war alles wie immer. Lena und Mischa hatten sich in der Wolle und schauten abwechselnd bei mir vorbei, um sich über den jeweils anderen zu beschweren. Diesmal sorgte Lenas berufliches Fortkommen für zwischenmenschliche Diskrepanzen.
    Sie hatte ihre Dissertation abgeschlossen und war nun Frau Dr. phil. Am liebsten hätte sie wissenschaftlich gearbeitet, an der Universität Hamburg war jedoch kein Job frei. Dafür zeigte sich die Universität Konstanz interessiert. Süddeutschland war jedoch als Arbeitsplatz indiskutabel.
    Lena wollte sich nun weiter im norddeutschen Raum bewerben, hatte allerdings keine Lust, »faul zu Hause auf dem Sofa zu liegen«. Deshalb schlug sie Mischa vor, dass sie in dieser hoffentlich überschaubaren Übergangszeit einen Teil seiner geschäftlichen Aufgaben übernehmen könne. So hätte man auch mehr Zeit füreinander. Das lehnte ihr Gatte kategorisch ab.
    »Ha!«, sagte Lena. »Er hat irgendetwas vor mir zu verbergen. Wahrscheinlich hat er eine Freundin. Ich hab’s doch gewusst.«
    »Ha!«, sagte Mischa. »Alle werden denken, dass ich pleite bin. Die Frau des Chefs muss mitarbeiten, werden sie sagen. Das kommt überhaupt nicht in Frage.«
    »Er denkt, dass ich blöd bin«, jammerte Lena, »er traut mir nicht zu, dass ich die Buchhaltung führen kann.«
    »Wie stellt sie sich das denn vor?«, jammerte Mischa, »will sie etwa nachts hinterm Tresen stehen? Dafür hat sie doch nicht Philosophie studiert.«
    »Dann gehe ich eben nach Konstanz«, trotzte Lena.
    »Soll sie doch gehen. Dasswidanja«, trotzte Mischa.
    Ich beobachtete die erneute Ehekrise mit freundschaftlichem Interesse, weigerte mich aber, Ratschläge zu erteilen, für die ich später zur Verantwortung gezogen werden könnte. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, dachte ich, hörte beiden mitfühlend zu und saß das Problem einfach aus.
    Meine Erfahrung trog mich nicht. Lena
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