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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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dramatisch zugenommen hatte. Wir mussten zugeben, dass die Hündin um die Hüften herum etwas verfettet wirkte.
    »Sie hat gerade erst geworfen«, wandte ich zu beider Verteidigung ein.
    »Das ist kein Grund, sich gehenzulassen«, entschied Vater und unterzog den Weimaraner einem strengen Trainingsprogramm.
    Langsam musste man sich auch Gedanken darüber machen, was mit den Welpen geschehen sollte. Am liebsten hätte Darya alle genommen, doch Rostislav probte den Aufstand. Vier Hunde seien wahrlich genug, man müsse auch mal an die Kosten denken, das Hundefutter, der Tierarzt, wer das denn eigentlich alles bezahlen solle? Nun gut, vielleicht noch ein Hund, ein kleiner. Aber klein waren sie alle. Er konnte sich nicht entscheiden und nahm lieber einen zweiten dazu, ob nun fünf oder sechs, das sei dann auch egal. Darya war zufrieden.
    Meine Eltern behielten einen Welpen, auch Alexej und Frau Hinrichs beschlossen, dass das neue Heim eines Wachhundes bedürfe. Einen der putzigen Kerle wollten wir Heikes Eltern schenken, auf dem Hof würde er ein herrliches Leben führen.
    Einer blieb übrig. Alle schauten mich an.
    »O nein«, sagte ich, »kein Hund. Nie im Leben. Artjom ist ständig unterwegs, und ich habe auch keine Zeit, mich um ein Tier zu kümmern.«
    »Och, weißt du …«, sagte Artjom.
    Also war es beschlossene Sache. Man drückte uns das kleinste und missgestaltetste Fellknäuel in den Arm. Er war noch struppiger als seine Geschwister, hatte die Farbe einer Ratte, krumme Beine und einen enormen Unterbiss. Er jaulte drei Nächte durch, nachdem wir ihn zu uns nach Hause geholt hatten, und schiss ins Badezimmer.
    »Der Ärmste«, sagte Artjom, »er vermisst sicher seine Mutter.«
    »Wenn er so weitermacht, wird er bald das Leben an sich vermissen«, erwiderte ich.
    »Sei nicht so herzlos, Paula. Was hältst du davon, wenn wir ihn Pupsik nennen?«
    »Das passt zu ihm.«
    Wie ich es geahnt hatte, oblag es mir, Pupsik zu erziehen und ihn davon zu überzeugen, stubenrein zu werden. Ich probierte es mit gutem Zureden, Geduld und Liebe, kaufte einen Hunderatgeber, den ich nach ihm schmiss.
    Nichts half. Pupsik entleerte seinen Darm weiter neben unserer Toilette. Seine Blase hatte er besser unter Kontrolle, anstandslos strullerte er bald draußen auf die Wiese.
    Ich führte ihn dem Tierarzt vor, der Pupsiks Verhalten höchst ungewöhnlich fand und keinen Rat wusste.
    »Haben Sie Geduld, Frau Matthes«, sagte er, »das wird schon irgendwann. Ist ja nicht so schlimm bei dem kleinen Kerl. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Dogge.«
    Scherzkeks, dachte ich und ging.
    Dann kaufte ich ein Katzenklo und stellte es ins Badezimmer. Pupsik war begeistert, unser Problem gelöst. Mein Mann war entsetzt.
    »Er geht auf die Katzentoilette? Ist der schwul?«
    »Herrgott, Artjom, was ist das denn für eine Logik?«
    »Mein Hund geht auf keine Katzentoilette!«
    »Bitte sehr«, sagte ich, »dann kümmere du dich um ihn. Ich habe es jedenfalls satt, dass mir morgens Hundekacke unter der Fußsohle klebt.«
    Die Diskussion war erledigt.
     
    Der von mir gepriesene Hamburger Frühling hielt tatsächlich Einzug in die Stadt. An einem sonnigen Apriltag schlenderte ich mittags mit dem Hund auf dem Arm über den Isemarkt. Ich wollte Artjom abends mit kleinen Köstlichkeiten überraschen, auf Pupsiks Speiseplan stand frisches Rinderherz.
    Vor mir tauchte unerwartet Bernhard nebst Familie auf. Seine Brut trug er in einem dieser angesagten Tragebeutel vor den Körper geschnallt. Es sah dämlich aus. Die Mutter seines Kindes war an einem Bio-Stand in ein Gespräch vertieft. Ich duckte mich weg. Zu spät. Er hatte mich leider gesehen.
    Ihm war das Zusammentreffen genauso unangenehm wie mir, peinlich berührt sagte er: »Oh, hallo, Paula. Na, äh, wie geht’s?«
    »Spar dir dein Gesülze«, erwiderte ich.
    »Was ist das denn?«, er deutete auf Pupsik, »soll das ein Hund sein? Gott, ist der hässlich.«
    »Stimmt. Aber es ist zum Glück nur ein Hund«, sagte ich mit Blick auf das schiefköpfige Baby vor seinem Bauch und schob ein »Wächst sich das noch zurecht, oder bleibt das so?« hinterher.
    Einen Augenblick schwiegen wir uns bösartig an. Dann siegte meine Neugier.
    »Wie läuft’s in der Kanzlei? Kommst du gut klar mit Vladimir?« Bernhard zuckte zurück.
    »Du kennst ihn?«
    »Natürlich. Ein alter Freund der Familie.«
    Er zog mich beiseite und wisperte: »Der Typ ist mir ein bisschen unheimlich. Manchmal habe ich richtig Angst vor
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