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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig
Autoren: K. H. Scheer
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1.
     
    »Das Was­ser ist kost­bar, das Was­ser ist naß, hur­ra – hur­ra, wie schmeckt uns das!«
    »Lau­ter das ›Hur­ra‹, mei­ne Her­ren, viel lau­ter. Sie wol­len doch nicht et­wa schlapp­ma­chen? Nach nur drei Stun­den in die­ser lä­cher­lich klei­nen Wüs­te? Wat­cher, einen Straf­punkt für Sie. Was, zur Höl­le, den­ken Sie wohl, wie wert­voll ei­ne Sau­er­stoff-Fla­sche mit hun­dert Li­tern ist, wenn Ih­re Lun­gen da­nach lech­zen? Auf der Ta­ges­sei­te des Mon­des herr­schen noch an­de­re Tem­pe­ra­tu­ren, nur kann man dort nicht so gut at­men wie hier in dem Sand­fleck­chen. Wat­cher, so­fort aus­schei­den! Sie wer­den ent­las­sen. Ich kann mich nicht er­in­nern, Ih­nen den Be­fehl zum Öff­nen des Druck­helms er­teilt zu ha­ben. Blei­ben Sie hier ste­hen. Der Schrau­ber holt Sie ab. Na los schon!
    Und nun wei­ter, mei­ne Her­ren! Den Ge­sang nicht ver­ges­sen.«
    Die ro­ten Schlei­er vor mei­nen Au­gen lich­te­ten sich et­was, doch der Schweiß rann wei­ter­hin über mein auf­ge­dun­se­nes Ge­sicht. Ich muß­te völ­lig ent­stellt aus­se­hen.
    Mei­ne Hand tas­te­te lang­sam nach oben, wo ir­gend­wo auf dem fes­ten Form­stück der Kom­bi­na­ti­on der Knopf sit­zen muß­te. Ich drück­te wie­der und wie­der; aber es ge­sch­ah nichts.
    Trotz mei­ner auf­ge­sprun­ge­nen Lip­pen stieß ich kräf­ti­ge Flü­che aus. Die Schwin­gun­gen wur­den vom Helm­mi­kro­phon auf­ge­nom­men und dran­gen ver­stärkt aus dem Laut­spre­cher des trag­ba­ren Funk­sprech­ge­rä­tes, das an der Schul­ter un­se­res Aus­bil­ders bau­mel­te.
    Ich sah ihn la­chen. Sei­ne gel­ben Pfer­de­zäh­ne wa­ren hin­ter den schma­len Lip­pen zu er­ken­nen. Hö­ren konn­te ich ihn nicht, da er nicht in sein Mi­kro­phon ge­lacht hat­te. Im­mer­hin ge­nüg­te schon die Mund­be­we­gung, um mich zur Weiß­glut zu rei­zen.
    Wat­cher tau­mel­te aus der Rei­he und brach ne­ben uns zu­sam­men.
    Aus, Wat­cher – kei­ne Chan­ce mehr! Im GWA-Trai­nings­la­ger ›Höl­len­tor‹ konn­te man sich kein Mit­leid leis­ten. Ent­we­der man hielt durch bis zum En­de, oder man wur­de von der Taug­lich­keits­lis­te ge­stri­chen.
    Wat­cher hat­te kei­ne Aus­sich­ten mehr, und das schi­en er zu wis­sen. Er war rest­los er­schöpft. Nach dem drei­stün­di­gen Ge­walt­marsch un­ter der glü­hen­den Sa­ha­ra-Son­ne war das nicht ver­wun­der­lich.
    Drei Stun­den, sa­gen Sie? Nichts, gar nichts be­deu­tet die­se Zeit­span­ne für den Wan­de­rer auf schat­ti­gen Wald­we­gen. Wie schwer mag der Ruck­sack ei­nes sol­chen Wan­de­rers sein? Zwan­zig Pfund oder gar drei­ßig.
    Was aber sind drei­ßig Pfund! Al­lei­ne un­se­re Raum­an­zü­ge wo­gen in der nor­ma­len Erd­gra­vi­ta­ti­on fünf­und­sech­zig Pfund. Das war die so­ge­nann­te ›fe­der­leich­te Son­der­an­fer­ti­gung‹.
    Da­zu ka­men noch die bei­den Druck­fla­schen aus mo­le­kül­ver­dich­te­tem Leicht­stahl, die Re­ge­ne­rie­rungs­an­la­ge mit dem Funk­sprech­ge­rät und au­ßer­dem die Kli­ma­an­la­ge mit der Mi­kro-Strom­bank nach dem Kot­cher-Ver­fah­ren.
    Wir tru­gen al­so Raum­an­zü­ge, die für Mond­ver­hält­nis­se zu­ge­schnit­ten wa­ren. Ins­ge­samt wog die Aus­rüs­tung 92,6 Pfund. Das wä­re noch ei­ni­ger­ma­ßen er­träg­lich ge­we­sen, wenn man uns nicht ge­zwun­gen hät­te, die halb­run­den, trans­pa­ren­ten Raum­hel­me zu schlie­ßen und aus­schließ­lich über die Sau­er­stoff­ver­sor­gung zu at­men. Al­les hat­te so zu sein, als mar­schier­te man ein­sam und ver­las­sen über die glü­hen­de Ta­ges­sei­te des Erdtra­ban­ten.
    Nichts an un­se­ren Kör­pern war un­be­deckt. Die Kunst­fa­ser­kom­bi­na­tio­nen hüll­ten uns von Kopf bis Fuß ein. An den brei­ten Ma­gnet­gür­teln hin­gen zahl­rei­che Ge­gen­stän­de, Hilfs­werk­zeu­ge und die Waf­fe. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung die­ser Ge­rät­schaf­ten wur­den un­se­re Kör­per mit mehr als ein­hun­dert Pfund be­las­tet.
    Ei­ne Höl­le war es; ei­ne ge­nau auf äu­ßers­te In­an­spruch­nah­me be­rech­ne­te Höl­le. In den ers­ten Ta­gen hat­ten die Wüs­ten­mär­sche bei ei­ner Be­las­tung von fünf­zig Pfund
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