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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig
Autoren: K. H. Scheer
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die nack­ten Stein­wän­de ei­nes Mond­kra­ters zu er­klim­men, denn di­rekt da­hin­ter liegt das La­ger mit Was­ser, Pro­vi­ant und küh­len Räu­men. Di­rekt da­hin­ter. Auf denn, ihr Hel­den. Lä­cher­li­che hun­dert Pfund. Et­was mehr na­tür­lich, aber was macht das aus? Sin­gen wir das schö­ne Lied vom küh­len und nas­sen Was­ser.«
    Al­les, aber auch al­les war dar­auf ab­ge­stimmt, uns noch im letz­ten Au­gen­blick um un­ser Durch­hal­te­ver­mö­gen zu brin­gen. Heu­te hat­ten wir fünf­und­zwan­zig Mei­len in der schwe­ren Aus­rüs­tung zu­rück­zu­le­gen. Ein Schwäch­ling hät­te be­reits nach zehn Mi­nu­ten auf­ge­ge­ben. Wir be­stan­den nur noch aus Seh­nen und Mus­keln. Das letz­te Gramm Fett war schon nach ei­ner Wo­che ver­schwun­den.
    »Was­ser, Was­ser«, stöhn­te mein Vor­der­mann.
    Nach ei­ner hal­b­en Stun­de wur­de ei­ne Ru­he­pau­se ein­ge­legt. Wir san­ken auf die Stei­ne, als hät­te man uns die Bei­ne un­ter dem Kör­per weg­ge­zo­gen. Un­ter dem Ober­hang gab es we­nigs­tens et­was Schat­ten, doch Sku­pin be­ton­te so­fort:
    »Nur zehn Mi­nu­ten! Sie müs­sen schnells­tens wei­ter. Ver­ges­sen Sie nicht, daß Sie sich laut Pro­gramm auf dem Mond be­fin­den. Ihr Sau­er­stoff­vor­rat geht zur Nei­ge, in­fol­ge­des­sen müs­sen Sie das ret­ten­de La­ger schnells­tens er­rei­chen.«
    Die Tor­tur war noch nicht zu En­de. Nach wei­te­ren vier Stun­den er­reich­ten wir zu To­de er­schöpft den Wa­di, wo die Ma­schi­nen war­te­ten. Der letz­te Marsch war über­stan­den.
    Als ich in einen Flug­schrau­ber tau­mel­te, frag­te Oberst el Ha­mid, Kom­man­dant des här­tes­ten Trai­nings­camps der GWA, ge­las­sen:
    »Was sind Sie, HC-9? Ein ak­ti­ver Agent oder ein nor­ma­ler Mensch?«
    Mit zit­tern­den Hän­den ließ ich mei­nen Helm in den Schar­nie­ren auf den Rücken klap­pen. Herr­li­che, an­ge­neh­me Luft um­strich mein Ge­sicht. Plötz­lich hör­te der Schweiß­aus­bruch auf, der von der En­ge des Druck­helms er­zeugt wor­den war.
    Die Haut be­gann sich zu span­nen. Es war, als hät­te sie in den we­ni­gen Au­gen­bli­cken den letz­ten Was­ser­trop­fen ver­lo­ren, mei­ne Zun­ge war wie ein Blei­klum­pen. Jetzt be­gann der to­tal er­mat­te­te Kör­per das Ge­wicht der Aus­rüs­tung wie­der zu spü­ren. Wä­re sie nicht so sorg­fäl­tig über den gan­zen Kör­per ver­teilt ge­we­sen, hät­ten wir die­sen Ge­walt­marsch nicht über­ste­hen kön­nen.
    »Sie sind doch nicht et­wa er­mat­tet, Ma­jor?« klang die Stim­me wie­der auf. »Den Marsch ha­ben Sie hin­ter sich. An­ge­nom­men, Sie wä­ren nun in der Mond­sta­ti­on, dann müß­ten Sie na­tür­lich noch die stil­lie­gen­den Ma­schi­nen zum An­lau­fen brin­gen. Das Kraft­werk be­sitzt als Ener­gie­quel­le einen Mi­kro­mei­ler. Sor­gen Sie da­für.«
    Der Flug­schrau­ber mit den zur Zeit aus­ge­fah­re­nen Kreis­sä­gen-Ro­to­ren war ge­nau ei­ner Mond­sta­ti­on nach­ge­bil­det. Man muß­te wis­sen, wo man die ein­zel­nen Ag­gre­ga­te zu fin­den hat­te. Es wä­re völ­lig sinn­los ge­we­sen, im letz­ten Au­gen­blick noch auf­zu­ge­ben.
    Ich wank­te nach hin­ten und fuhr den Mei­ler hoch, nach­dem ich die Not­strom­bank auf Ener­gie kon­trol­liert hat­te. Sie war zur Ver­sor­gung des klei­nen elek­tro­ni­schen Schal­t­au­to­ma­ten er­for­der­lich.
    Der Re­ak­tor lief an. Der Um­for­mer stell­te den Ar­beitss­trom be­reit. Erst jetzt konn­te ich die Kli­ma­an­la­ge und den Re­ge­ne­ra­tor ein­schal­ten.
    Auf den Kni­en rut­schend, er­reich­te ich doch noch die Wass­er­zis­ter­ne. Ei­ne Fern­seh­ka­me­ra mit Weit­win­kel­ob­jek­tiv nahm haar­ge­nau mei­ne Schluck­be­we­gun­gen auf. In der nächs­ten Ma­schi­ne, von der aus die Be­ob­ach­tung vor­ge­nom­men wur­de, muß­ten mei­ne zer­platz­ten Lip­pen stark ver­grö­ßert auf dem Bild­schirm er­schei­nen und den Me­di­zi­nern ver­ra­ten, ob ich mit der er­for­der­li­chen Vor­sicht die ers­ten Was­ser­trop­fen zu mir nahm.
    Nach die­ser Er­fri­schung schlepp­te ich mich auf das ein­fa­che Klapp­bett. Den Raum­an­zug be­hielt ich an, da es nicht zur Vor­schrift ›Not­fall‹
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