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Fahr zur Hölle

Fahr zur Hölle

Titel: Fahr zur Hölle
Autoren: Kathy Reichs
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    Rückblickend betrachte ich es als die Rennwoche im Regen. Fast jeden Tag Gewitter. Okay, es war Frühling. Aber diese Unwetter waren der Hammer.
    Letztendlich hat Summer mir das Leben gerettet.
    Ich weiß. Das klingt bizarr.
    Aber hier ist die Geschichte.
    Dralle, dunkle Wolken hingen tief über der Erde, aber bis jetzt regnete es noch nicht.
    Glück gehabt. Den Vormittag hatte ich damit zugebracht, eine Leiche auszubuddeln.
    Klingt makaber? Gehört zu meinem Job. Ich bin forensische Anthropologin. Ich berge und untersuche Tote, die sich in weniger als frischem Zustand präsentieren – die Verbrannten, Mumifizierten, Verstümmelten, Zerstückelten, Verwesten und Skelettierten.
    Okay. Der Untersuchungsgegenstand des heutigen Tages war nicht unbedingt eine Leiche. Ich hatte nach übersehenen Körperteilen gesucht.
    Die Kurzversion. Im letzten Herbst verschwand eine Hausfrau aus ihrem ländlichen Zuhause in Cabarrus County in North Carolina. Vor einer Woche, ich war zu der Zeit noch auf einem Arbeitsurlaub in Hawaii, gestand ein Lastwagenfahrer, die Frau erwürgt und ihre Leiche in einer Sandgrube vergraben zu haben. Die örtliche Polizei hatte sich ungeduldig mit Schaufeln und Eimer auf den Weg gemacht. Sie lieferte die Knochen in einem Karton für Motts Apfelsauce bei meinem Arbeitgeber, dem Büro des Medical Examiners im benachbarten Mecklenburg County, ab.
    Gestern hatte ich, noch in voller Aloha-Bräune, meine Untersuchung begonnen. Ein Skelettinventar zeigte, dass Zungenbein, Warzenfortsatz und alle oberen Schneide- und Eckzähne fehlten.
    Keine Zähne, keine dentale Identifikation. Kein Zungenbein, kein Beweis für die Strangulation. Dr. Tim Larabee, der Medical Examiner des Mecklenburg County, bat mich, die Fundstelle im Sand noch einmal abzusuchen.
    Normalerweise nervt es mich, anderer Leute Fehler ausbügeln zu müssen. Aber heute war ich vergnügt.
    Die fehlenden Teile hatte ich sehr schnell gefunden und an das Institut des MCME nach Charlotte geschickt. Ich war unterwegs zu einer Dusche, einem späten Mittagessen und Zeit mit meiner Katze.
    Es war 13 Uhr 50. Mein schweißnasses T-Shirt klebte mir am Rücken. Meine Haare waren zu einem zerzausten Knoten zusammengefasst. Sand klebte mir auf der Kopfhaut. Trotzdem summte ich. Al Yankovitch, White and Nerdy. Was soll ich sagen? Ich hatte mir auf YouTube ein Video angeschaut, und die Melodie ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Wind rüttelte an meinem Mazda, als ich auf die I-85 in Richtung Süden fuhr. Mit leichtem Unbehagen schaute ich zum Himmel hoch und stellte dann im Radio NPR ein.
    Terry Gross beendete eben ein Interview mit W. S. Merwin, dem amerikanischen Poeta laureatus. Beiden waren die Bedingungen außerhalb meines Autos ziemlich gleichgültig.
    Verständlich. Die Sendung wurde in Philadelphia produziert, fünfhundert Meilen nördlich von Dixie.
    Terry witzelte eben über einen kommenden Gast. Den Namen verstand ich nicht.
    Piep! Piep! Piep!
    Der nationale Wetterdienst hat eine Unwetterwarnung für die Vorgebirgs-Countys von North Carolina ausgegeben, darunter Mecklenburg, Cabarrus, Anson, Stanley und Union. Es wird erwartet, dass innerhalb der nächsten Stunde schwere Gewitterstürme durch das Gebiet ziehen. Niederschlagsmengen zwischen drei und neun Zentimetern werden prognostiziert, plötzliche Überschwemmungen drohen. Atmosphärische Bedingungen begünstigen das Entstehen von Tornados. Bleiben Sie auf diesem Sender für neueste Informationen.
    Piep! Piep! Piep!
    Ich packte das Lenkrad fester und beschleunigte auf fünfundsiebzig Meilen. Riskant in einer Fünfundsechzig-Zone, aber ich wollte vor dem Wolkenbruch zu Hause sein.
    Augenblicke später wurde Terry schon wieder unterbrochen, diesmal von einem gedämpften Tatü-Tata.
    Mein Blick schnellte zum Radio.
    Tatü!
    Ich kam mir blöd vor und schaute in den Rückspiegel.
    Ein Streifenwagen klebte mir an der Stoßstange.
    Verärgert fuhr ich an den Rand und ließ mein Fenster herunter. Als der Polizist erschien, zeigte ich ihm meinen Führerschein.
    »Dr. Temperance Brennan?«
    »Leider etwas derangiert.« Ich strahlte ihn mit einem, wie ich hoffte, gewinnenden Lächeln an.
    Der Gesetzeshüter strahlte nicht zurück. »Das ist nicht nötig«, sagte er und deutete auf meinen Führerschein.
    Verwirrt schaute ich den Kerl an. Er war Mitte zwanzig, schlank und hatte einen Pennäler-Schnauzbart, der nicht recht wachsen wollte. Auf dem Schild auf seiner Brust stand R. Warner.
    »Das Concord Police
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