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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten
Autoren: Gabriella Pape
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wäre die Terrasse ein Stück weit ab vom Haus mitten auf dem Rasen. Hier brauchte es den Mut, sich draußen mitten in die Wildnis zu setzen, rundum gut beobachtet, den Blicken aller Welt ausgesetzt. Auch wenn keiner wirklich guckt, fühlt man sich hier nicht geborgen, nicht geschützt. Man kommt aus dem Haus und ist mitten in der Prärie. Hier wäre die Terrasse nicht mehr dieser Übergang zwischen Haus und Natur, hier wäre sie einfach eine Plattform im Grünen. Kaum jemand sitzt wirklich gern mit dem
Rücken zum offenen Raum, besonders die Herren nicht, das behaupten jedenfalls Statistiken.
    Eine Ausnahme sei aus eigener Erfahrung erzählt: In unserem Garten in England, es war schon die Rede davon, leisteten wir uns eine Terrasse weit weg vom Haus, am anderen Ende des Gartens, hinter der schönsten Staudenpflanzung. Um dorthin zu gelangen, war der Garten in seiner gesamten Länge, immerhin fünfzig Meter, zu durchwandern. So konnte man sich an allem erfreuen, was der Garten hergab, um sich dann - bevorzugt am Abend - an diesem reizenden Ort mit wundervollem Blick über die Cotswolds zu entspannen. Voraussetzung allerdings für eine solche Feierabendterrasse ist das Vorhandensein einer Haupthausterrasse, des Garten-Wohn-Esszimmers direkt am Haus.

    Sitzplätze sind emotionale Einladungen, die ganz unterschiedliche Stimmungen schaffen können. Die einen sind ganz praktisch zu nutzen, sie laden ein, etwa ein Buch zu lesen, in der Abendsonne zu sitzen, allein oder gemeinsam. Andere sind Orte, an die wir vielleicht nur selten oder nie gehen, die aber Bilder aus unseren Träumen erzeugen, von Romantik, von Stille, von morbidem Zauber. Sie dienen nur unseren Blicken - und entzücken uns.
    In meinem eigenen Garten stand ein kleines grünes Tischchen mit zwei roten Stühlen, farblich abgestimmt mit blauem Geranium und roten Knautia, ein wunderschönes Stillleben - man frage bitte nicht, wie oft ich dort saß. Ebenso gab es einen kleinen Gartenraum mit einer Hängematte, winzig nur,
gerade einmal so viel Platz für eben diese Hängematte. Nicht ein einziges Mal habe ich es geschafft, darin zu liegen, aber es war eine Herzensangelegenheit. Und als ich dann doch einmal dort entspannen wollte, ist der morsche Stützast gebrochen. Wie geheimnisvoll doch ein Rosenbogen mit einem Stuhl darunter wirken kann, auch wenn, oder gerade weil er stets leer bleibt. Es lässt sich aber vorstellen, es säße eine Dame da, in einem Buch lesend, die Dame mit dem grünen Daumen vielleicht. Doch da Frauen, die lesen, bekanntlich gefährlich sind, ist es gar nicht mal verkehrt, wenn der Stuhl weiterhin leer bleibt.
    Allein die Möglichkeit, sich an diesem Ort, auf dem einsamen Stuhl, der morschen Bank, am rostigen Tischchen, von Rosen umgeben niederlassen zu können, dort zu sitzen und nichts zu tun, schafft eine einladende Geste im Garten - eine Sehnsucht für viele, auch für die, die von draußen nur hereinschauen. Die meisten Sitzgelegenheiten im Garten bleiben fast immer Gesten an die Seele, und so soll es auch sein.

    Zu einem letzten Gestaltungselement, der Beleuchtung . Diese können wir künstlich einsetzen durch eingebaute Lampen, elektrisch oder solar, als Feuer oder Fackel, im Gegensatz zur natürlichen Beleuchtung, der Sonne in ihrem Zenit, den Schatten der Bäume, dem Tageslicht bei Bewölkung, der aufgehenden und untergehenden Sonne, der Dämmerung oder bei Nebel.
    Natürliches Licht ist die göttliche Beleuchtung. Sie ist von vornherein in unsere gartengestalterische Planung mit einzubeziehen,
sie ist der Ausgangspunkt zahlreicher Entscheidungen: Wo pflanzt man die Bäume, damit sie den Garten, die Beete in zehn Jahren nicht verschatten. Das natürliche Licht entscheidet mit darüber, wie ich den Garten erleben will, wann ich im Schatten sitzen möchte, wie die heiße Mittagssonne auf dem Garten stehen soll - solche und sehr viel mehr Gesichtspunkte beeinflussen die Planung ganz wesentlichmit.
    Künstliche Lichtquellen haben vor allem eine Funktion in der Dunkelheit. Sie vermögen in unserem Garten Schwerpunkte zu setzen, sie erhöhen und liefern Charakter und Emotion. Beleuchtung steuert in einem Garten die Aufmerksamkeit des Blicks, weil nicht beleuchtete Orte, Pflanzen und Gegenstände ausgeblendet werden.
    Dunkelheit ist absolute Ausblendung. Tagsüber haben wir den ganzen Garten vor uns, nachts ein schwarzes Loch, in dem ein angestrahlter weißer Birkenstamm gespenstisch wirken kann oder das Geäst einer Korkenzieherhasel
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