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Meine Kriegsfahrten mit U-35

Meine Kriegsfahrten mit U-35

Titel: Meine Kriegsfahrten mit U-35
Autoren: Lothar von Arnauld de la Perière
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Mensch konnte uns ansehen, daß wir fünf Wochen nicht aus dem Dreck herausgekommen waren.

    „Wann laufen wir ein, Herr Kaleu," fragt mich Kohrs, der Leitende Ingenieur.
    „Heute abend bei Dunkelwerden. Lassen Sie man Ihre Nähmaschinen ordentlich laufen. Dann wird es vielleicht früher." —

    Ein Blick noch in die einzelnen Räume. Überall sehe ich strahlende, schmunzelnde Gesichter. Dann haue ich mich auf meine Koje und bemühe mich einzuschlafen, woran allerdings nicht zu denken ist, obwohl sich die Männer die größte Mühe geben, so leise wie möglich an meiner Koje vorbeizuhuschen. Die Nerven sind eben trotz der Müdigkeit zu überreizt. Aber ich wollte nachmittags vor dem Hafen, wo die U-Boot-Gefahr am größten eingeschätzt werden mußte, wieder frisch sein nach der durchwachten Nacht.
    Zehn Minuten mochte ich so gelegen haben, da schreckte ich hoch durch einen ohrenbetäubenden Knall über mir an Deck. Ich sackte förmlich zusammen. — Weiß der Teufel, was die da oben angestellt hatten! — Mit wenigen Sätzen war ich auf dem Turm.
    „Was ist hier los?" —

    Da stand die Wache und mein tüchtiger Obersteuermann Neumann, ein alter, erfahrener U-Boot-Fahrer, der gerade seine navigatorischen Beobachtungen machen wollte, in den Gesichtern alle Zeichen des Entsetzens. Sprachlos, mit weit aufgerissenen Augen stierten sie festgebannt auf einen Punkt, seitlich der Bordwand. Ich folge ihren Blicken und sehe, nur einen Meter von uns entfernt, in das gläserne Objektiv eines Sehrohres, das eisern im Nasser steht, mich unheimlich anstarrend, und dann leicht wie mit unsichtbarer Hand gedreht wird. Fast kann ich es mit den Händen greifen.

    Unser Boot war in voller Drehung, so daß unser Heck um wenige Zentimeter von diesem Sehrohr klar kam. Instinktiv hatte de Terra das Boot herumgeworfen, obwohl dieses Manöver kaum noch einen Sinn haben konnte, denn keine Macht der Welt konnte uns noch vor dem heranrufenden Torpedo retten. Im nächsten Augenblick mußte es einen wahnsinnigen Krach geben und wir alle miteinander mußten, in unsere Bestandteile zerlegt, irgendwo in der Luft herumwirbeln.

    Da passierte die Torpedolaufbahn das Boot genau Mitte unter dem Turm — und lief auf der anderen Seite weiter.

    Nichts war geschehen! — Unterschossen! — Vielleicht wenige Zentimeter unter unserem Kiel. — Noch ein Torpedo folgte dem vorhergehenden sozusagen auf den Fersen und ging unter dem Heck durch. Einem weiteren, der dann von achtern aufkam, konnten wir bequem ausweichen. Das Sehrohr jedoch blieb verschwunden.

    Das alles hatte sich in wenigen Sekunden abgespielt.

    Und nun berichtete de Terra, noch kalkweiß im Gesicht, nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte:
    Plötzlich sei an Steuerbordseite etwa 50 Meter ab die See weißgrün geworden - ein Ausstoßstrudel! Dahinter ein Sehrohr. Zwei Torpedolaufbahnen seien mit rasender Geschwindigkeit auf uns Zu gekommen. Die Kommandos „Hart Backbord! Dreimal Äußerste Kraft voraus!" habe er noch geben können. Dann sei zwei Meter von der Bordwand ein stählerner Riesenaal mit rotem Kopf — ein Torpedo — silberweiß aus dem Wasser geschnellt, als ob er auf den Turm hinauswollte. Schneidend hätten die nun in der Luft durchgehenden Propeller aufgeheult. Wie zur Abwehr hätten sie noch instinktiv den rechten Arm erhoben. Dann sei der Torpedo mit lautem Knall auf Deck aufgeschlagen und mit hellem Klirren auf den Stahlplatten, genau zwischen Turm und Geschütz entlanggeschliddert. Ein Aufklatschen aufs Wasser an Backbord und dann sei er weitergelaufen, als ob das so sein müßte Dann sei ich oben erschienen und das Weitere hätte ich ja selbst gesehen. —

    Ich muß meine Offiziere wohl etwas ungläubig angesehen haben, so unfaßbar schienen mir ihre Angaben. Wortlos zeigten sie mir das nach unten durchgebogene Geländer am Geschütz, sowie rote Farbspuren auf diesem und am Wellenbrecher des Turms.
    Ein Glück, daß Berger nicht gerade am Geschütz stand Das hatte ein nasser Todesritt werden können. Und ein Wunder, daß der Torpedokessel durch den Aufschlag nicht explodiert war. Hätte die vorn am Kopf sitzende Zündpistole auch nur einen Teil des Bootes berührt, so wäre es aus gewesen.

    Das war noch mal gut abgelaufen! Und so lagen wir bald wieder auf Kurs nach Cattaro.
    Ich verschwand nach unten und konnte mir de Terra gegenüber die Bemerkung nicht verkneifen, daß er als mein Torpedooffizier doch wenigstens die Type und Nummer des feindlichen Torpedos
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