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Meine Kriegsfahrten mit U-35

Meine Kriegsfahrten mit U-35

Titel: Meine Kriegsfahrten mit U-35
Autoren: Lothar von Arnauld de la Perière
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setzen, und von dem anderen zunächst abzulassen. Auf das Signal „Boot schicken" wurde ein Boot zu Wasser gelassen. 4000 Meter lagen zwischen uns und dem Dampfer; ehe das Boot herankam in der offenen See, konnte es Abend werden. Also mußte ich heran. Eingedenk all der guten Lehren meiner Kameraden tat ich das sehr vorsichtig, getaucht, das Sehrohr weit ausgefahren. Wir umkreisten den Dampfer in hundert Meter Entfernung. Nichts regte sich bei ihm an Bord. Am Bug stand der Name „Melanie".

    Die Besatzung war in den beiden Schiffsbooten, die, wie üblich, 800 Meter hinter dem Heck lagen. Sehr genau sahen wir uns den Dampfer an, durch das eine Sehrohr ich, durch das andere abwechselnd mein Wachoffizier Oberleutnant z. S. Steinbauer und mein Obersteuermann Neumann, die beide schon manche Fahrt hinter sich hatten. Wir waren uns einig: der war harmlos, wir können also zur Untersuchung auftauchen. Schon will ich die erforderlichen Befehle dazu geben, da habe ich ganz instinktiv eine Hemmung, mein Mißtrauen ist wieder da. Wohl werde ich auftauchen, aber nicht hier, 100 Meter querab von dem Dampfer, sondern da hinten bei den beiden Schiffsbooten. Habe ich die beiden erst längsseits kann er nicht schießen, ohne seine eigenen Leute zu gefährden. Ich fuhr also hin und gab Befehl zum Auftauchen und Besetzen der Kanone. Oben waren wir schon, noch 30 Meter von den Booten entfernt, die Geschützbedienung wollte gerade das Geschütz besetzen, als vom Dampfer her ein Höllenfeuer losbrach. Klappen fielen, hart über unseren Köpfen sausten die ersten Granaten, andere peitschten uns das Wasser an Deck, dazwischen rasendes Maschinengewehrfeuer.

    „Fluten", „Schnelltauchen", „rein mit der Geschützbedienung" ! Hinter mir polterten die braven Geschützleute durchs Turmluk, einer riß es zu. Schon wollte ich auf Tiefe gehen, da schrie einer von den Leuten: „Leutnant Lauenburg ist nicht unten!" Unseren Wachoffizier konnte ich doch nicht ertrinken lassen, also nochmal hoch, Turmluk auf und schon kam er mit einem ordentlichen Schuß Wasser herunter. Nun aber fort! Wir sackten gleich weg bis auf 50 Meter. Das war noch mal klar gegangen! Warum? Es ist nur so zu erklären, daß der Engländer sein Feuer einstellen mußte, weil wir in der hilflosesten Situation, nämlich beim Schnelltauchen, uns gerade zwischen den englischen Schiffsbooten befanden.

    Unser zweimaliger Versuch, einen Torpedo anzubringen, mißlang, weil der Engländer, nunmehr gewarnt, den Torpedo ausmanövrieren konnte.

    „Trotz aller Anstrengungen wurde 'unglücklicherweise' das U-Boot nicht versenkt," sagt mein damaliger Gegner, der Kommandant des Q-Schiffs „Margit", einer englischen U-Boot-Falle, lieutenant, commander G. L. Hodson in seinem Bericht. „Glücklicherweise wurden wir nicht versenkt," konnte ich melden. Ein Gutes hatte dieser Vorfall für uns, es war eine heilsame Lehre, die uns der Feind gegeben hatte. Ausgestattet mit einem unfehlbaren „Riecher", sind wir von nun an rangegangen und haben Dampfer auf Dampfer sinken lassen. Es war meine erste und wertvollste Kriegserfahrung. Die konnte man durch keine Theorie, nur durch die Praxis gewinnen. —

    Einer der zähesten Leute, mit denen ich aneinandergeriet, war der Kommandant des englischen U-Boot-Jägers „Primula". Es war ein völlig neuer Schiffstyp, der mit der „Primula" im Mittelmeer auftauchte, dazu bestimmt, die „U-Boot-Pest" auszurotten. Sah aus wie ein Kreuzer, war gut armiert, hatte Wasserbomben, dazu wenig Tiefgang, damit man sie unterschießen sollte, außerdem gute Unterwassereinteilung. Sie konnte schon manchen Torpedo vertragen. Aber das alles wußten wir nicht, als wir mit ihr anbanden. Mein erster Torpedo traf sie im Vorschiff, so daß der Vormast nach vorn umkippte. Da sie nicht mehr vorwärtsfahren konnte, fuhr sie mit äußerster Kraft rückwärts, um uns zu rammen, so daß wir schleunigst verschwinden mußten. Dabei schoß sie wie wild, wenn ich mein Sehrohr zeigte — und das mußte ich schon, denn so schnell durfte ich den Kampf nicht aufgeben! Ich griff an und schoß zum zweitenmal, traf aber nicht, denn mein Gegner manövrierte den Torpedo geschickt aus. Ebenso ging es mir mit dem dritten Torpedo. Ich hatte mich aber so verbissen, daß ich niemals aufgegeben hätte. Schweren Herzens opferte ich einen vierten Torpedo, der endlich (der Kampf hatte vier Stunden gedauert) die „Primula" im Achterschiff traf und sie manövrierunfähig machte. Jetzt hatte sie genug, das
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