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Meine Kriegsfahrten mit U-35

Meine Kriegsfahrten mit U-35

Titel: Meine Kriegsfahrten mit U-35
Autoren: Lothar von Arnauld de la Perière
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österreichisch-ungarischen Küsten-Werke und Minensperren unsere Boote überholten, sie bis zur Halskrause mit Öl und Munition auffüllten und uns selbst wieder etwas auffrischten. Auch wir hatten das bitter nötig. Da gab es ein Wohnschiff, wo man mal wieder ausgezogen schlafen konnte. In Wasser und Seife konnte man nach Herzenslust schwelgen. Und im Essen gab es auch mal wieder Abwechslung. Und schließlich konnte man sich ordentlich auslaufen und in den Bergen herumklettern.

    Während der 4—5 Wochen, die man draußen in See war, lebten wir in Dreck und Speck, Mann, Offizier, Kommandant. In unserem grauen Lederpäckchen waren wir alle gleich. Alle mit einer klebrigen Patina überzogen, bestehend aus Seewasser, Öl und Schmutz, denn Wasser zum Waschen war knapp. Im Offiziersraum stand ein Eimer, in dem sich die Offiziere die Hände waschen konnten. Pro Woche bekam jeder nur ein kleines Waschbecken voll mit dem köstlichen Naß zugeteilt.

    Und was das Essen anbetraf, so lebten wir vom Feinde, solange der noch etwas hatte, nicht schlecht, manchmal sogar sehr gut. Als es aber 1917 bei dem auch anfing knapp zu werden, wurde auf den eisernen Bestand zurückgegriffen, den uns die Heimat schickte. Für uns U-Boot-Leute hatte diese zwar immer noch etwas übrig, aber wenn das Schwarzbrot, wohl eingelötet, mehrere Wochen in der Büchse gelegen hatte, war es auch schon leicht angeschimmelt. Da wurde das Hartbrot hervorgeholt. Das war so hart, daß ihm selbst der Schimmelpilz nichts mehr anhaben konnte. Dafür mußte man die Würmer herausklopfen, ehe man es „weiter verarbeiteten", d. h. mit Hilfe von — Vorschlaghammer, Fleischwolf (Fleischmaschine) und Kaffeemühle in feines Mehl verwandeln konnte, aus dem unser geschickter „Schmut" (Koch) die herrlichsten Brötchen zu backen verstand.

    Es wäre undankbar, zu verschweigen, daß wir auch gute Tage hatten, die dank einer sparsamen Vorratswirtschaft möglichst lange ausgedehnt wurden. Waren die Torpedos verschossen und die Torpedorohre leer, so wurden sie mit Säcken schönen, weißen Weizenmehls vollgestopft, für das der Feind doch keine Verwendung mehr hatte, das wir in Deutschland aber nur noch vom Hörensagen kannten. 2—3 Zentner Mehl ließen sich in jedem Ruhr leicht verstauen. Und so gab es an besonderen Festtagen schönen, knusperigen Streuselkuchen oder auch gelegentlich Sandtorte zum Kaffee.

    Aber nun hat mich die Erinnerung an diese Gaumengenüsse ganz von meiner kriegerischen Tätigkeit abgelenkt, über die ich ja berichten muß.

    Vor dem Auslaufen aus Cattaro wurden noch die letzten Erprobungen vorgenommen, Maschinen eingefahren, Boot und Besatzung eingetrimmt, Tauch- und Tiefensteuerversuche erledigt und das Boot dann klar zum Auslaufen gemeldet. Aber da waren ja noch die Abschiedsbriefe, die jeder von uns an seine Angehörigen schrieb. Darin stand halt immer dasselbe: Man ginge nun in See, in 4—5 Wochen wäre man wieder zurück, sie sollten sich keine Sorge machen, passieren könne ganz bestimmt nichts usw. Das wurde dann so hingeschrieben. Aber, Hand aufs Herz, meine Kameraden! Jedem von uns war am Auslauftage etwas blümerant zumute, jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt. Heiliger Ernst lag in den Gesichtern aller dieser Männer. Ganz tief im Innern saß der „menschliche Schweinehund", den es zu überwinden galt, saß die bange Sorge, ob man wieder zurückkommen würde oder ob das Schicksal auch uns haschen würde wie so viele Kameraden.

    In solchen Augenblicken fühlte man die Schwere der Verantwortung für das Wohl und Wehe der 35 Braven, für die Waffe, die einem in die Hand gegeben zum Kampf für Deutschlands Freiheit. Aber gezeigt nach außen wurde nichts. War aber das erste Hindernis, die Otranto-Straße, genommen, war das erste feindliche Schiff versenkt, dann hatte sich der Besatzung eine Siegesstimmung bemächtigt, als ob uns niemand etwas anhaben könnte. Und das war gut so. Denn Siege kann man nur mit Optimisten erfechten. Und brachte dann das Schicksal mal einen Rückschlag, bekam man eins auf die Nase, so kam es eben nur darauf an, eine etwa aufkommende pessimistische Stimmung auszurotten durch einen neuen erfolgreichen Angriff.

    Zweimal mußten wir durch die Otranto-Straße, auf dem Hin- und auf dem Rückmarsch. Das wußte der Feind. War es nicht selbstverständlich, daß hier die gesamte französische und italienische Seemacht und ein Teil der englischen mit ihren zahlreichen Kräften und Hilfsmitteln eingesetzt wurden,
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