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Meine Kriegsfahrten mit U-35

Meine Kriegsfahrten mit U-35

Titel: Meine Kriegsfahrten mit U-35
Autoren: Lothar von Arnauld de la Perière
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hätte feststellen können.

    Die unten im Boot hatten es inzwischen auch erfaßt, daß oben irgend etwas Außergewöhnliches losgewesen sein mußte. Als man ihnen erzählte, daß ein freundlicher Kollege Torpedo-Trommelfeuer auf uns abgegeben habe und die Aale nicht nur unter uns, hinter uns, sondern auch über uns weggegangen waren, hielten sie die oben für leicht übergeschnappt. Ungläubig turnte einer nach dem anderen an Deck und befühlte das verbogene Geländer. Dann erst waren sie überzeugt.

    Nur natürlich, daß uns kein Mensch dieses Erlebnis glauben wollte. Als ich abends das Boot meinem Flottillenchef zurückmeldete, muß er mich ebenfalls für vollkommen durchgedreht gehalten haben. Erst das Geländer gab ihm wieder den Glauben an meinen normalen Geisteszustand zurück.

    Unser Boot wurde in diesen Tagen zur Pilgerstätte. Von allen U-Booten und den österreichisch-ungarischen Schiffen kamen sie in hellen Scharen, um sich das Geländer anzusehen. Auch Ungarns jetzigen Reichsverweser Horthy, damaligen Kommandanten der „Novara", ein treuer Freund und Gönner von uns U-Boot-Leuten, konnte ich an Bord begrüßen.

    Jeder von uns war sich darüber klar: Da hatte der liebe Gott mal wieder höchsteigenhändig am Ruder gestanden oder wie andere sagten, „seinen breiten Daumen dazwischen-gehalten".

    An Bord war es von nun an ausgemachte Sache: Wir hatten eben Glück. Uns konnte jetzt nichts mehr passieren. Es war vermessen, dies auszusprechen, aber gestimmt hat es doch.
    Innerlich habe ich damals meinen feindlichen Kollegen wegen seines Pechs herzlich bedauert! Wie lange mag der Arme auf der Lauer gelegen haben. Und dann kam ihm der ersehnte Feind mal vor die Röhre und — — In der Aufregung vergaß ich damals, als er mir mit seinem Sehrohr auf einen Meter gewissermaßen Auge in Auge gegenüberstand, ihm einen militärischen Gruß zu erweisen.

    AIs ich lange nach dem Kriege mit der „Emden" in Neapel lag und auf diesen Zwischenfall Zu sprechen kam, erinnerten sich meine italienischen Kameraden daran und erzählten mir, daß es das französische U-Boot „Faraday" gewesen sei, dessen Kommandant, der lieutenant, de vaisseau Bougard danach um seine Ablösung gebeten haben soll mit der Begründung, daß ein U-Boot-Kommandant, der so ausgesprochenes Pech habe wie er, eben nicht länger sein Boot führen dürfe. Aber das kann auch ein Märchen gewesen sein.

    In seinem Kriegstagebuch finden sich über diesen Zwischenfall folgende Eintragungen:
    6. Novembre 1917. 8 h 35 Lancé 3 torpilles sans résultat par 41 ° 18' et 18 ° 45' à moins de 100 mètres. (8 Uhr 35. 3 Torpedos geschossen ohne Erfolg in 41 Grad 18' Nordbreite und 18 Grad 45' Ostlänge auf weniger als 100 Meter Abstand. gez. Bougard.)

    Offenbar hatten wir einen Torpedo zuviel gezählt. Aber drei genügen schließlich auch.

Zwei Jahre, von Ende Januar 1916 bis März 1918, führte ich mit U 35 Krieg im Mittelmeer. Offiziere, Deck-und Unteroffiziere wechselten stark, weil immer mehr U-Boote gebaut wurden. Der übrige Teil der Besatzung blieb im wesentlichen zusammen. Wir dachten nur noch in Tonnen. Im Lloyds-Register (Verzeichnis aller Handelsflotten) waren wir zu Hause. Zwar wären uns Kriegsschiffe lieber gewesen. Sie fuhren aber spärlich. Und es war besonderes Glück, wenn man auf eins stieß. Unendlich viel wichtiger für den Kriegserfolg war aber die Vernichtung der für den Feind fahrenden Tonnage. Das war uns allen klar. „Immer runter von der See!" war die Losung. Rastlos durchsuchten wir alle Winkel des Mittelmeers. Dehnten unsere Fahrten aus bis in den Atlantik. Paßten unsere Kampfmethoden in jeder Weise denen des Feindes an.

    Einmal Versenkten wir auf einer Reise von vier Wochen 56 Schiffe mit 90000 Tonnen. Nicht einen Torpedo, keine Granate, auch nicht eine Sprengpatrone hatten wir noch an Bord. Kein Wunder, daß wir hinsichtlich der Versenkungs-ziffer bald an erster Stelle führten. An Auszeichnungen war vergeben, was Zu vergeben war. Da wurden Anfang 1918 die neuen U-Kreuzer fertig, die den Krieg an die amerikanische Küste tragen sollten. Dort reizte eine neue Aufgabe. Im Mai 1918 ernannte mich mein Oberster Kriegsherr durch persönliches Handschreiben zum Kommandanten des U-Kreuzers U 189, der den Namen meines gefallenen Freundes und Kameraden „Kapitänleutnant Schwieg er" führen sollte. Und so schloß ich meine Tätigkeit auf U 35 im März 1918 ab mit einer Strecke von 200 Schiffen mit 500000 Tonnen, die größtenteils
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