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Meine Kriegsfahrten mit U-35

Meine Kriegsfahrten mit U-35

Titel: Meine Kriegsfahrten mit U-35
Autoren: Lothar von Arnauld de la Perière
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namentlich festgelegt waren. Das Schlimmste stand mir aber noch bevor: das war die Trennung von meinem braven Boot und von einem Teil meiner Männer. Einige mußten Zurückbleiben, um U 35 aktionsfähig zu halten. Die Hälfte meiner Besatzung durfte ich mitnehmen. Niemals werde ich diesen Abschied am 17. März 1918 vergessen. Viel Worte wurden nicht gewechselt, aber manchem von uns harten Seeleuten wurde das Auge naß.

    U 139 war kein Boot mehr, sondern ein richtiges Unterwasserschiff von mehr als 2000 Tonnen Wasserverdrängung mit 8 Offizieren, 100 Mann Besatzung, zwei 15-Zentimeter-Kanonen, 1000 Granaten und 20 Torpedos. Vier Monate konnte es in See bleiben, ohne Brennstoff und Vorräte auffüllen zu müssen. Nach dreiwöchiger stürmischer Ausreise standen wir am 1. Oktober 1918 in der Biskaya, um dort ein Abenteuer zu erleben, wie wir es noch nie erlebt hatten. Wir hatten einen Geleitzug von 10 Dampfern erwischt, der von zwei Hilfskreuzern und einem Schwarm von kleinen Bewachern geschützt wurde. Da mein schweres Schiff unter Wasser nicht so schnell manövrierte, wie der Geleitzug zickzackte, saß ich plötzlich mitten im Geleitzug und mein Torpedo ging vorbei.

    Dies war mißlungen. Wozu aber hatte ich schließlich meine großen Kanonen? Also wollte ich es über Wasser noch-mal versuchen. Der Geleitzug fuhr über mich weg. AIs er 5000 Meter ab war, tauchten wir auf, und zum ersten Mal sausten unsere schweren Brocken dem Feind entgegen. Nun ging aber auch bei ihm ein Höllenfeuer los. Um uns herum stiegen die Wassersäulen hoch. Gottlob, ohne zu treffen. Nun brauste aber auch schon der Führerkreuzer heran, so daß ich von den Dampfern ablassen und mich auf ihn konzentrieren mußte. Ich erwischte noch den richtigen Augenblick zum Tauchmanöver. Kaum war das Wasser über dem Turm zusammengeschlagen, ein Knall. Die letzte Salve des Hilfskreuzers war am Turm eingeschlagen. Kraftlos klatschten die Granatsplitter gegen den Turm. Das war noch einmal gut gegangen. Über die paar Wasserbomben, die folgten, lachten wir. Die Hauptsache war, er ließ von uns ab und folgte seinem entschwindenden Geleitzug.

    Mein Entschluß stand fest. Nachgeben jetzt? Kommt nicht in Frage. Also zum dritten Male angreifen, diesmal aber gut vorbereitet.

    Es war Mittagszeit. Der Besatzung erst mal etwas in den Magen. Inzwischen stand der Geleitzug an der Kimm. Dann hoch und mit äußerster Kraft hinterher. Der Geleitzug sieht uns wohl kommen, er läuft auch, was er kann, und zieht sich breit auseinander. Alles steht bei uns klar zum Feuern, 40 Mann sind allein auf Gefechtsstationen an Oberdeck, die alle herunter müssen, wenn der Feind uns zum Tauchen zwingt. Auf meinen Befehl „Feuererlaubnis" knöpft sich der Artillerieoffizier Kapitänleutnant Pistor den nächsten Dampfer vor. Nach wenigen Schüssen Treffer, und schon dreht er, anscheinend manövrierunfähig, bei, setzt Boote aus, ein Zeichen, daß er aufgibt. „Zielwechsel!" auf den nächsten. Auch da dauert es nicht lange, da sackt er achteraus. Das wäre so weitergegangen, wenn nicht wieder der Hilfskreuzer mich in ein Feuergefecht verwickelt hätte, wobei er einige Treffer erhielt, ich aber doch auf die Dauer den kürzeren zog. Ich mußte also wieder verschwinden. Da verzichtete er zunächst auf weitere Verfolgung. Er mußte wohl zur Unterstützung der beiden havarierten Schiffe fort. Ich folgte, durchs Sehrohr die Vorgänge beobachtend. Denn eines stand für mich fest: keinesfalls durften die beiden Brüder etwa eingeschleppt werden. Der eine aber sank schon während meiner Annäherung. Der andere lag mit leichter Schlagseite auf dem Wasser. Von der französischen, Küste war Hilfe gekommen. Jedenfalls schwirrte ein Schwarm U-Boot-Jäger wie Hornissen um ihn herum, um mir einen Angriff unmöglich zu machen.

    Seit zehn Uhr waren wir in Tätigkeit. Jetzt fing es an zu dunkeln. Gelang es mir jetzt nicht dem Havaristen einen Fangschuß zu verabfolgen, würde er in der Nacht mit Sicherheit eingeschleppt. Und so fuhr ich wohl meine 4—5 Anläufe. Immer, wenn ich gerade in Schußentfernung war, sauste so ein Biest von U-Boot-Jäger über uns weg, und ich mußte nach unten ausweichen. Inzwischen war es völlig dunkel geworden. — Die Männer der Freimache saßen beim Abendessen. Beteiligt war ja nur die Wache des Maschinenpersonals, des Torpedopersonals, das Personal der Tiefensteuerung und bei mir im Turm mein tüchtiger Obersteuermann, der Gefechtsrudergänger Obermatrose Otto und der
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