Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
jemand auf die Straße warf und die dort dicht neben ihm in lauter kleine Stücke zerbrach, so daß ihn ein Sprühregen winziger Glassplitter traf.
    So schnell er konnte, lief er weiter, aber er kam nur noch langsam vorwärts, weil ihn das Laufen zu sehr anstrengte.
    Doch die Umwelt hatte sich wieder verändert; die kleinen Läden und, die hellen Etagenfenster waren verschwunden, und Peter betrat jetzt eine unheimliche Gegend mit riesigen, weit ausgedehnten finsteren Gebäuden, kahlen Mauern und menschenleeren Straßen, verriegelten Türen und Eisentoren und langen glitschigen Stahlschienen, die, wie Peter wußte, Eisenbahnschienen waren.
    Der gelbe Lichtschein der Straßenlaternen schimmerte feucht auf den turmhohen Brandmauern der Lagerhäuser, und dahinter waren die Docks und die Umrisse der großen Schiffe unter der hohen Themsebrücke zu sehen, bis in diesen Teil Londons hatte Peters wilde Flucht ihn geführt.
    Und dort, gerade, als er das Gefühl hatte, nun könne er keinen einzigen Schritt mehr weiterlaufen, kam Peter zu einem Gebäude, dessen Tür, wie er bei der hellen Straßenbeleuchtung deutlich sehen konnte, nur leicht angelehnt war. Und im nächsten Augenblick war er auch schon hineingeschlüpft.
    Es war ein riesiges Lagerhaus, bis unters Dach gepackt voll mit Getreidesäcken, denen ein angenehm warmer und etwas süßlicher Geruch entströmte. Auf dem Fußboden lag Stroh, und die Säcke waren fest gestopft und trocken.
    Mit Hilfe seiner krummen scharfen Krallen zog Peter sich auf eine Lage Säcke hinauf. Die rauhe Jute fühlte sich gut an auf seinem nassen Fell und seiner feuchten Haut. Mit einem anderen Sack im Rücken war es da beinahe warm. Vor Müdigkeit an allen Gliedern zitternd, streckte er sich aus und schloß die Augen.
    Da hörte er neben sich eine Stimme sagen: «Das könnte dir wohl so passen, wie? Aber da bist du an den Falschen gekommen. Also raus hier, mein Junge! Und zwar ein bißchen fix!»
    Es war nicht die Stimme eines Menschen, dennoch verstand Peter jedes Wort, und ganz verdutzt schlug er die Augen auf. Obwohl das Lagerhaus nicht beleuchtet war, konnte er beim Licht der Straßenlaterne alles deutlich sehen.
    Der Sprecher war ein großer gelber Kater mit einem mageren und sehnigen Körper, dem breiten eckigen Kopf eines Tigers und einer häßlichen tiefen Narbe quer über der Nase.
    «Bitte», sagte Peter, «kann ich nicht ein Weilchen hierbleiben? Ich kann nicht mehr weiter. Ich bin so müde...»
    Der Kater warf ihm aus seinen gelben Augen einen bösen Blick zu und fauchte: «Du hast mich doch gehört, Kumpel! Mir gefällt deine Visage nicht. Also pack dich!»
    «Aber ich richte doch gar keinen Schaden an», protestierte Peter. «Ich möchte mich nur etwas ausruhen und wieder trocken werden. Wirklich, ich werde bestimmt nichts anrühren...»
    «Du wirst nichts anrühren», höhnte der gelbe Kater. «Das ist großartig! Ich möchte es dir auch nicht geraten haben. Das ist hier nämlich mein Reich, verstehst du! Und Fremde haben hier nichts zu suchen. Also verschwinde gefälligst, bevor ich dir Beine mache!»
    «Ich denke nicht daran», erwiderte Peter, dessen Eigensinn sich plötzlich meldete.
    «Ach, du willst nicht, Kleiner, was?» sagte der gelbe Kater verdächtig liebenswürdig und fing leise an zu knurren. Dann schwoll er plötzlich! an, als ob ihn jemand mit einer Fahrradpumpe aufpumpte. Er wurde immer größer und dicker und schließlich ganz prall und unförmig.
    «Nein, ich gehe hier nicht weg», erklärte Peter hartnäckig. «Hier drinnen ist Platz genug, und außerdem...» aber weiter kam er nicht, denn mit einem Wutschrei holte der gelbe Kater zum Angriff aus.
    Sein erster blitzartiger Schlag auf Peters Kopf stieß Peter von dem Stapel Säcke auf den Boden hinunter, und der zweite war so heftig, daß Peter sich mehrmals überschlug. Er hätte sich niemals träumen lassen, daß irgend jemand oder irgend etwas von dieser Größe so hart zuschlagen konnte. Der Schädel brummte ihm von diesen beiden Schlägen, und er fühlte sich übel und schwindlig. Der Fußboden schien sich um ihn zu drehen; er versuchte, sich aufzurichten, aber seine Beine knickten ihm ein, und er fiel auf die Seite — und im selben Augenblick stürzte! sich der gelbe Kater zähnefletschend auf ihn.
    Zu seinem Glück war Peter von dem ersten Angriff noch so geschwächt, daß er der Kraft seines Gegners nachgab und der Rohling sich mit ihm auf dem Boden der Tür zuwälzte. Trotzdem spürte er scharfe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher