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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie
Autoren: Paul Gallico
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guckte ihn so komisch an, das heißt, erst sah er ihr Gesicht so nahe vor sich, daß er deutlich erkennen konnte, wie weiß es war, gar nicht mehr so rosig und verrunzelt wie sonst, und dann schien es vor seinen Augen zu verschwimmen und so klein zu werden, als erblickte er es durch das verkehrte Ende eines Fernrohrs.
    Seinen Vater und seine Mutter konnte er nirgends erblicken, aber das wunderte Peter gar nicht. Sein Vater war Oberst in der Armee, und seine Mutter hatte immer so viel vor und mußte sich fein machen, weil sie andauernd ausging und ihn dann mit Nanny allein ließ.
    Hätte Peter seine Nanny nicht so gern gehabt, würde er sich längst gegen sie aufgelehnt haben, denn er wußte, daß er mit seinen acht Jahren viel zu alt war, um noch von einer Kinderfrau betreut zu werden, die ihn wie ein Baby behandelte und ihn immer an der Hand führen wollte, als wäre er nicht fähig, selbst auf sich aufzupassen. Aber nun hatte er sich daran gewöhnt, daß seine Mutter so beschäftigt war und keine Zeit hatte, sich um ihn zu kümmern oder abends wenigstens solange daheimzubleiben und bei ihm zu sitzen, bis er einschlief. Mehr und mehr verließ sie sich darauf, daß Nanny Mutterstelle bei ihm vertrat, und als sein Vater einmal erwähnte, daß es nun wohl doch an der Zeit sei, Nanny zu entlassen, konnte seine Mutter den Gedanken nicht ertragen, sie fortzuschicken, und so war Nanny natürlich geblieben.
    Wenn er im Bett lag, dann war er vielleicht krank, und wenn er krank war, würde seine Mutter, sobald sie nach Hause kam und von dem Unfall hörte, vielleicht doch öfter mit ihm zusammen sein. Vielleicht würden sie ihm jetzt auch seinen langgehegten Wunsch erfüllen und ihm endlich erlauben, eine Katze zu haben, ganz für sich allein, mit der er in seinem Zimmer spielen konnte und die zusammengerollt am Fußende seines Bettes schlafen und in kalten Nächten vielleicht sogar zu ihm unter die Decke kriechen und sich in seine Arme kuscheln würde. Er hatte sich schon immer eine Katze gewünscht, seit er damals — und das war schon sehr lange her, denn da war er erst vier Jahre alt — für einige Zeit in der Nähe von Gerrards Cross auf einen Bauernhof kam. Gleich bei seiner Ankunft hatte man ihn dort in die Küche geführt, um ihm einen Korb voll junger Kätzchen zu zeigen, so flauschig wie kleine orangerote und weiße Wollknäuel, und auch die gelbbraune Katzenmutter, die vor Stolz so strahlte, daß ihr Gesicht genau so breit wurde, wie es lang war, und mit der Zunge immer wieder ihre Jungen ableckte, eins nach dem anderen. Er durfte sie sogar anfassen. Sie war so weich und warm, und in ihrem Hals machte sie ein ganz eigenartiges Geräusch, das, wie er später erfuhr, genannt wurde und bedeutete, daß sie sich wohl fühlte und glücklich war.
    Seit jenem Tag wünschte er sich nichts sehnlicher als eine eigene Katze.
    Es wurde ihm jedoch nicht erlaubt, eine zu haben.
    Sie lebten in einer kleinen Wohnung in einer Sackgasse, die vom Cavendish Square abzweigte. Oberst Brown, der nur hin und wieder auf Urlaub nach Hause kam, hatte nichts dagegen, daß Peter sich eine Katze hielt, aber Peters Mutter sagte, es käme schon genug Staub und Schmutz von der Straße herein und es wäre auch ohne Katze schon so eng, daß man sich kaum bewegen könne; außerdem möge die Schotten-Nanny doch Katzen nicht leiden und habe Angst vor ihnen. Es war sehr wichtig für Peters Mutter, Nanny bei guter Laune zu erhalten, damit sie dablieb und auch weiterhin für Peter sorgte.
    Peter wußte und verstand das alles und fand sich auch damit ab, weil es nun einmal in dieser Welt so zuging. Nur änderte es nichts daran, daß ihm das Herz schwer war, weil seine junge und schöne Mutter für ihn fast gar keine Zeit übrig zu haben schien und ihn auch nicht davon abzubringen vermochte, sich so leidenschaftlich nach einer eigenen Katze zu sehnen.
    Er war mit allen oder doch den meisten Katzen in der Nachbarschaft gut bekannt: dem großen schwarzen Kater mit dem weißen Fleck auf der Brust und grünen Augen, die so groß und rund waren wie Schilling- ‘ stücke — der gehörte dem Wächter, der auf dem Cavendish Square, dicht bei der gleichnamigen Gasse, den kleinen Park in Ordnung hielt; den beiden grauen Katzen von Nr. 5, die fast den ganzen Tag im Fenster saßen; der gelbbraunen mit den hellgrünen Augen, die Mrs. Bobbit gehörte, der Hausmeisterin, die unten im Souterrain von Nr. 11 wohnte; der schildpattfarbenen mit dem Hängeohr von
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