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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie
Autoren: Paul Gallico
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nebenan und der schönen Perserkatze, die auf den Namen Boie de Rose hörte und meist auf einem Kissen im Fenster von Nr. 27 schlief, aber an klaren warmen Tagen zu einem kleinen Spaziergang auf den Platz geführt wurde.
    Und dann gab es natürlich noch die unzähligen herrenlosen Katzen, die sich in dem kleinen Durchgang und den Trümmern des ausgebombten Hauses hinter der Sackgasse herumtrieben oder sich durch das Eisengitter zwängten, um in den kleinen Park zu gelangen; rot gescheckte und grau gestreifte, schwarze und weiße und zitronengelbe, getigerte und gefleckte, die da hinter den Ascheimern, den Bündeln von Altpapier und den Müllkästen ein und aus schlüpften, Rauflustige und Verschüchterte, Schreihälse und Bettler — lauter obdachlose Vagabunden, alte und junge, und alle gehetzt und verängstigt nur darauf aus, in der unbarmherzigen und rastlosen großen Stadt ihr tägliches Brot zu finden.
    Das waren diejenigen, die Peter immer nach Hause schleppte; manchmal schlug eine angstvoll um sich, wenn er sie unter den Arm nahm, und kratzte ihn, doch andere entspannten sich und ließen sich nur zu gern dorthin tragen, wo es warm war und etwas zu futtern gab und man keinen Fußtritt bekam, sondern freundlich gestreichelt wurde.
    Hin und wieder, wenn Nanny ihn nicht gleich abfing, gelang es Peter, eine Katze im Kinderzimmer in den Schrank zu schmuggeln und sie zwei ganze Tage und Nächte dort zu verstecken, bevor sie entdeckt wurde.
    Dann öffnete Nanny — die von Mrs. Brown genaue Anweisungen erhalten hatte, was sie tun sollte, wenn sich eine Katze auch nur auf dem Grundstück zeigte — die Haustür und rief: «Raus mit dir, Katz, du Schmutzfink du!», oder sie holte einen Besen, um das Tier zu verjagen. Und wenn auch das nicht half und der unerwünschte Gast sich nur in eine Ecke verkroch, packte sie das Kätzchen am Genick, hielt es von sich ab und warf es einfach auf die Straße hinaus. Danach bestrafte sie Peter, obwohl ihm nichts weher tun konnte als der Verlust seiner neuen Spielgefährtin und die Erinnerung daran, wie zufrieden und wohlbehütet sie sich in seinen Arm geschmiegt hatte.
    Peter hatte sogar gelernt, dann nicht mehr zu heulen. Man konnte auch nach innen weinen, ohne einen Laut von sich zu geben, hatte er entdeckt.
    Jetzt, wo er krank war, hatte er wieder dieses Gefühl, nur war es doch nicht ganz dasselbe, weil er diesmal gern laut geweint hätte, aber feststellte, daß er keinen einzigen Ton hervorbringen konnte. Er wußte nicht, warum er das nicht fertigbrachte, nur, daß es damit zusammenhing, daß ihm alles so sonderbar vorkam, seit ihm, was es nun auch sein mochte, zugestoßen war, als er von Nanny, während sie mit dem Briefträger sprach, fortstürzte und über die Straße auf das gestreifte Kätzchen zulief.
    Tatsächlich war es ein Kohlenauto, das vom Cavendish Square um die Ecke gebraust kam und Peter umgerissen und zu Boden geworfen hatte, gerade als Peter, ohne sich umzuschauen, vom Bürgersteig über den Fahrdamm rannte; doch was sich dann noch alles zutrug, wie die Leute nach dem Unfall um ihn herumstanden, wie Nanny schluchzte und jammerte und der Polizist ihn aufhob und ins Haus trug, wie der Doktor geholt wurde und man versuchte, Peters Mutter habhaft zu werden, und schließlich die Fahrt ins Krankenhaus — das sollte Peter erst sehr viel später erfahren, denn zunächst sollten ihm noch so viele seltsame Dinge geschehen.
    Jedenfalls schien sich auf einmal alles merkwürdig zu verändern, da die Nächte und Tage so rasch aufeinanderfolgten, daß es beinah so war wie im Kino, wo die Leinwand plötzlich ganz dunkel und gleich darauf wieder hell wurde; und Nannys Gesicht sich erst dicht über ihn beugte, dann aber ganz weit zurückwich, nur um direkt vor ihm wieder aufzutauchen, wobei ihre Brillengläser so grell leuchteten wie die Scheinwerfer eines näher kommenden Autos.
    Aber daß wirklich etwas höchst Sonderbares vor sich ging, das merkte Peter daran, daß sein Bett, sobald Nannys Gestalt vor seinen Augen verschwamm, zu schaukeln begann, wie ein kleines Boot auf den Wellen, und als Nanny wieder auf ihn zukam, war es gar nicht ihr Gesicht, sondern das der kleinen Katze mit dem Tigerfell, die sich am Parkgitter geputzt hatte und die er so gern hatte fangen und streicheln wollen.
    Ja, es war tatsächlich diese reizende kleine Katze, die da an seinem Bett saß und ihn freundlich anlächelte, nur war sie jetzt unheimlich gewachsen, ihre funkelnden Augen waren so groß wie
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