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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben /
Autoren: Petra Busch
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Praxis. Sie haben einen prima Chef und nette Kolleginnen. Sie können den Kerl getrost vergessen. Jede Emotion und all die Wut, die Sie in den noch investieren, schadet nur Ihnen selbst.«
    »Vergessen!« Ihr Schnaufen klang zynisch. »Das Schwein hat mich für blöd verkaufen wollen, oder etwa nicht? Dazu hatte er kein Recht! So eine wie mich« – sie holte tief Luft und verschränkte die Arme vor der Brust – »findet er nicht wieder.«
    Thea stand auf. Sie klebte fast auf der Sitzfläche fest, und ihre dünne Jeans und kurzärmlige Bluse lagen feucht auf ihrer Haut. In Hofmanns Nähe fühlte sie sich vollends wie in einem Treibhaus. »Kommen Sie«, sagte sie freundlich, »sonst wird Doktor Wittke ungeduldig.« Thea wollte Gabriele Hofmann nicht vor den Kopf stoßen. Sie war derb und direkt in ihrer Art, doch sicher kein schlechter Mensch. Sie kämpfte sich auf ihre Weise durchs Leben.
    »Es war ja klar, dass ihn diese magersüchtigen halbnackten Dinger sofort gelangweilt haben.«
    »Ja.« Was sollte sie auch erwidern? In fünfzehn Minuten würde sie zu Hause sein und es sich gemütlich machen. Kein Mäkeln mehr, keine ungewollte Konfrontation mit niederträchtigen Ehemännern.
    »Ich wusste, dass Sie das auch so sehen.« Schwer atmend erhob sich auch die Arzthelferin. Die Hand auf der Türklinke, sagte sie: »Sie sehen aus wie die Monroe auf diesem berühmten Foto. Sie wissen schon, das mit dem sexy Blick und diesem fliegenden Kleid.« Ihre Augen blitzten.
    »Nur dreißig Jahre älter.« Thea Roth lächelte, froh darüber, dass das Thema »mein Ex« vorerst überstanden war.
    »Wenn Sie sich dann noch ’nen hübschen Minirock …« Die korpulente Frau kicherte, und ihr ganzer Körper vibrierte.
    Thea fuhr mit der Hand über ihre Beine. Sie hatte sich gut gehalten für ihre fünfundfünfzig Jahre. Muskulöse Oberschenkel, straffe Haut. Ihre Beine waren makellos. »Sie meinen, das steht mir?«, fragte sie, obwohl sie genau wusste, dass Kostüme sie hervorragend kleideten. Erst letzte Woche hatte sie einen Satinfummel aus dem Schrank geholt und sich damit vor der verspiegelten Tür um die eigene Achse gedreht. Kurzer Rock, hochgeschlossener Kragen. Wie für sie maßgeschneidert. Danach hatte sie den Plastikschutz wieder darübergestülpt und die Schranktür verschlossen.
    »Sie könnten super im Fernsehen auftreten.« Hofmann gluckste.
    »Die Diva aus der Draisstraße«, erwiderte Thea Roth schmunzelnd und freute sich über ihre neue Frisur. Blond, dicht, schulterlang. Perfekt.
    »Bestimmt haben Sie früher auch schon so toll ausgesehen.«
    Thea wiegte den Kopf. »Vergessen kann auch Gnade sein«, sagte sie und dachte: Und manchmal zwingt einen das Leben dazu.
    Gabriele Hofmann lachte und öffnete die Tür zum Empfangsbereich, von wo aus Doktor Jakob Wittke ihnen zunickte. »Sie sind immer so lustig«, sagte sie zu Thea Roth.
     
    Lustig!, dachte Thea und hakte Hilde Wimmer unter, deren knotige Hände die Griffe des Rollators umklammerten. Die beiden Frauen drückten sich in den Schatten der Häuserzeile. Jetzt, nach achtzehn Uhr, hatte die schlimmste Hitze ihren Höhepunkt überschritten, doch die Sonne brannte noch immer unerbittlich. Nur drei Hauseingänge lagen zwischen der Praxis und dem Zugang zu ihren Wohnungen, doch der Weg strengte Hilde Wimmer an wie ein Halbmarathon. Zwei Schritte schlurfen, stehen bleiben und keuchend atmen. Zwei Schritte schlurfen, innehalten … In einem Haus auf der andern Straßenseite fiel träge eine Haustür ins Schloss, gleich darauf eine zweite, Menschen kamen heraus, wahrscheinlich für ein paar Besorgungen oder einfach, um sich im nahe gelegenen Eschholzpark auf eine Bank zu setzen, friedlich eine zu rauchen oder den Tag im Freien ausklingen zu lassen. Manche waren allein an diesen Abenden. Wie Hilde Wimmer. Ihr war nicht das vergönnt, was Thea selbst hatte erfahren dürfen in den letzten Monaten.
Lustig?
Nein. Lustig war sie nicht. Sie war dankbar. Gott, falls es den gab, Miriam und dem Leben.
    Am Treppenaufgang zu einem dreigeschossigen Haus mit bröckliger Fassade, die einmal gelb gewesen sein musste, blieben sie stehen. Es bildete das Nordende eines langgestreckten Gebäudes, das aus mehreren identischen Häusern bestand. Sie unterschieden sich nur durch geringe Nuancen in der Farbe voneinander. Jedes Haus beherbergte sechs Wohnungen, zwei pro Stockwerk. Nur die Arztpraxis hatte die Größe zweier Wohnungen und nahm das gesamte Erdgeschoss des südlichen Endhauses
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