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Mein Weg zum Herzkind

Mein Weg zum Herzkind

Titel: Mein Weg zum Herzkind
Autoren: Sam Jolig
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vielleicht niemals den entscheidenden Anruf zu bekommen, behielt ich für mich. Für immer auf den Wartelisten der Jugendämter zu »verschimmeln« war mein Albtraum. Meine Befürchtung, womöglich nie Mutter werden zu dürfen, teilte ich nur mit einer einzigen Freundin. Ich wollte keine Schwäche mehr zeigen. Ich gestattete mir (fast) nur noch positive Gedanken und wenn doch mal wieder Tränen flossen, weil ich insgeheim so verzweifelt war, dann für mich ganz allein. Irgendwann habe ich mir Urlaub verordnet. Urlaub vom Thema Adoptionen. Urlaub von den Träumereien, wie mein Kind mit mir leben würde. Die ständigen Gedanken an das Kind und der Druck, der sich damit in meinem Unterbewusstsein aufbaute, sollte ausgeschaltet werden.
    Immer, wenn wieder ein Gedanke zum Thema Adoption aufkeimte, visualisierte ich eine rote Ampel. Gedankenstopp. Alle Unterlagen und Bücher zur Adoption habe ich verbannt und ich versuchte, jeden Tag so zu genießen, wie er war. Auch ohne Kind. Ich ritt stundenlang mit meinem Pferd aus, führte meine Hunde Gassi und lenkte den Fokus wieder Richtung Beruf. Ich wollte wieder das Gefühl haben, ein normales Leben zu führen
und nicht zu sehr einem Traum hinterherzulaufen. Ich wollte mich selbst schützen, vielleicht auch vor einer zu großen Enttäuschung, wenn der Anruf eben nie kommen würde. Irgendwie musste ich meinen Fokus umlenken, um wieder normal atmen zu können.

    Wie so oft im Leben passierte es genau dann. »Lass los und dir wird gegeben.« Der alles entscheidende Anruf des Jugendamtes kam am 3. Januar 2005. Ich war überglücklich und unendlich dankbar dafür. Hätte ich nicht diesen Vorbereitungskurs besucht, wäre ich sicher nicht so schnell erfolgreich gewesen.
    Mein Weg durch den Behördendschungel
    Was genau habe ich unternommen, wie wurde ich aktiv, um mein Adoptionsverfahren vielleicht ein bisschen zu beschleunigen und zu so einem glücklichen Ausgang zu führen?
    Mein Sozialbericht war erstellt worden. Ich hatte ihn mir auch vortragen lassen. Nun war ich auf der Warteliste meines Heimatjugendamtes gelandet. Wann ich mit einem Kind rechnen konnte, stand in den Sternen. Doch so richtig wollte ich mich nicht damit zufriedengeben. Es musste doch einen Weg geben schneller erfolgreich zu sein. Bis dahin hatte ich nicht wirklich viel Ahnung vom Prozedere, aber genug gehört, um mich auf das »Abenteuer Behörde« weiter einzulassen.

    Mit dem Finger strich ich über die Landkarte, die vor mir ausgebreitet lag. Ich war auf der Suche nach Jugendämtern in Deutschland, bei denen ich mich für eine Adoption bewerben wollte. So ganz blind nur meinen Finger entscheiden lassen wollte ich dann aber doch nicht. Ich dachte nach, nahm mir ein weißes Blatt Papier und begann Städte aufzuschreiben, von denen ich mir vorstellen konnte sie zu besuchen, um dort das jeweilige Jugendamt zu kontaktieren. Ich suchte mir Orte, mit denen ich etwas verbinden konnte. Eine Stadt, in der ich schon mal gelebt hatte. Ein anderer Ort, an dem ich Freunde hatte. Plätze, die mir gefielen, wurden zum Entscheidungsfaktor für die Stadt. Natürlich wollte ich auch nicht gleich ans andere Ende von Deutschland reisen, und so blieb ich in einem gewissen Radius um mein Zuhause. Ein, zwei weitere Entfernungen nahm ich wegen meiner Verbundenheit zu bestimmten Orten in Kauf. Mein Eifer war geweckt. Ich wollte mir eine Liste erstellen mit den Städten und Ortschaften, die ich ausgewählt hatte, um mir dann über die Auskunft die Nummer der jeweiligen Adoptionsvermittlungsstelle geben zu lassen. So ganz unangekündigt wollte ich dann doch nicht losmarschieren. Und meine Liste wurde lang und länger. Dann griff ich zum Hörer und startete meine Telefonakquise. Ein wenig nervös wegen der bevorstehenden Gespräche tippte ich die erste Nummer. Einen kleinen Text hatte ich mir zurechtgelegt. Mir war also klar, was ich der Person am anderen Ende der Leitung vermitteln wollte. Dass ich auch eine Abfuhr ernten konnte, ließ ich in meinen Gedanken nicht zu. Mit meiner freundlichsten Telefonstimme begrüßte ich die Dame vom Amt. Ich erklärte ihr mein Anliegen und wurde in wenigen Sekunden von ihr abgewürgt. »Wir nehmen keine Bewerber von
außerhalb, und Kinder haben wir seit Jahren schon nur wenige in der Vermittlung. Wir können nicht mal unsere eigenen Bewerber zu Eltern machen. Einen schönen Tag noch und auf Wiederhören.« Das hatte gesessen. Von einem Moment auf den anderen war meine Euphorie im Keller. Ich starrte auf
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