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Mein Weg zum Herzkind

Mein Weg zum Herzkind

Titel: Mein Weg zum Herzkind
Autoren: Sam Jolig
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sowie die Redakteurin Gesa Jung wäre dieses Buch nicht das geworden, was es jetzt ist. Vielen Dank dafür!
    Danke auch an meine Familie und meinen Partner! Ich weiß, dass ich immer auf sie zählen kann und dass sie fantastische Großeltern sind und ein toller Papa.

Eine folgenschwere Diagnose
    »Nur unfruchtbar«
    Ich war 14, als ich zum ersten Mal beim Frauenarzt war. Mama hatte mich hingeschickt, reine Routine. Die Sache war wenig spektakulär. Der Doktor redete nett mit mir. Ich setzte mich auf den Stuhl und spreizte die Beine. Er untersuchte mich, und tschüs. Erst am nächsten Tag stellte sich heraus, dass dieser harmlose Arztbesuch mein Leben verändern sollte.
    Es war mittags, kurz vor 14 Uhr. Der Bäckerladen meiner Eltern war noch geschlossen – bei uns auf dem Dorf hatte kein Geschäft über Mittag auf –, als das Telefon klingelte und Mama abnahm. Ich stand so dicht neben ihr, dass ich die Stimme des Arztes erkennen konnte. Ich hörte Satzfetzen, sie waren nicht gerade beruhigend: »Laborwerte … gefällt mir gar nicht … sofort in die Praxis.« Mama sagte gar nichts, außer: »Wir sind gleich da.«
    Dreißig Minuten später saßen wir in seinem Sprechzimmer. Er hinter dem Schreibtisch. Mama und ich davor. Der Arzt sagte etwas über schlechte Blutwerte. Ich verstand überhaupt nichts. »Habe ich Krebs?«, fragte ich. Der Arzt schwieg.
    Ich hielt die Hand meiner Mama sehr fest. Ich hatte Angst. Würde ich jetzt nur noch wenig Zeit zu leben haben? Würde ich sterben müssen? Würde ich Schmerzen haben? Ich war doch noch
so jung. Wollte noch so viel erleben. Hatte Träume und Wünsche. Ein lebendiger junger Mensch plötzlich dem Tod geweiht. Meine Gedanken überschlugen sich. An dem Gespräch, das meine Mutter und der Arzt nun führten, nahm ich nicht mehr teil. Ich war wie paralysiert. Ich entsinne mich, wie der Gynäkologe in unserem Beisein dann ein Telefonat mit dem Professor einer Uniklinik führte. Schnellstmöglich sollte ich dort erscheinen. Und so hieß meine erste Station dann Uniklinik Göttingen. Eine Chromosomenanalyse und diverse Untersuchungen – Blutabnahmen, Speichelproben, Abstriche, Ultraschall und einiges mehr – musste ich dort über mich ergehen lassen. Ein Familienstammbaum vor dem Hintergrund diverser Krebserkrankungen wurde erstellt und sollte Aufschluss über eine mögliche Vererbung geben. Immer wieder kroch in mir dabei die Angst hoch. Ein schönes Gefühl ist es nicht, wenn sämtliche deiner Vorfahren, die an Krebs erkrankt oder gar gestorben sind auf einer Liste zusammengetragen werden und du das Gefühl bekommst, die Nächste zu sein.
    Nach etlichen Untersuchungen und Gesprächen mit Ärzten folgte die Zeit des Wartens. Ein ebenso schrecklicher Zustand – nicht zu wissen, wie es um einen steht. Hilflosigkeit und Angst machten sich immer wieder breit. In meiner Panik klammerte ich mich an meine Mutter, die mich zu all diesen Terminen begleitete. In meiner Erinnerung sehe ich weiße Kittel, in sterilen Räumen, rieche Krankenhausluft und spüre die angespannte Atmosphäre. Ich zitterte. Immer wieder musste ich mich entblößen, mich halb nackt auf diesem furchtbaren Stuhl Ärzten präsentieren, die sich an und in mir zu schaffen machten. Mein Trauma wuchs. »Sie meinen es alle gut mit dir und wollen dir helfen, mein Kind«, hörte ich meine Mutter wieder und wieder
sagen. Ich hingegen hatte die Nase gestrichen voll. Ich wollte endlich wissen, was los war. Doch noch war kein Ende in Sicht. Es gab zwar manchmal nach tage- oder wochenlangem Warten eine Entwarnung, dann aber wieder Anweisungen für neue Untersuchungen, um den schlimmsten aller Befunde, KREBS, tatsächlich auszuschließen. Dann hörte ich zum ersten Mal das Wort UNFRUCHTBARKEIT, funktionelle Störung der Eierstöcke. Das klang nicht schön, wirkte aber in meiner Situation fast wie ein Befreiungsschlag. Meine letzte Station hieß dann »Endoskopie« in einer Klinik in Hildesheim. Mir wurden Gewebeproben aus dem Unterleib, genau genommen aus den Eierstöcken entnommen. Hier sollte endgültig geklärt werden, ob ich nicht doch einen Tumor, sprich bösartiges Gewebe, in mir trug. Eine Operation, die mich erneut ängstigte. Ich fühlte mich so klein und schwach und hilflos. Ich wünschte mir, dass es endlich vorbei wäre. Allein die Vorstellung der Narkose versetzte mich in große Panik. Ich befürchtete, nicht mehr aufzuwachen oder direkt nach der Operation mit der schlimmsten aller Diagnosen konfrontiert zu
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