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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf
Autoren: Brigitte Schwaiger
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Kloster bleiben.
    Der Mann, der in Untermiete hinten im Hof bei ihnen wohnt, hat es bei der Anneli gemacht. Sie mag ihn so gern, aber das hätte sie sich nie gedacht, daß er so etwas macht. Nachher hat er ihr hundert Schilling geschenkt. Jetzt müssen wir hundert Eis essen, damit die Frau Frühwirth das Geld nicht findet. Wir laden auch die Roggenschaub Gundula ein und die Leitner Lisi. Obwohl die Lisi immer Geld hat, weil sie es einfach stiehlt. Aber der Mann macht es wieder, und die Anneli muß das Geld in den Kanal schmeißen. Später gibt es noch einen, der macht es auch. Er wohnt hinter der Kirche. Aber er streichelt sie nur und gibt ihr nichts, und da geht sie lieber hin, weil er hat so große Bücher mit Fotos, die schaut sie sich nachher immer an.
    Seit ich im Gymnasium bin, rede ich nach der Schrift, und mit der Anneli gar nichts mehr, weil sie gesagt hat: So blöd, wie du redest. Und ich denke mir, meine Mutter hat recht gehabt, und wenn wir uns in der Stadt begegnen, zufällig, weil ja das Gymnasium auf der anderen Seite ist, weit weg vom Kloster, schauen wir alle zwei weg, damit wir uns nicht grüßen müssen.

Ein günstiger Wurf
     
     
    Wie wir den Burschi gekriegt haben, war es für uns alle eine Überraschung. Weil der Papa immer gesagt hat, es kommt kein Hund ins Haus. Und die Mutti auch. Nämlich, der Hund vom Doktor Preinfalk, der hat immer so gestunken, und die Mutti hat gesagt, wenn man einen Hund hat, dann liegen die Hundehaare auf dem Teller und im Essen, und das ist unmöglich in einem Arzthaushalt. Aber dann ist der Burschi gekommen in einer Decke. Er war noch ganz klein, mit einem faltigen Kopf und Augen, wie wenn er ein schlechtes Gewissen hätte, weil er jetzt den Hund darstellt im Arzthaushalt. Aber der Papa hat gesagt, es war ein günstiger Wurf, und als Jäger will er endlich einmal auch einen Hund haben so wie seine Jägerfreunde. Wir haben uns geärgert, daß er Bongo heißt, weil das kein Name ist für so einen lieben Hund, und der Papa hat gesagt, sein Züchter hat ihn so genannt, wie er ihn aus dem Korb genommen hat. Da haben wir beschlossen, er heißt Burschi, weil wir eh keinen Bruder haben, und als Burschi ist er heute bekannt in der ganzen Stadt. Und beliebt, weil er niemandem etwas tut, sondern jedem gleich zuläuft und vor jedem Hund davon. Weil er immer so zittert, glauben die Leute, er hat etwas. Dabei kommt es von der Rasse. Sein Stammbaum ist edel und reicht weit zurück. Mager ist er auch und sehr sensibel. Das gehört ebenfalls zur Rasse. Aber er ißt das beste Fleisch und Schokoladekeks und Eis mit Schlag. Manchmal, wenn die Mutti mit ihm einkaufen geht, steckt ihm die Fleischhauerin ein Wurstradi zu. Da freut sich die Mutti immer, daß er es nicht nimmt. Und jetzt haben wir ihn schon vierzehn Jahre, aber der Papa geht noch immer allein auf die Jagd, weil der Burschi, wie er zum Abrichten geschickt worden ist und wir alle geweint haben, am nächsten Tag, gerade wie wir wieder unter Tränen von ihm gesprochen haben, mit durchgebissener Leine und ganz vereister Schnauze zur Tür hereingestürmt ist. Wie einen Sieger haben wir ihn begrüßt. Nur der Papa, der dann zum Mittagessen gekommen ist, hat gesagt, das ist kein Anlaß zur Freude. Aber wir haben den Burschi nicht mehr fortgelassen. Ein Erzieher ist jeden Tag ins Haus gekommen, der hat ihn abgeholt. Der Herr Retzhofer vom Arbeitsamt. Der hat den Burschi mitgenommen und nach zwei Stunden wieder gebracht und gesagt, er lernt schon sehr viel. Der Papa ist einmal mitgegangen mit dem Burschi und dem Retzhofer, und wie er zurückgekommen ist, hat er gesagt, es ist wirklich wahr, der Burschi ist hochintelligent. Aber dann hat der Herr Retzhofer wegen seiner Scheidung keine Zeit mehr gehabt, und der Burschi hat alles wieder verlernt. Wir haben ihn manchmal sekkiert und gesagt: Burschi, der Herr Retzhofer kommt! Da ist er gleich zur Vorzimmertür und hat gewedelt und gewedelt und geniest und geniest, und das hat er noch jahrelang gemacht, wenn wir gesagt haben: Burschi, der Herr Retzhofer! Wir haben es ja nur gemacht, damit wir sehen, ob sein Gedächtnis noch frisch ist. Und er hat sich immer erinnert, auch, wenn wir nur gesagt haben: Burschi, der Herr …! Da war er schon ganz aufmerksam und hat die Ohren verschoben. Spitzen kann er sie nicht, weil es Hängeohren sind. Und einmal ist es dem Papa wieder zu dumm geworden, daß ihm die Weiber daheim den Hund verpatzen, und er hat den Burschi zum Voitl gegeben nach Kerschbaum.
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