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Mein schwarzer Hengst

Mein schwarzer Hengst

Titel: Mein schwarzer Hengst
Autoren: Barbara Schwarz
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das Haus klein war, so war es doch groß genug, sich einsam zu fühlen, wenn man niemanden hatte, der das Badezimmer blockierte.
    Ich hatte Marcus‘ Hand losgelassen, er war ja schließlich kein kleines Kind. Stattdessen gingen wir nebeneinander her – zügigen Schrittes, schließlich musste eine Fleischwunde ve rsorgt werden, und jetzt, da der Kampf vorbei war und die Endorphinausschüttungen in seinem Körper abklangen, verstärkten sich die Schmerzen. Er biss die Zähne zusammen und fauchte ein paarmal wie ein verwundeter Panther.
    „Es ist gleich da vorne“, sagte ich, als wir fast angeko mmen waren.
    Er lächelte tapfer und sagte zum wiederholten Mal „Da nke“.
    „Das ist doch das Wenigste“, meinte ich völlig zutreffe nderweise. Ich hatte bereits beschlossen, ihm auch Geld zu geben, allerdings hatte ich kaum noch Bargeld. Vielleicht wenn er über Nacht bliebe? Der Gedanke ließ mich seltsam erschauern.
    Zu Hause angekommen, führte ich ihn gleich nach oben ins Badezimmer, wo mein Medizinschrank war. Darin hortete ich all‘ meine pharmakologischen Schätze, darunter die Anti-Baby-Pille und noch eine Restpackung Anti-Depressiva, die ich in den letzten Monaten meiner Ehe und noch eine Weile danach dringend gebraucht hatte. Inzwischen nahm ich sie nicht mehr, aber sie erinnerten mich an das, was ich hinter mir hatte.
    „Zieh dein T-Shirt aus“, sagte ich zu ihm, und er g ehorchte. Ich drehte warmes Wasser auf und befeuchtete einen Schwamm, dann drehte ich mich zu ihm um und erstarrte für einen Moment.
    Eine Welle von Gefühlen überspülte meinen Körper, und es ist schwer, sie alle zu beschreiben. Zunächst einmal war da der Anblick dieses halbnackten schwarzen Adonis, der keine Frau kalt lassen konnte. Er war sehr schlank, aber offensich tlich stark und durchtrainiert – wobei dieses Wort nicht ganz passte, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein obdachloser illegaler Immigrant zu McFit ging, so billig der Laden auch war. Nein, so sah ein junger schwarzer Mann wohl aus, der sich nicht überfraß und täglich körperlich arbeitete. Seine Muskeln waren hart, die tiefbraune Haut straff und komplett haarlos. Trotz seiner schmalen Statur hatte er breite Schultern, sein ganzer Oberkörper hatte diese leichte Karottenform, die nur wenige Männer von Natur aus besitzen. Die meisten sehen doch eher aus wie eine Birne.
    Aber auch etwas anderes war nicht zu übersehen: Abg esehen von der immer noch leicht blutenden Wunde an der Seite war sein Körper geschmückt durch eine Vielzahl an Narben. In seinem Gesicht waren mir keine aufgefallen, aber im Bereich der Brust und des Bauches war die Haut an mehreren Stellen aufgerissen worden und wieder zusammengewachsen. Was hatte dieser arme Kerl alles mitgemacht?
    Ich hatte ihn wohl zu lange angestarrt, und er schien peinlich berührt.
    „Tut mir leid“, sagte er un d griff nach seinem T-Shirt, das er über den Badewannenrand gelegt hatte. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
    „Schon okay, schon okay“, beeilte ich mich zu versichern. „Halt still jetzt.“
    Vorsichtig wusch ich seine Wunde mit dem Schwamm. Ich berührte dabei seinen Körper nicht mit der Hand, obwohl ich ein unglaublich intensives Verlangen danach verspürte. Aber ich war hier, um ihn zu verarzten, sonst nichts. Er hatte Schmerzen. Ein paarmal zuckte er zusammen, aber die Stichwunde war wohl nicht sehr tief gewesen und nur in eine Rippe eingedrungen. Ich hatte einen Erste-Hilfe-Kurs an der Uni gehabt, und ich hatte das meiste noch parat.
    Ich holte ein antiseptisches Spray, das nicht schmerzte, und versorgte die Wunde damit.
    „Jetzt noch ein großen Pflaster“, verkündete ich lächelnd und schnitt mit der Nagelschere ein großes Stück von der Pflasterrolle ab, die ich viel sinnvoller fand als die Normgr ößen, die irgendwie nie passten. Diese Pflaster hielten sogar unter Wasser sehr gut, wie ich wusste.
    „Willst du ein Bad nehmen?“ fragte ich ihn, und er nahm dankbar an. Ich ging zur Tür und ließ ihn zurück, während er seine Schuhe auszog.
    Als ich die Tür schloss, konnte ich nicht anders, als noch einmal zu ihm rüberzulinsen, und in dem Sekundenbruchteil, da ich ihn sah, zog er gerade seine Jeans runter. Ich hatte richtig gesehen, eine Unterhose trug er nicht. Und für einen Moment glaubte ich sogar erkennen zu können, wieso nicht. Aber da musste ich mich getäuscht habe. Ganz sicher war das nicht sein... nein, das war unmöglich. Sicher nur eine optische Täuschung
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