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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern
Autoren: Lisa Genova
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gelassen haben, um meine eigenen Ideen zu verfolgen. Sie waren die beste Dozentin, die ich je hatte. Wenn ich in meinem Leben auch nur einen Bruchteil dessen erreichen sollte, was Sie in Ihrem erreicht haben, dann werde ich mein Leben als Erfolg ansehen.«
    »Gern geschehen. Danke für Ihre netten Worte. Sie wissen ja, ich kann mich heutzutage nicht mehr so gut erinnern, deswegen freut es mich zu wissen, dass Sie sich an diese Dinge über mich erinnern werden.«
    Er reichte ihr einen weißen Umschlag.
    »Hier, ich habe alles für Sie aufgeschrieben, alles, was ich eben gesagt habe, damit Sie es lesen können, wann immer Sie wollen, und wissen, was Sie mir gegeben haben, selbst wenn Sie sich nicht mehr erinnern können.«
    »Danke.«
    Sie hielten beide ihre Umschläge in Händen, ihrer weiß und seiner rot, voller Stolz und Hochachtung.
    Eine ältere, schwerere Version von Dan und zwei Frauen, eine weitaus älter als die andere, kamen zu ihnen herüber. Die ältere, schwerere Version von Dan trug ein Tablett mit perlendem Weißwein in hauchdünnen Gläsern. Die junge Frau reichte jedem von ihnen ein Glas.
    »Auf Dan«, sagte die ältere, schwerere Version von Dan und hielt ihr Glas hoch.
    »Auf Dan«, sagten alle, stießen mit den hauchdünnen Gläsern an und nahmen einen Schluck.
    »Auf einen erfolgreichen Beginn«, fügte Alice hinzu, »und einen tollen Abgang.«

    Sie entfernten sich ein Stück von den Zelten und den alten Backsteingebäuden und den Leuten in ihren Gewändern und Hüten und suchten sich eine Ecke, in der es weniger laut und belebt zuging. Jemand in einem schwarzen Gewand rief etwas und kam zu John herübergerannt. John blieb stehen und ließ Alice’ Hand los, um dem Mann, der gerufen hatte, die Hand zu geben. Alice, mitten in ihrer Vorwärtsbewegung, ging weiter.
    Eine schier unendliche Sekunde lang blieb Alice stehen und nahm Blickkontakt zu einer Frau auf. Sie war sich sicher, dass sie die Frau nicht kannte, aber in dem Blickwechsel lag Bedeutung. Die Frau hatte blondes Haar, ein Telefon am Ohrund eine Brille vor ihren großen, blauen, verblüfften Augen. Die Frau fuhr in einem Wagen.
    Dann legte sich Alice’ Kapuze auf einmal fest um ihren Hals, und sie wurde nach hinten gerissen. Sie landete unsanft und unvermutet auf dem Rücken und schlug mit dem Kopf am Boden auf. Ihr Gewand und ihr Plüschhut boten ihr kaum Schutz gegen den Asphalt.
    »Entschuldigung, Ali, alles okay?«, fragte ein Mann in einem dunkelrosa Gewand, der neben ihr kniete.
    »Nein«, sagte sie, setzte sich auf und rieb sich den Hinterkopf. Sie erwartete, Blut an ihrer Hand zu sehen, aber das war nicht der Fall.
    »Es tut mir leid, du bist genau auf die Straße zugelaufen. Dieser Wagen hätte dich fast überfahren.«
    »Ist alles okay mit ihr?«
    Es war die Frau aus dem Wagen, die Augen noch immer groß und verblüfft.
    »Ich denke, ja«, sagte der Mann.
    »Oh mein Gott, ich hätte sie fast totgefahren. Wenn Sie sie nicht im letzten Augenblick zurückgerissen hätten, hätte ich sie vielleicht totgefahren.«
    »Schon gut, Sie haben sie ja nicht totgefahren, ich glaube, es ist alles okay mit ihr.«
    Der Mann half Alice auf. Er betastete und besah sich ihren Kopf.
    »Ich glaube, es ist alles okay. Dein Kopf wird dir vermutlich noch sehr wehtun. Kannst du gehen?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen?«, fragte die Frau.
    »Nein, nein, schon gut, alles in Ordnung«, sagte der Mann.
    Er legte einen Arm um Alice’ Taille und eine Hand unter ihren Ellenbogen, und sie ging nach Hause mit dem freundlichen Fremden, der ihr das Leben gerettet hatte.

SOMMER 2005
    Alice saß in einem großen, gemütlichen, weißen Sessel und grübelte über die Uhr an der Wand nach. Es war die Art Uhr mit Zeigern und Ziffern, und diese Art Uhr war viel schwerer zu lesen als die Art, die nur Ziffern hatte. Fünf vielleicht?
    »Wie spät ist es?«, fragte sie den Mann, der in dem anderen großen, weißen Sessel saß.
    Er sah auf sein Handgelenk.
    »Fast halb vier.«
    »Ich glaube, es ist Zeit für mich, nach Hause zu fahren.«
    »Du bist zu Hause. Das hier ist dein Zuhause am Cape.«
    Sie sah sich in dem Zimmer um – die weißen Möbel, die Bilder von Leuchttürmen und Stränden an den Wänden, die riesigen Fenster, die spindeldürren kleinen Bäume vor den Fenstern.
    »Nein, das hier ist nicht mein Haus. Ich lebe hier nicht. Ich will jetzt nach Hause.«
    »Wir fahren in ein paar Wochen zurück nach Cambridge. Wir machen hier
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