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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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mal absieht, den ich angehäuft habe.
    „Ist was?“, fragt er.
    „Was?“ Ich lechze nach Kalorien, um meinen Schmerz und den Frust über Lukas’ fiese Bemerkung zu betäuben. Zielstrebig versinkt meine Gabel in der hohen Erhebung auf meinem Pappteller und befördert eine Ladung Trostfutter in meinen Mund. Noch nie hat der Kartoffelsalat meiner Mutter so lecker geschmeckt!
    „Was ist los?“ Phillip ist nicht nur niedlich, sondern auch äußerst beharrlich.
    Ich mümmele brav meinen Teller leer und spüle alles mit Himbeerbowle hinunter, wobei ich mich fast an einer Himbeere verschlucke.
    Phillip klopft mir auf den Rücken. Nicht sehr sanft übrigens, sondern eher brutal.
    „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“, röchle ich, als ich wieder Luft bekomme.
    „Wie bitte?“
    Wortlos zeige ich auf Pauls T-Shirt. Phillip lacht.
    „Was ist daran witzig?“, erkundige ich mich.
    „Dir gefällt Pauls T-Shirt nicht? Ist das dein Ernst?“
    „Nein.“ Ich schüttele den Kopf und zische: „Lukas!“ Erst jetzt bemerke ich, wie wunderbar man den Namen des Muskelprotzes zischen kann. Ich probiere es gleich noch einmal. „Lukasss!“
    „Was ist mit ihm?“
    „Er findet, meine Party ist ein Kindergeburtstag!“ Ich schnappe mir einen Käsespieß und nage grimmig daran herum.
    Phillip nimmt sich auch einen Spieß. „Wie kommst du denn darauf?“
    „Ganz einfach: Er hat’s gesagt, und ich hab’s gehört!“
    Phillip lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Bestimmt hast du da was falsch verstanden. Ist doch ’ne coole Party bis jetzt. Alle amüsieren sich, das Futter ist lecker, die Musik ist geil. Entspann dich!“
    Danke für den Tipp! Fällt der mir jetzt etwa auch noch in den Rücken?
    „Ich will mein Geschenk!“, jammere ich. Schließlich könnte es sein, dass meine Gäste vor Langeweile einschlafen. Oder sterben. Oder dass sie flüchten, weil sie meinen Kindergeburtstag nicht länger ertragen. Könnte doch sein, oder? Und dann würde ich geschenkemäßig leer ausgehen.
    „Kriegst du zufällig deine Tage?“, fragt Phillip, während er seinen Käsespieß wegmümmelt.
    „Was hat das denn jetzt damit zu tun!“, fauche ich.
    Phillip grinst. Er kennt meine Launen und Zustände. „Du bist ein bisschen … sprunghaft.“
    Sprunghaft? Ist das eine vorsichtige Umschreibung für launisch, anstrengend, durchgeknallt, hysterisch?
    „Na und? Ich hab Geburtstag. Da darf ich sprunghaft sein. Und ich hab Anspruch auf mein Geschenk. Und zwar jetzt!“ Okay, ich benehme mich vielleicht gerade ein bisschen kindisch, ich merke es selbst. Aber ich kann nicht anders. Immerhin ist es noch nicht lange her, dass ich ein Kind war. Ich habe mich noch nicht ganz daran gewöhnt, mich wie eine junge Erwachsene zu benehmen.
    „Okay.“ Mit einem Achselzucken dreht Phillip sich um und lässt mich mit meinem Elend allein. Zur Ablenkung verziere ich eine Minifrikadelle mit einem Klacks Senf und schiebe sie mir zwischen die Zähne.
    Wie aus heiterem Himmel geht Sekunden später die Musik aus. Aus den Boxen kommt nur noch Rauschen und Knacken. Das war’s, Leute. Wenn jetzt auch noch meine altersschwache Anlage ihren Geist aufgibt, kann ich mich kopfüber zwischen Komposthaufen und Gemüsebeet beerdigen lassen.
    Doch dann kommt statt des Rauschens und Knackens wieder Musik aus den Lautsprechern. It’s my party and I cry if I want to , soult eine Frauenstimme, und ich muss wider Willen lachen, weil es so gut passt; zu mir und zu meiner ganz persönlichen Gesamtsituation.
    Phillip steht an der Anlage und lächelt. Und plötzlich bin ich von meinen Freunden umringt. Lena hält mir ein großes, rundes Geschenk entgegen.
    „Happy birthday, sweetheart“, sagt sie und haucht mir je ein Küsschen links und rechts auf die Wangen. Ich kann förmlich hören, wie Lukasss mit den Zähnen knirscht.
    „Thank you so much“, flöte ich zurück, um ihn zu ärgern.
    „Wir haben uns gedacht, es ist ein bisschen blöd, wenn jeder von uns einen Umschlag schenkt“, mischt Billi sich ein. „Lena ist rumgegangen und hat gesammelt. Es ist von uns allen zusammen.“
    „Danke schön!“ Ich befühle das große runde Etwas und öffne das wild geblümte Geschenkpapier. Zum Vorschein kommt ein gut genährtes Sparschwein, aber kein gewöhnliches in Rosa, sondern eines in den Farben des Union Jack, der Nationalflagge Großbritanniens. Ein rotes Kreuz auf weißem und blauem Grund – von der Schnauze bis zum Ringelschwanz. Als ich es vorsichtig
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