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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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gleichzeitig hektisch Luft einsauge. „Tschuerscht eschen!“
    Ehrlich gesagt habe ich es deshalb nicht so besonders eilig mit dem Geschenkauspacken, weil ich auf keinen Fall gierig wirken möchte. Ich hab mir nämlich von allen Geld gewünscht. Ist zwar ziemlich einfallslos, aber in meinem speziellen Fall durchaus sinnvoll. Ihr wisst schon, mein größter Wunsch: London, und zwar möglichst bald. So ein Wunsch muss rechtzeitig auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden, denn ich möchte nicht, dass die Realisierung meines Traums am schnöden Mammon scheitert beziehungsweise am Fehlen von selbigem. Dass meine Eltern mir den Trip sponsern könnten, nein, so naiv, das zu glauben, bin ich wirklich nicht. Zum bestandenen Abi vielleicht, okay. Aber so lange kann ich unmöglich warten. Wenn ich nur von jedem meiner neunzehn Gäste fünf oder zehn Euro bekäme, wäre die Summe ein netter Grundstock für meinen Großbritannien-Trip. Dazu mein angespartes Taschengeld, hier und da mühsam abgezwackt, und –
    Paul quatscht mich von der Seite an. „Wo is’n das Bier?“
    Wie bitte? Sonst noch was? Er kennt meine Eltern fast genauso lange wie ich. Glaubt er ernsthaft, sie würden zulassen, dass hier irgendwo ein unbeaufsichtigtes Fässchen Bier herumsteht, das nur darauf wartet, von einer Horde Vierzehn- und Fünfzehnjähriger ausgetrunken zu werden? Keine Chance! Nur Phillip und Lukas sind älter und dürften theoretisch. Aber beide sind Sportler und machen sich nicht so viel aus Alkohol.
    „In der Küche steht Alkoholfreies“, krächze ich.
    Paul fixiert mich, als würde ich ihm zumuten, mein Duschwasser von letzter Woche zu trinken. „Kein Bier?“
    „In der Himbeerbowle ist Sekt, falls du unbedingt Alk brauchst“, mischt Jesko sich ein. „Schmeckt gar nicht so übel, wenn man das ganze Obstzeug weglässt.“
    „Himbeerbowle … “, schnaubt Paul und stapft von dannen, um die Würste zu wenden.
    Ich hocke mich auf ein Mäuerchen und widme mich meinem Pappteller beziehungsweise dem Essen darauf. Es grenzt an ein Wunder, dass meine Mutter der Bowle nicht nur Himbeeren, sondern auch Sekt hinzugefügt hat. Dass dieser Alkoholanteil vermutlich geringer ist als der Inhalt eines Fingerhuts, steht auf einem anderen Blatt. Bei dem Mischungsverhältnis eines Spritzers Sekt auf fünf Liter Limo besteht wohl kaum die Gefahr, dass jemand an der klawitterschen Bowle Schaden nehmen könnte, es sei denn an Übersüßung durch den Zucker oder einer Allergie gegen die Früchte. Aber ich bin ja schon froh, dass es keine Teenie-Bowle auf Apfelsaft-Mineralwasser-Basis ist. Dass im Kühlschrank noch ein paar Flaschen Sekt für uns kalt liegen, behalte ich lieber für mich. Die sind für später.
    Phillip setzt sich neben mich. Unsere Arme berühren sich. Es gibt einen kleinen, kribbeligen Stromschlag.
    „Der reinste Kindergeburtstag“, schnappe ich auf.
    Wer war das? Ich drehe mich um. Der Stimme nach Lukas. Ja, da steht er, Anna fest im Klammergriff und ein abschätziges Grinsen im Gesicht, und unterhält sich mit Paul und Jesko. Anna guckt schnell woandershin. Wenigstens ist es ihr peinlich. Gut so!
    Was müsste meine Geburtstagsparty denn bitte schön bieten, damit dieser schnöselige Ganzkörpermuskel von ihrem Freund sich amüsiert? Wodka in Strömen, eine angesagte Live-Band und halb nackte Go-gos, die auf einem Tisch tanzen oder aufreizend an einer Stange rauf- und runterrutschen vielleicht? Okay, den Wodka kann man in seinem Fall weglassen, aber der Rest passt vermutlich. Blödmann!
    Erst jetzt sehe ich, was auf Pauls T-Shirt steht: ICH BIN MIT DER GESAMTSITUATION UNZUFRIEDEN . Was soll das denn heißen? Muss ich das persönlich nehmen oder ist ihm beim Grillen nur zu warm geworden?
    Plötzlich sehe ich überall um mich herum gelangweilte Gesichter. Niemand scheint sich wirklich zu amüsieren. Es tanzt auch keiner mehr. Hilfe! Meine Party ist ein Reinfall! Ein Kindergeburtstag der untersten Kategorie!
    Ich springe auf und hole mir noch eine Schaufel Nudelsalat. Dieser Lukas-Kotzbrocken ist im Stande, mir meine eigene Party zu vermiesen. So weit kommt’s noch! Oder ist es schon so weit?
    Phillip merkt, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Als ich von Nudelsalat auf Kartoffelsalat umschwenke und mir den Teller zum dritten Mal fülle, steht er plötzlich neben mir und nimmt mir sanft den Löffel aus der Hand. Dabei ist mein Teller noch gar nicht ganz voll – wenn man von dem Mount Everest aus Nudeln, Kartoffeln und Mayo
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