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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Zwerge, die mit Spitzhacken unter meiner Schädeldecke am Werk sind.
    Obwohl – ein Kater von einem, okay, von eineinhalb Gläschen Sekt? Nee, wohl kaum. Meine Katerstimmung muss andere Ursachen haben. Lukas’ grottige Bemerkung zum Beispiel und die Tatsache, dass aus meiner befürchteten Gummistiefelparty fast ein Kindergeburtstag geworden wäre. Der Stachel sitzt tief.
    Stöhnend wälze ich mich auf die andere Seite. Im Haus ist es still. Ach ja, Jakob ist noch bei seinem Freund, und meine Eltern schlafen vermutlich noch. Oder sie machen einen Mai-Spaziergang. Bei denen weiß man nie. Sie haben noch ziemlich lange im Garten und in der Küche rumgewerkelt. Es hat geklungen, als hätten sie aufgeräumt. Dabei wollten wir das doch machen, Phillip, Billi, Anna, Lena, Paul und ich. Und Lukas, die Schwachbirne. Auf den könnte ich zwar gut verzichten, aber aufräumen helfen darf er trotzdem.
    Ich stopfe mir ein Kissen in den Rücken, setze mich gerade hin und hieve mir mein Himbeerlaptop auf die Knie. Schon genial, wie schnell das Teil hochfährt. Ein Knopfdruck – undschwups!ist sie da, meine Südsee-Sonnen-Palmen-und-Strand-Idylle.
    Ich hüpfe ein bisschen zwischen den Programmen hin und her, bis ich mich entschließe, eine neue Datei anzulegen. TAGEBUCH tippe ich in Großbuchstaben. Seit ich zehn bin, schreibe ich mehr oder weniger regelmäßig Tagebuch. Da sammelt sich ganz schön was an. Wieso also nicht ein virtuelles? Eins, das kein Papier und keine Tinte frisst und dabei so sicher ist, dass garantiert niemand außer mir es lesen kann. Schließlich ist mein Laptop passwortgeschützt. Da kommt außer mir keiner ran.
    Weil es Spaß macht, richte ich gleich noch ein paar weitere Dateien ein.
    Eine für meine Gedichte und eine für meine Kurzgeschichten. Dann noch eine für Fotos. Hm, sollte ich vielleicht auch eine Phillip-Datei anlegen? Klar, warum nicht? Fröhlich verschiebe ich seine gesammelten Mails aus meinem überfüllten Postfach in die neue PHIL .doc-Datei. Sieht gleich viel aufgeräumter aus. Cool.
    Jetzt würde ich gerne noch eine Runde ins Internet gehen und mir ein paar Videoclips angucken, aber leider hat mein geschätzter Papa es gestern nicht mehr geschafft, den WLAN -Router anzuschließen. Ich muss also warten, bis er a) wach wird und b) gewillt ist, es zu tun. Hoffentlich bald. Denn mal ehrlich: Was nützt einem das schickste Laptop ohne Internetzugang? Eben: nix.
    Ich stelle mein Himbeerlaptop auf den Nachttisch und krabbele aus dem Bett. Wenn ich schon mal wach bin, kann ich genauso gut aufstehen. Außerdem muss ich mal aufs Klo, und ein kleines Frühstück wäre auch nicht schlecht.
    Während ich meine Klamotten vom Boden aufsammle und in der Wäschetonne versenke, werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Der Rasen sieht aus, als hätte eine Horde Elefanten Fußball gespielt und sich anschließend ausgiebig gewälzt. Auweia, Papas ganzer Stolz. Hoffentlich richten sich die Grashalme wieder auf, sonst muss ich nachhelfen und jedem einzelnen Mut zusprechen. Ob Dünger helfen würde? Oder eine leichte Berieselung mit dem Gartenschlauch?
    Wenigstens scheint die Sonne. Kein Wunder, ab heute ist schließlich Mai, und das ist in unseren Breitengraden schon fast so gut wie Hochsommer.
    Nach einer ausgiebigen Dusche und einem noch ausgiebigeren Frühstück geht es mir schon viel besser. Die Spitzhackenzwerge haben ihre Arbeit unter meiner Schädeldecke eingestellt. Ob ich Anna anrufen und bitten soll, dass sie ohne Lukas zum Aufräumen kommt? Das käme mir angesichts meiner ausgesprochen guten Feiertagslaune sehr entgegen. Viel zu tun haben wir sowieso nicht mehr. Meine goldigen Eltern müssen noch ziemlich lange geschuftet haben, nachdem ich schon längst in meinem kuscheligen Bett gelegen habe. Kein Wunder, dass sie noch schlafen.
    Meat Loaf steht auf dem Wohnzimmertisch und strahlt mich saumäßig an.
    Natürlich bin ich neugierig – ich glaube, ich erwähnte es schon? – und wüsste zu gerne, wie viel Geld in seinem runden Bauch ruht. Aber leider hat der dreifarbige Ringelschwanzträger kein Schloss und keinen Schlüssel. Mir bleibt nur der ziemlich erfolglose Versuch, durch den schmalen Schlitz in seinem Rücken zu schielen, um ungefähr zu schätzen, was meinen Freunden mein geplanter London-Trip wert ist. Aber alles, was ich sehe, ist tiefschwarze Dunkelheit. Der englische Hackbraten hütet sein Geheimnis.
    „Irgendwann wirst du geschlachtet.“ Ich streichele Meat Loaf zärtlich über die
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