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Mein feuriges Herz

Mein feuriges Herz

Titel: Mein feuriges Herz
Autoren: Martin Kat
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deutlichem Unbehagen anhörte. Allisons Eltern waren vor Jahren von der Cholera dahingerafft worden, und sie war in der Obhut ihrer Tante aufgewachsen.
    Auf Einladung des Viscounts hatten die beiden Frauen ihren Aufenthalt in London verlängert, da sie sich scheuten, nach Selkirk Hall und den schmerzlichen Erinnerungen zurückzukehren, die sie dort erwarteten.
    „Du hast also tatsächlich die Absicht, eigenmächtige Untersuchungen anzustellen?“, fragte Tante Agnes.
    „Ja.“
    Die scheue, in sich gekehrte Allison, die kaum je ein Widerwort gab, enthielt sich auch diesmal einer Bemerkung. Vielleicht war das auch der Grund gewesen, warum sie sich widerspruchslos bereit erklärt hatte, East Dereham zu verlassen und Laurel nach Selkirk Hall zu begleiten und sich als verwitwete Mutter des Neugeborenen auszugeben.
    Vielleicht aber war Allison es auch leid, von ihrer Tante Gladys abhängig zu sein, zumal Laurel ihr eine stattliche Geldsumme und eine bessere Zukunft als Gegenleistung für ihre Hilfe in Aussicht gestellt hatte.
    „Ich habe keine Sekunde geglaubt, was in dem Polizeibericht steht“, fuhr Corrie fort. „Und ich bin nach drei Monaten reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gekommen, dass ich handeln muss. Ich werde alles tun, was nötig ist, um die Wahrheit über den Tod meiner Schwester herauszufinden. Tante Agnes, du hast genau wie Tante Gladys Laurel geholfen. Nun bitte ich dich inständig, auch mir zu helfen.“
    Allison zog ein Spitzentuch aus ihrem Retikül und betupfte sich die Augen. Sie hatte Laurel und ihr neugeborenes Söhnchen Joshua Michael ebenso sehr ins Herz geschlossen wie Tante Agnes, die gleichfalls ein Tüchlein hervorzog und sich die gepuderte Nase putzte.
    Seufzend straffte die alte Dame die Schultern. „Ich werde dir beistehen, so gut ich kann, mein Kind. Wobei nicht auszuschließen ist, dass meine Hilfe letztlich zum Tod deiner Schwester geführt hat.“
    Corrie bekam große Augen. „Du zweifelst also auch daran, dass Laurel sich das Leben genommen hat! Jemand muss sie ermordet haben. Laurel und ihr Kind wurden Opfer eines grausamen Verbrechens. Das ist die einzige Erklärung.“
    Allison, die ganz vorne auf dem roséfarbenen Sofa saß, meldete sich mit dünner Stimme zu Wort. „Es könnte sein … ich kann es zwar nicht beschwören … aber möglicherweise hatte Laurel in der Nacht ihres Todes eine Verabredung. Sie wollte mir nicht sagen, wohin sie wollte, aber sie wirkte sehr aufgeregt. Erst eine Weile später, als ich im Kinderzimmer nach Joshua sehen wollte, fand ich die Wiege leer und wusste, dass sie das Baby mitgenommen hatte.“ Sie begann zu weinen.
    Auch Corrie brannten Tränen in den Augen, die sie entschlossen zurückdrängte. Die Enge des Fischbeinkorsetts gab ihr irgendwie Halt und half ihr, die Fassung zu bewahren. „Bitte, Allison, nimm dich zusammen. Wir müssen versuchen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.“
    Tante Agnes putzte sich die Nase. „Du hast natürlich recht. Wir haben alle genug geweint. Und wir finden keine Gerechtigkeit für meine geliebte Nichte, wenn wir hier herumsitzen und um sie weinen.“
    Corrie sah die scheue Allison eindringlich an. „Hast du in deiner Aussage bei der Polizei erwähnt, dass Laurel sich in der Nacht ihres Todes möglicherweise mit jemandem getroffen hat?“
    „Das erschien mir damals nicht wichtig zu sein. Der Konstabler sagte, sie sei in den Fluss gesprungen. In der Woche zuvor wirkte sie zerstreut, aber sie wollte mir den Grund nicht nennen. Als der Konstabler uns die traurige Nachricht überbrachte, dachte ich … vielleicht … Ich weiß auch nicht, ich zweifelte nicht an seiner Schlussfolgerung.“
    Corrie nahm sich vor, herauszufinden, was ihre Schwester in der Woche vor ihrem Tod bedrückt hatte. „Du hattest drei Monate Zeit, um nachzudenken, Allison. Glaubst du immer noch, dass Laurel sich das Leben genommen hat?“
    Allison schüttelte den Kopf. „Ich war damals so verwirrt, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Laurel und der kleine Joshua waren tot, und nichts anderes war mehr wichtig.“
    „Aber für mich ist es wichtig“, entgegnete Corrie. „Und für Laurel ist es wichtig. Bist du sicher, Tante Agnes, dass meine Schwester nie den Namen des Mannes erwähnte, der ihr Kind gezeugt hat?“
    „Nein, ich entsinne mich nicht. Ich bin eine alte Frau und habe nicht kontrolliert, wann meine erwachsene Nichte kam oder ging.“
    „Was weißt du über die Männer, die gelegentlich
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