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Mein feuriges Herz

Mein feuriges Herz

Titel: Mein feuriges Herz
Autoren: Martin Kat
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zu verbringen. Sie und ihre Cousine Allison, etwa in Corries Alter, waren Laurels einzige Verwandte mütterlicherseits. Zu Corries Mutter hatte Laurel keine sonderlich enge Beziehung gehabt, aber ihre zwei unverheirateten Tanten liebten sie wie eine Tochter, und Laurel hatte ihre Liebe erwidert.
    „Ja, sie schrieb mir gelegentlich aus Norfolk. Aber erst, als sie im letzten Monat nach Selkirk Hall zurückkehrte, lebte unser Briefwechsel wieder richtig auf.“
    Laut Aussage des Konstablers in Wiltshire County hatte Laurel Selkirk verlassen, da sie ein Kind erwartete. Tante Agnes hatte Laurels Geheimnis bewahrt, bis ihre Schwangerschaft sichtbar wurde und sie dann nach Norden geschickt, um bei Gladys das Kind zur Welt zu bringen.
    Corrie blickte zu Krista auf, einen Kopf größer als sie, eine stattliche junge Frau mit schönen blauen Augen. Corrie hingegen war zierlich gebaut und hatte strahlend grüne Augen. Krista hatte vor Kurzem selbst einen Sohn zur Welt gebracht, führte aber die Frauenzeitschrift weiter, die sich nicht nur mit Mode und Gesellschaftsklatsch befasste, sondern auch vehement für Sozialreformen und die Rechte der Frauen eintrat.
    „Die Polizei geht zwar davon aus, dass sie Selbstmord beging“, fuhr Corrie düster fort. „Aber ich kann nicht glauben, dass sie mit ihrem Kind, das sie neun Monate unter dem Herzen trug, in den Fluss sprang, weil sie sich mit der Schande nicht abfinden konnte. Das glaube ich einfach nicht. Keine Sekunde. Meine Schwester würde niemals einem anderen ein Leid zufügen, schon gar nicht ihrem eigenen Kind.“
    Krista betrachtete sie wehmütig. „Ich weiß, dass du sie geliebt hast. Aber selbst wenn deine Theorie stimmt, kannst du nichts daran ändern.“
    Corrie versuchte vergeblich, ihren Gefühlsaufruhr zu bezwingen. „Vielleicht nicht.“
    Doch sie war völlig verstört über den Tod ihrer geliebten älteren Schwester, konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Und sie war keineswegs davon überzeugt, dass sie nichts unternehmen könnte.
    Seit sie von der Tragödie erfahren hatte, gingen ihr unentwegt die Umstände durch den Sinn, die zu Laurels Tod geführt hatten. Ihre ertrunkene Schwester hatte Reste einer blauen gestrickten Babyjacke in ihrer Faust umklammert gehalten.
    Abscheuliche Gerüchte wurden über Laurel verbreitet, aber Corrie weigerte sich, ein Wort davon zu glauben. Sie war der festen Überzeugung, dass Laurel nicht den Freitod gesucht hatte.
    Sie wollte dafür sorgen, dass die Wahrheit irgendwann ans Tageslicht kommen würde.

2. KAPITEL
    London,
    drei Monate später
    Die Verlagsräume von Heart to Heart befanden sich in einem schmalen Ziegelbau unweit der Piccadilly. Corrie hatte ihre Tätigkeit als Reporterin für die Frauenzeitschrift kurz nach dem Tod von Margaret Chapman Hart angetreten, als deren Tochter Krista die Verlagsleitung zusammen mit ihrem Vater Professor Sir Paxton Hart übernahm. Letztes Jahr hatte Krista Leif Draugr geheiratet, der mittlerweile eine erfolgreich arbeitende Schiffswerft gegründet hatte. Neun Monate später hatte sie ihm einen Sohn geboren, was Krista nicht daran hinderte, mehrere Tage in der Woche im Verlag zu arbeiten, da Heart to Hart ihr ganzer Stolz und ihre große Leidenschaft war.
    Corrie betrat die Verlagsräume, um ihre Freundin aufzusuchen. An der lärmenden Stanhope-Druckerpresse, der Seele der Zeitschrift, stand Bessie Briggs, die zu ihr herüberwinkte, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen oder auf die schwarzen Trauerkleider zu achten, die Corrie in den vergangenen drei Monaten getragen hatte und die sie noch weitere drei Monate tragen wollte.
    Corrie klopfte an die offene Tür von Kristas Büro.
    Lächelnd blickte die Freundin auf. „Da du sonst nicht anklopfst, nehme ich an, du hast mir etwas Wichtiges zu sagen. Komm herein, Coralee.“
    Die steifen schwarzen Taftröcke raschelten, als Corrie die Tür hinter sich schloss. „Ich muss etwas mit dir besprechen, etwas Dringendes …“
    Kristas Interesse war geweckt. „Was hast du auf dem Herzen?“
    Corrie setzte sich und strich ihren Rock glatt. „Ich bemühe mich, Laurels Tod hinzunehmen. Aber ich schaffe es einfach nicht. Ich muss die Wahrheit herausfinden, Krista. Ich kann einfach nicht glauben, dass Laurel sich und ihr Neugeborenes getötet hat. Und ich werde es beweisen.“
    Kristas Miene wurde weich. „Du leidest sehr unter dem Verlust deiner Schwester und fühlst dich in gewisser Weise dafür verantwortlich. Aber irgendwann musst du dich
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