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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter
Autoren: Serena David
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hier der Idiot. Konnte er es wiedergutmachen? Sollte er sein Versprechen brechen und ihm sagen, wer Christy war? Dass sie Ondra hieß und vermutlich die einzige Person war, die sich um das Wasser da draußen keine Gedanken machen musste? Dass sie retten zu wollen so sinnlos war, wie einen Lachs vor Salzwasser zu schützen? Er zögerte. Wusste er denn, ob es wirklich so war?
    Adrian blinzelte zu ihm herauf. «Sie wissen, dass das nicht geht.»
    «Du wirst sterben.» Morningstar erschrak im selben Moment, in dem die Worte ihm herausrutschten. Denn er wusste, es war die Wahrheit, gnadenlos und unabänderlich. Der Junge dort unten war tot. Noch einmal streckte er seinen Arm aus, obwohl die Distanz viel zu groß war, um sie so zu überbrücken. Und er wusste, er würde Adrian nicht erreichen, weder körperlich noch mit Worten. «Du bist ein Narr, Adrian Ames.»
    Adrian hob die Hand zum Abschiedsgruß. «Ein glücklicher Narr», rief er gegen den Wind. Dann trabte er los. Dem Ziel entgegen, das er als das einzig richtige erkannt hatte. Der Ruf war an ihn gegangen, er hatte ihn gehört, ihn mit jeder Faser seines Herzens gespürt. Es war das köstlichste Gefühl seines Lebens gewesen. Dafür allein hatte sich alles gelohnt. Lauf, hatte sie gesagt. Lauf, Liebster. Adrian lächelte noch immer. Aber sie hatte nicht spezifiziert, wohin. Wenigstens ging es diesmal abwärts.

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44. Kapitel
    Verwundert blickte Ondra von ihrem Vater zu Rose. Dann schüttelte sie den Kopf. «Nein», sagte sie, «das ist nicht Jonas. Das ist nicht mein Onkel. Vater und er sahen sich nur ähnlich.» Es klang verächtlich, wie sie das sagte. Und sie wollte es nicht glauben, als Rose und der Meerkönig sich dennoch aufeinander zubewegten. Hörst du nicht?, wollte sie rufen und die alte Dame von ihm fortziehen. Rose aber sah und hörte nichts und schien völlig gefangen zu sein. Ärger schoss in Ondra hoch.
    Ihr Vater war der Erste, der sprach. Er schaute nur Rose an, deren Hände er in seine genommen hatte, aber seine Worte galten Ondra. «Mein Bruder und ich, wir waren uns in vielerlei Hinsicht ähnlich, Kind, nicht nur äußerlich. Auch wenn du das nie wahrhaben wolltest.» Jetzt wandte er erstmals den Kopf. «Er war nicht für das Amt und meine Verantwortung vorgesehen. Er hatte es leichter damit, zu spielen und Verständnis zu zeigen. Und er war nicht verliebt.» Langsam zog er Roses Hand an seinen Mund und küsste sie.
    Über Roses Gesicht rannen Tränen. Der Regen hatte ausgesetzt hier vorne. Er trennte sie vom Land, das weiter von seinen Fluten getränkt wurde, wie ein dichter grauer Vorhang.
    «Du?» Ondra wollte es noch immer nicht glauben. Dann, ganz allmählich, begriff sie. «Deshalb warst du so lange fort?»
    Er wirkte nicht verlegen, aber er schwieg.
    «Deshalb musste Onkel sich um mich kümmern. Weil du …?» Die Empörung raubte ihr die Worte.
    Er neigte leicht den Kopf. «Wäre ein anderer Anlass dir lieber gewesen?» Seine Stimme klang herausfordernd, wurde dann aber weicher. «Mein Bruder vertrat mich, in jeder Hinsicht. Und vielleicht hat er es besser gemacht als ich.»
    Allerdings, wollte Ondra ihm ins Gesicht schreien. Du hättest bleiben können, wo der Pfeffer wächst. Aber selbst dafür war sie in diesem Moment zu verletzt. Dabei brauchte sie nichts auszusprechen, ihr Vater hörte alles, als hätte sie es ihm entgegengebrüllt.
    «Ich habe versagt», bekannte er.
    «Versagt?» Das war Rose. «Unsere Liebe war ein Versagen für dich?»
    Spontan hob er ihre Hand an seine Wange. «Ich … es … es war nicht leicht, versteh doch bitte. Ich habe dich geliebt», setzte er schließlich hinzu, als könnte der Satz einen Knoten sprengen.
    Aber Roses Gesicht blieb voller Zweifel. «Und Lily?», fragte sie dann. «Und mein Schwager?»
    Das Gesicht des Meerkönigs verschloss sich. «Sie hatten etwas gemerkt. Sie hatten mich entdeckt, Rose. Sie waren nicht reich, wollten sich endlich niederlassen und brauchten Geld. Sie wollten verkaufen, was sie wussten. Das konnte ich nicht zulassen.»
    «Lily und Frank? Niemals!» Rose machte sich heftig los und trat zurück. «Das glaube ich dir nicht.»
    «Es tut mir leid», sagte er.
    «Hörst du? Ich glaube dir nicht!» Jetzt wurde auch Rose laut.
    Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. «Das weiß ich», bekannte er. «Ich wusste es schon damals. Und auch, dass du mir nie verzeihen würdest.»
    Rose stieß ein kleines, bitteres Lachen aus. Ihre Kehle war
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